K9 "Bitches kiss the richest"
Ich gehe schnell duschen und ziehe mir frische Sachen an. Ich schminke mich so wie jeden Tag und binde meine Haare zu einem Zopf. Ich bin etwas nervös, aber Kyle wird mich zu meiner Klasse bringen und Tyler ist auch noch da. Eigentlich kann nichts schief gehen. Ich trete vor den Spiegel und muster das Mädchen mir gegenüber. Sie trägt weiße Chucks, eine schwarze Hose, einen olivgrünen Pulli passend zu ihren Augen und kleine grüne Ohrringe. Sie trägt eine Uhr in weiß-blau und eine Jokerkette in schwarz. Sie sieht aus wie ich nur das irgendwas fehlt. Ich ziehe ein paar Ringe an und ziehe mir einen Kajalstrich an der unteren Wasserlinie. Irgendwie verleiht es ihr Charakter.
Ich packe meine Tasche. Da ich keine Bücher habe packe ich nur einen Kulli und einen Block ein. Dann klopft es an meiner Tür. Ich atme tief durch und gehe dann los um Kyle auszumachen. Der lächelt mich auch sofort fröhlich an als die Tür aufgeht. „Morgen. Na gut geschlafen?" Ich schlucke nur bei der Erinnerung an meinen Traum. Ich hatte von Finn geträumt. Gut das niemand meine Gedanken lesen kann.
„Geht so. Bin ein bisschen nervös gewesen, gestern Abend... bin es immer noch." Ich sehe Kyle mit einem leidenden Lächeln an und er schmunzelt aufmunternd zurück. „Das wird schon. Wirst du schon sehen." So wie er guckt, muss er bestimmt recht haben. Ich nehme nervös meine Tasche und schließe dann die Tür hinter mir. Vielleicht lenkt es mich ein bisschen ab ihm ein paar fragen zu stellen. „Wie war denn dein erster Tag hier? Erinnerst du dich noch? Warst du gar nicht nervös?" Kyle schüttelt mit dem Kopf und ich gehe langsam neben ihm her als er beginnt zu reden: „Ich hatte schon von Anfang an drei gute Freunde hier. Wir sind zusammen hier hin gekommen und so war am Anfang nicht alles neu."
Ich siehe meine Tasche motiviert weiter auf meine Schulter. „Dann bin ich ja froh, dass ich dich schon kennengelernt habe, dann bin ich jetzt ja auch nicht allein." Kyle sieht mich glücklich an und ich grinse breit zurück. Ich glaube er ist wirklich einer dieser Leute, dessen Lächeln den ganzen Raum erhellen kann. Er scheint so positiv zu denken. Wäre er eine Blume, wäre er ganz sicher eine Sonnenblume.
„Du bist ganz schön beliebt hier, oder?" Kyle wiegt seinen Kopf hin und her. „Das kann man sagen, aber das ich nicht das was wichtig ist." Das er so bescheiden ist, ist irgendwie beeindruckend. Noah, Finn und Jason mussten direkt mit ihrem Geld oder ihrem Aussehen angeben als ich sie das erste mal getroffen habe. Kyle scheint das nicht nötig zu haben. „Was ist dir denn wichtig?" Er sieht mich erstaunt an. Ich mag es meistens nicht einfach nur Smalltalk mit jemandem zu führen. Ich möchte Leute immer direkt kennenlernen. Ob das an meiner Gabe liegt? Bin ich es vielleicht einfach schon so gewöhnt immer direkt alles über andere zu wissen?
„Familie." Gute Antwort. „Hast du Geschwister?" Kyle schüttelt mit dem Kopf. Ich sehe ihn glücklich an. „Ich bin auch Einzelkind." Überrascht sieht er wieder zu mir. Er hat heute eine Rot-Gelbe Rugby Jacke an und eine lockere dunkel blaue Jeans. Das Rot bringt schön das dunkle Grün in seinen Augen zur Geltung. „Wirklich? Ich habe dich gar nicht so eingeschätzt." Was meint er denn damit? „Hast du gedacht ich habe so sieben Geschwister oder wie?" Kyle lacht leise. Das er so locker drauf ist, beruhigt mich irgendwie. In seiner Nähe scheint echt alles gut zu sein. So als wäre ich eben nicht fast vor Nervosität gestorben. „Keine Ahnung. Ich dachte du hättest jüngere Geschwister." Weil ich immer so kindisch bin? Ich bin schon manchmal etwas zu naiv und locker für mein Alter. Kyle scheint das aber ehr positiv zu finden. „Bist du jetzt enttäuscht?" frage ich ihn.
„Natürlich nicht. So haben wir mehr gemeinsam. Das finde ich auch gut." Ich sehe zufrieden geradeaus. Hat er gerade mit mir geflirtet oder ist er immer so unglaublich nett? Bestimmt ist er immer so. Auch nicht schlecht. „Wir sind da." Ich bleibe stehen und Kyle dreht sich zu mir. „Das hier ist deine Klasse und da vorne hast du Religion. Bio hast du heute nicht, aber das ist genau hier drüber. Da musst du nur die Treppe am Ende des Flurs hoch. Ich hab geguckt, alles andere hast du mit Tyler. Er wird dir helfen alles zu finden." Ich atme tief durch. Sehe mich kurz nochmal um. Alles klar. Da vorne ist die Treppe und dahinten ist der Reli Raum. Dann drehe ich mich wieder zu Kyle um. „Danke für alles. Ich bin echt gar nicht mehr so nervös." Kyle sieht kurz hinter mich. „Tyler ist schon da. Wenn du noch was brauchst kannst du mich anschreiben. Frag Tyler einfach nach meiner Nummer. Viel Glück." Ich bedanke mich und versichere, dass ich Tyler nach der Nummer frage. Dann geht Kyle und ich mache mich auf den Weg zu meiner ersten Stunde deutsch.
Im Klassenraum folge ich Tyler bis zu seinem Platz. Ob ich wohl zu anhänglich bin? „Hey." Tyler steht neben mir. „Hi." Er zieht den Stuhl neben sich nach hinten. „Setz dich." Ich mache was er sagt und lege meinen Collegeblock und meinen Kulli raus. „Du bist ja gut vorbereitet." Tyler nimmt meinen Kulli und lässt ihn zwischen seinen Fingern wandern. „Ich hab ja noch keine Bücher." Verteidige ich mich. Er grinst nur. „Wie geht's dir eigentlich?" Sein Auge ist blau und man kann die Kratzer noch sehen, aber er lacht schon wieder. „Alles gut. So ein paar Schläge tun mir nix." Ich lächle erleichtert. Das sah schon echt übel aus wie sie da mit ihm angekommen sind.
Der Lehrer kommt in die Klasse. „Guten morgen." Wir stehen alle auf und dieser ewige guten Morgen sing sang beginnt. Herr Schneider setzt sich ans Pullt und guckt erst mal ins Klassenbuch. Er scheint einer dieser genervten, strickten, aber doch so übermotivierten Lehrer zu sein. Fast so wie Referendare nur eben zu selbstbewusst. „Wer fehlt?" Ich melde mich. „Ja. Du da." „Finn, Matt, Jason und Jayden." Der Lehrer guckt in die letzte Reihe, die bis auf ein paar Mädchen mit viel zu kurzen Klamotten und einem anteilslosen Liam völlig leer ist. „Okay. Und wie heißt du nochmal? Wieso müsst ihr euch immer umsetzen? Ich finde sonst keinen mehr wieder. Dann kriegt ihr allesamt eine sechs." Ich kicher in mich hinein. „Ich heiße Étoile und bin die Neue." Herr Schneider guckt mich noch mal an, als ob er prüfen würde ob es nur ein Scherzt ist und ich schon immer in seiner Klasse war. Dann klappt er das Klassenbuch zu.
„Gut komm nach vorne und stell dich vor." Ich gehe langsam nach vorne. Das ganze gefällt mir nicht besonders. Klar, es ist alles etwas leichter, weil Finn und seine Freunde nicht da sind und mich ihre kritischen Blicke nicht nervös machen können, aber angenehm ist es trotzdem nicht. Ich sage einfach das übliche. „Ich heiße Étoile, bin 16 und habe die Schule gewechselt, weil ich umgezogen bin." Ich sehe den Lehrer fragend an. „Reicht das?" Herr Schneider scheint selbst nicht besonders Lust auf diese Vorstellugsnummer zu haben.
„Will jemand noch irgendeine Frage stellen?" Ein Junge mit Brille aus der ersten Reihe meldet sich. „Torben." Okay. Er ist eindeutig der Streber. Wahrscheinlich die einzige Person in dieser Klasse dessen Namen Herr Schneider kann. „Zu welcher Seite gehörst du?" Ich gucke ihn fragend an. Was labert der? „Ich präzisiere. Zu den Sportlern oder den Badboys?" Das scheint ja hier alle zu interessieren.
„Ich verstehe echt nicht, wieso das hier alle so spannend finden." In dem Moment kommen Jayden, Jason und Matt herein und Herr Schneider sagt mir, dass ich mich wieder setzen darf. „Wieso versäumt ihr den wunderschönen ersten Teil meines Unterrichts?" Ich sehe wie Jayden und Jason beide Matt angucken, der nur mit den Augen rollt. „Ich musste mich übergeben." Jasons Gedanken verraten mir was wirklich passiert ist und ich versuche ein lautes Lachen zu unterdrücken.
Sie haben verschlafen und ein Wettrennen zur Klasse gemacht. Wer als letztes da ist muss sagen, dass er sich übergeben hat. Jungs sind echt bescheuert. Ich feier es. „Ich glaube ihnen das nicht meine Herren." Verdammt. Am ersten Schultag schon ins Klassenbuch eingetragen zu werden kann man sich eigentlich nicht leisten. Ich melde mich schnell. „Ja, die Neue bitte." Ich versuche nicht zu grinsen. „Es stimmt was sie sagen. Ich hab es auf den Weg zur Klasse gesehen." Herr Scheider sieht mich prüfend an. Ich höre wie Torben "Badboys " flüstert. „Gut. Setzt euch Jungs. Hoffentlich kommt das nicht mehr vor. Wo ist dieser andere von euch?"
Es klopft wieder an der Tür. Finn kommt rein. „Hier bin ich." Herr Schneider seufzt. „Wo warst du?" Finn guckt zu Jason und Jayden und beide zeigen auf Matt. „Naja, Matt hat sich ja übergeben. Ich hab dann noch schnell den Putzfrauen bescheid gesagt." Herr Schneider schüttelt nur mit dem Kopf. „Setz dich, aber halt bitte den Mund." Ich kicher vor mich hin. Tyler beobachtet mich, aber ich ignoriere es.
Irgendwann in der Stunde fliegt ein Zettel auf meinen Tisch. Ich öffne ihn hinter meinem Mäppchen leise.
Danke fürs lügen.
M
Ich drehe mich zu Matt um und nicke ihm zu. Der scheint netter zu sein, als Finns andere Freunde. „Du redest mit denen?" Tyler flüstert. Ich nicke. „Was ist mit Kyle? Du Verbündest dich gerade mit dem Feind." Ich rolle nu mit den Augen da landet noch ein Zettel auf meinen Tisch.
Fresse Tyler oder willst du noch eine auf's Maul?
F
Ich zeige Tyler den Zettel garnicht. Ich lege ihn in meinen Collidgeblock und höre weiter Herr Schneider zu, der irgendwas von Alliteration labert. Tyler holt sein Handy raus und schreibt irgendwas. Nach dem Unterricht werde ich von Kyle abgeholt und wir gehen in die Cafeteria. „Du kannst bei uns sitzen wenn du willst?" Ich lächle. „Das ist nett, aber ich hab schon nen Platz." Kyle sieht nicht gerade erfreut aus, aber ich weiß, dass er es mir nicht übel nimmt. „Ich sitze nicht absichtlich drüben, aber Noah und ich sind Freunde und er sitzt dort. Anders wäre es mir auch lieber." Kyle nickt langsam. „Das kann ich verstehen. Wenn du schon ein bisschen länger hier bist und ein paar mehr Leute kennenlernst, kommst du vielleicht zu uns rüber. Ich kann warten." Er zwinkert mir frech zünd ich gehe lachend weg. Es ist schön, dass er nicht nachtragend ist.
Ich gehe zu Noah und setze mich wieder zwischen Fee und Daya. Finn kommt bei uns am Tisch vorbei und lächelt mich triumphierend, aber falsch an. „Gute Entscheidung." Ich antworte nichts und ignoriere die Blicke der anderen. So ein Idiot. Ich sitze hier wegen Noah und den anderen. Nicht wegen dir du Schwachmat. Die einzige Seite, auf der ich stehe, ist meine. Dort bin ich ganz alleine und zufrieden.
Nach dem Mittagessen gehe ich in mein Zimmer und packe meine neuen Bücher in den Schrank. Der Stoff ist ganz neu für mich und ich muss das alles erst mal verstehen. Plötzlich klopft es an meiner Tür. Passiert das bei allen Leuten so, dass ständig einer klopft? „Ja?" Kyle öffnet die Tür. „Hey. Ich wollte nur wissen wie du zurecht kommst." Ich seufze. „Ich muss erst mal den ganzen Stoff verstehen. Das ist alles noch neu. Auf meiner alten Schule sind wir mit dem Stoff noch nicht so weit." Ich finde es schön, dass er nochmal vorbei kommt. Er meinte das mit dem helfen wohl echt ernst. Ich hab echt Glück gehabt, dass er mir für den Rundgang zugeteilt wurde.
Kyle läuft ein bisschen in meinem Zimmer herum. „Wenn du willst helfe ich dir. Ich kann dir das erklären. So schwer ist das garnicht." Er nimmt mein Mathebuch aus dem Schrank und blättert zu den aktuellen Themen. „Das ist echt lieb von dir, aber nicht jetzt. Ok?" Er nickt und klappt das Buch wieder zu. Langsam sieh er mich an. „Hör mal Étoile. Ich weiß, dass du durch Noah viel Kontakt zu Finn und seiner Klicke hast." Ich seufze. Ist er nur deswegen gekommen? Um niemanden an Finn's Seite zu verlieren? Ist das hier eigentlich alles was zählt? Haben mich die anderen nur deswegen eingeladen?
„Ich weiß, du willst das nicht hören, aber denk doch mal nach. Sie behandeln dich schlecht und du sitzt auf meiner Seite. Plötzlich kommen sie an und sind freundlich? Ich kenne sie schon länger als mir vielleicht lieb ist und ich weiß, dass sie meistens nicht ohne Hintergedanken freundlich sind." Ich gucke Kyle an. Ich sollte vielleicht lernen misstrauischer zu sein. „Wer sagt mir denn, dass du das nicht auch machst? Kyle ich lass mich nicht manipulieren. Ich sitze auf Finn's Seite wegen Noah. Finn und seine Klicke haben nichts damit zu tun. Ich habe mich nicht für eine Seite entschieden, weil es für mich garnicht zur Wahl steht auf welcher Seite ich stehe."
Kyle mustert mich lange. „Du wirst dich nicht entscheiden?" Ich schüttel nur mit dem Kopf. „Ich weiß nicht, ob ich das jemals tun werde. Diese Gruppen sind hier das einzige was zählt. Ist man in der einen Gruppe gehört man dahin und jeder aus der anderen Gruppe verurteilt dich deswegen. Ich finde es scheiße die Leute auf so etwas zu reduzieren." Kyle nickt. „Ich verstehe." Und das glaube ich ihm nur zu leicht. Er ist der Anführer seiner Gruppe und natürlich steht er damit immer in einem spezifischen Licht. Ganz egal wie beliebt er bei seiner Gruppe auch sein mag, die von Finns Seite machen sich wahrscheinlich nie die Mühe ihn überhaupt kennenzulernen. Das alles obwohl er doch so freundlich ist.
„Sei vorsichtig. Okay? Sie sind nicht so nett, wie sie vielleicht gerade tun." Ich lehne mich gegen ihn. „Keine Sorge, ich weiß was ich tue." Kyle lächelt. Er holt sein Handy raus. „Tyler hat gesagt, dass du meine Nummer noch nicht hast." Oh man! Das habe ich voll vergessen und dabei hatte ich es ihm versichert. „Wenn irgendwas ist, schreib mir, Okay?" Ich tippe seine Nummer in mein Handy ab. „Versprich es!" Ich schreibe ihm schnell eine Nachricht.
É: Ich verspreche, dass ich aufpassen werde und Kyle anrufe, wenn ich in Schwierigkeiten bin.
„Jetzt hast du es schriftlich." Er lacht und geht zu Tür. „Na dann. Ich bin dann mal weg. Wenn du mich suchst guck auf dem Parkplatz." Ich nicke und sehe zu wie er das Zimmer verlässt. Mein Handy vibriert. Eine Nachricht von Unbekannt.
U: Gym. Jetzt. Alleine!
Finn
Was will Finn denn schon wieder von mir? Da versichere ich Kyle gerade erst, dass ich nicht auf einer spezifischen Seite stehe und trotz Noah nichts mit Finn zu tun haben will und jetzt sowas. Das ist doch ein Witz. Ich weiß nicht wieso ich kein schlechtes Gewissen bekomme obwohl ich Kyle so anlüge, aber ich habe jetzt auch keine Zeit mir darüber Gedanken zu machen. Nicht wenn Finn mich immer zu beobachten scheint, hinter mir auflauert und mir kalt in den Nacken atmet.
Tief durchatmen. Ich sehe kurz in den Spiegel und ziehe dann meine Sneaker wieder an. Wo ist denn das Gym überhaupt und was will er von mir? Wenigstens hat er mich nicht in sein Zimmer eingeladen. Trotzdem bin ich nervös. Seine Nachricht klang zumindest in meinem Kopf nicht besonders freundlich. Ob er nochmal darauf rumhacken will, dass ich heute auf seiner Seite gesessen habe? Wenn er nur das wäre, könnte ich es vielleicht auch noch gerade so ertragen.
Verwirrt und äußerst skeptisch noch dazu verlasse ich mein Zimmer und folge meinem Internatsplan zum Gym. Ab zu Finn. Hoffentlich sieht uns niemand zusammen. Schon gar nicht Kyle. Der wäre bestimmt enttäuscht und wer weiß wie viel Verständnis er dann noch für mich aufbringen kann. Trotzdem... keiner ist schlimmer als Finn. Bei Kyle muss ich mir wenigstens keine Sorgen machen, dass er mir weh tut. Sowas würde er niemals tun, da bin ich mir irgendwie sicher.
Ich laufe also stumm, aber doch innerlich immer nervöser durch die leeren Gänge. Bloß zwei Mädchen stehen noch draußen im Flur und unterhalten sich. Eine von ihnen hat lange rote Haare und weiße Haut überzogen mit Sommersprossen ihre ganzen Arme herunter. Die andere ist ein Stück kleiner und hat kleine schwarze Locken. Ihre Haut ist um einiges dunkler, aber ich kann schlecht einschätzen woher sie oder ihre Eltern wohl kommen.
Ich hab auch besseres zu tun. Bin dabei mir als Vollzeitbeschäftigung meine Nervosität durch Finn anzueignen. Ob er weiß was er eigentlich mit mir anstellt? Erst der Traum gestern Abend und jetzt das noch. gruselig ist es schon. ich will gar nicht an den ersten Tag und unsere Begegnung damals denken. Das ganze ist jetzt schon mehr als einen ganzen Monat her, schließlich hatte ich ihn über Weihnachten ja auch gar nicht gesehen und trotzdem erinnere ich mich noch zu gut an meine Versessenheit. Ich fand ih so interessant, eigenartig und wollte einfach sofort alles über ihn wissen. Kaum zu glauben, dass ich bis heute immer noch kein einziges mal seine Gedanken gelesen habe. Wie ist es denn bitte so weit gekommen?
An mir ziehen jedenfalls wie in Zeitlupe die gelben Wände des Internats vorbei und ich steige mühselig gegen meinen Widerwillen die alten Holztreppen bis in den dritten Stock hoch. Hier oben sind die Gemeinschaftsräume und so auch das Gym. Obwohl mit Finns Anwesenheit wohl kaum jemand da sein wird. Was ich nicht verstehe, ist wieso die Stufe über uns so viel Respekt vor ihm hat. Noah setzt sowas bestimmt nicht durch. Vielleicht ist es Sniper. Der sieht so aus als würde er in die 12te gehen. Er ist für sein Alter echt merkwürdig wie ein Türsteher gebaut, nur besonders groß ist er nicht. Von weitem als er da an dem Auto auf dem Parkplatz angelehnt stand, sah es nämlich so aus als wäre er genauso groß wie ich.
Langsam bleibe ich vor einer grauen Metalltür stehen. Sie sieht ganz anders aus als die alten großen Bogentüren aus Holz, die zu vielen anderen Räumen führen. Selbst meine Zimmertür ist aus geschnitztem und gemasertem Holz, auch wenn sie viel kleiner und nicht rund ist. Angestrengt drücke ich mein Körpergewicht gegen die Tür um sie überhaupt aufzubekommen. Einen Spalt schaffe ich so gerade und dann schlüpfe ich schnell hindurch. Es ist ganz still im Raum. Vor mir stehen verschiedene Geräte. Stepper, Fahrräder und Laufbänder erkenne ich, das andere Zeug ehr nicht. Das hier muss wohl der Cardio Bereich sein. Ich folge dumpfen Klängen in den Raum dahinter. Alles wird hier nur durch große, hohe Wände abgegrenzt. Fast so wie bei Finn zuhause. Den teil müssen sie wohl unabhängig von Still des Internats neu gemacht haben. Das würde zumindest die moderne Einrichtung und die Metalltür erklären.
Am Ende des Raumes erblicke ich Finn. Er hat Kopfhörer an und schlägt auf einen Boxsack ein. Sein Tanktop wirbelt locker and ihm hin und her fast wie ein Pendel im Takt zu seinen Schlägen. Um so näher ich ihm komme, desto verwirrter bin ich. Irgendwie habe ich bei seiner Nachricht nicht gedacht, dass wir uns wirklich im Gym treffen um Sport zu machen. Soll ich etwa mitmachen oder will er gleich die neu trainierten Schläge vom Boxsack an mir ausprobieren? Dazu bin ich inzwischen nah genug an ihm dran um sein Gesicht zu sehen und er sieht nicht besonders fröhlich aus. Ich weiß, das tut er nie, aber heute scheint er richtig genervt zu sein.
Langsam laufe ich um ihn rum. Er hat mich bestimmt gesehen. Ich setzte mich einfach drei Meter weiter von im Weg an die Wand und warte. „Wieso sollte ich her kommen?" Es wäre schön, wenn er den Boxsack mal anhalten könnte um mit mir zu reden, auf meine Frage zu antworten, aber das tut er natürlich nicht. Sollte ich hier hin kommen um ihm zuzusehen? Oder wollte er mich vielleicht von Kyle wegkriegen, damit ich nicht doch da sitze. Finn hat schon recht. Es wäre komisch, wenn ich bei Kyle sitze, aber viel Zeit mit Noah verbringen würde. Dazu wird man Finn und mich wohl auch manchmal zusammen sehen. Das lässt sich wohl kaum vermeiden, wenn wir zusammen wohnen und er mich auch noch aus irgendeinem Grund so stark im Auge behält. Ob er wirklich recht hat? Ob man sich wirklich nur mit einer Seite gut verstehen kann?
„Du hast mir geschrieben und ich bin hier. Sagst du mir jetzt wieso?" Ich warte und warte, aber wieder keine Antwort. Vielleicht ist meine eingeschüchterte Stimme zu leise und er kann mich durch seine Kopfhörer nicht hören? Aber er hat mich doch gesehen. Da muss er doch wissen, dass ich etwas sagen werde. Eigentlich sollte er auch was zu sagen haben, wenn er mich schon ohne weitere Angaben hier hin bestellt. Ich versuche es einfach lauter nochmal. Er ist schon frustrierend. „Was ist los?" Er ignoriert mich komplett. „Du sagst doch immer, dass ich dir gehöre. Habe ich dann nicht irgendwie ein Recht zu wissen was mit dir ist?" Er sieht auf, sagt aber wieder nichts.
„Wenn ich dich so ignorieren würde, dann wärst du bereits wütend." Er schlägt auf den Boxsack ein. „Nein, dann hätte ich dir bereits eine geklatscht." Ich glaube er meint das ernst. Jedenfalls sieht er mich nicht an. Entschuldigt sich nicht. Ist komplett ernst. Er macht mir Angst. So feste wie er auf den Sack einschlägt, so feste schlägt er wahrscheinlich auch auf andere ein. Niemals würde er sich zurückhalten. Alle anderen sind ihm doch auch gleichgültig. Wenigstens hat er aber geantwortet. Jetzt können wir wenigstens mal ein Gespräch führen.
„Dann tuh mir einfach den Gefallen und ignoriere mich bitte immer. Sprich einfach nie wieder mit mir, sieh mich nicht an und komm nicht in meine Nähe." Sage ich. Ja, er hat meine Gefühle verletzt. Tut er immer. Ich verstehe nicht wie ich das immer schaffe heil aus diesen Situationen heraus zu kommen. „Mädchen. Regen sich über jeden Scheiß auf." Wer hat denn hier immer diese Stimmungsschwankungen? Ich oder du? „Manchmal denke ich, dass du möchtest, dass du anderen wichtig bist und andere Male verhälst du dich so als wärst du lieber ganz alleine auf der Welt." Er fängt den Sack ab und sieht mich an. Wütend wie immer. „Dir muss man echt Mal beibringen einfach Mal die Fresse zu halten." Kurz denke ich, er würde auf mich zu kommen, aber er bleibt doch glücklicherweise dort stehen.
Ich sehe mich um und entdecke noch eine Tür. „Es ist dir echt egal, dass du mich so behandelst? In deinen Augen bin ich echt gar nichts wert, oder?" Er schlägt wieder auf den Sack ein und ich erwarte schon keine Antwort mehr. Alles ist ihm egal. Ob die Tür dadrüben wenigstens ein Ausgang ist? Sie sieht zumindest so aus. Offen steht sie auch. Was ich da in der Entfernung sehe könnte der Flur sein. Langsam gehe ich zur Tür und schließe diese. Ich möchte ihn nicht alleine lassen. Ist egal wie sehr er mir Angst macht und wie gefährlich er ist. Ich kann nicht einfach gehen. So bleibe ich im Raum.
„Finn." Wieder hält er den Sack an. Immernoch sauer und angespannt. „Was? Was ist denn jetzt noch?" Ich dachte nicht dass er reagieren würde. Ich habe nichts zu sagen. Abwartend sieht er mich an. Das ist eine dumme Idee. Eine ganz dumme Idee. „Umarmung?" Verstört sieht er mich an und dreht sich dann für eine weitere Runde zum Boxsack hin.
Ich atme tief durch und setze mich einfach wieder hin. Irgendwann wird er mir doch sagen müssen wieso ich hier bin und er ja schlecht ewig so weiter boxen. Bald muss er fertig sein. Solange warte ich dann eben. Genervt sehe ich also auf meine Uhr. Es ist viertel nach fünf und ich muss noch Hausaufgaben für morgen machen. Geben die heute schon direkt Mathehausaufgaben auf.
Als ich das nächste mal auf meine Uhr sehe, ist es fast eine ganze Stunde später. Finn hat echt ne hammer Ausdauer. Zwischendurch hat er aber auch kurz Pause gemacht und auf sein Handy gesehen. Dann hatte ich immer kurz die Hoffnung das er fertig ist, aber es war nie so. Stattdessen hat er mich einfach weiter ignoriert und ein paar Nachrichten beantwortet, etwas getrunken und dann weiter geboxt. Jetzt scheint er aber endlich fertig zu sein. Diesesmal wirklich. Er geht nämlich verschwitz zum Fenster und macht es auf. Ich sehe zu wie er sich mit einem Handtuch das Gesicht und die Arme abtrocknet und es dann wärmend um seien Nacken legt. Da es draußen Winter ist und er total schwitzt, ist es auch ganz gut, dass er sich ein bisschen trocken gewischt hat. Ich gehe dann auch neugierig zu ihm und lehne mich etwas weiter von ihm weg seitlich an ein zues Fenster.
„Wieso trägst du eigentlich immer nur schwarz?" Finn sieht einfach aus seinem Fenster heraus, auf seinem Gesicht dieser Ausdruck. Ich kann es kaum beschreiben. Er starrt nach draußen so wie ich mir vorstelle das Schwerverbrecher zwischen den Gitterstäben hindurch gucken. So als wäre Finn in diesem Raum alles andere als frei. „Du musst wirklich lernen keine Fragen zu stellen." Ich weiß. So leicht ist das aber nicht, wenn man doch so viel nicht weiß. Finn ist zu interessant um keine Fragen zu stellen. Er nimmt den Raum ein als wäre es sein persönliches Schiff. Sieht über uns alle hinweg als wüsste er Dinge, die sich die Menschheit nicht mal vorstellen könnte. Würde er sich jetzt zu mir umdrehen und sagen, dass alles hier wäre nur ein Traum, würde ich keine Sekunde zögern ihm zu glauben.
Es ist fast schon erschreckend wie falsch die Wahrheit und wie richtig die Lüge aus seinem Mund klingen. Erschreckend und doch so faszinierend. „Wieso? Wieso trägst du so wenig Farbe?" Als er sich dann zu mir umdreht und ich schon fast den Hass in seinen Augen in meinem Knochen spüren kann, fühle ich mich doch sehr stark an die Geschichte von Rotkäppchen erinnert. Ich stelle alle diese Fragen und weiß doch gar nicht mit wem ich hier rede. Ich glaube Finn doch irgendwo einschätzen zu können und dabei ist er doch in meinem Augen schon immer der Wolf gewesen. Nur weil man sich schon das schlimmste Vorstellt, kann es trotzdem sein, dass schlimmeres existiert. Das gefährlichste ist doch die Unwissenheit und der Leichtsinn und laut Finn selbst, besitze ich von beiden deutlich zu viel.
Ich schlucke verängstigt, aber so wie er mich beobachtet kann ich meine Augen nicht von ihm anwenden. Es gibt zwei Arten von Angst. Die bei der du wegzuckst, dich klein machst und die Augen zusammen kneifst und dann ist da noch die, bei der du gelähmt in dein Verderben blickst. Unfähig zu rennen, noch dich weg zu drehen.
Zumindest dachte ich immer, dass es nur zwei gibt. Finn lehrt mich immer eines besseren. Da ist noch Nummer drei. Du schreist, aber niemand hört dich, dein Herz schlägt in deiner Brust als könnte es explodieren und deinen Körper in vier Teile zerreißen und du spürst den Atem deines Feindes in deinem Nacken. Es ist die Art von Angst, die dich langsam umdrehen lässt um deinen Feind ins Auge zu sehen. Die Art die dich bis zum Ende hoffnungslos und verzweifelt kämpfen lässt, weil dein Sinn zu überleben stärker ist als alles andere.
Die Art von Angst die Mütter ganze Autos heben lässt um ihr Baby darunter zu befreien. Angst, die eigentlich versteckte Macht ist. Jedes Mal wenn du sie unterdrückst, ernährt sie sich von deinen Sorgen. So lange bis sie stark genug ist um dich zu übernehmen. Bist du nur noch ein stummer Zuschauer bist. „Ich trage schwarz als eine Warnung an jeden der sich mir in den Weg stellt. Ich bin immer bereit für die Beerdigung meiner Feinde..." Er kommt auf mich zu und streicht eine lose Strähne über meine Schulter nach hinten. „... und die meiner Freunde." Ich schlucke nervös, denn jetzt wo er so nah vor mir steht, erkenne ich etwas viel größeres als einen Wolf. „Schwarz ist das was dir sagt "stell keine Fragen, sondern lauf"." Und dann lächelt er zufrieden. „Du wirst noch sehen was ich meine. Versprochen." Und dann nimmt er seine Hand von meiner Schulter und verlässt gelassen das Zimmer.
Ich drehe mich um um ihm hinterher zu sehen, aber er ist bereits verschwunden. Wenn ich in Finns Nähe bin, spüre ich von jeder Art von Angst ein bisschen. Ich bin mir sicher, dass er das auch sehen kann, dass er meine unterschiedlichen Ängste steuern und verwenden kann. Ich hatte noch nie so wenig Kontrolle im Beisein einer bestimmten Person so wie bei ihm. Er hat mich in seiner Hand und ich weiß nie, wann er sie schließe wird und wie fest.
Nachdem ich mich dann wieder gefangen hatte, ist mir aufgefallen, dass ich immer noch keine Hausaufgaben gemacht habe. Ich bin dann schnell in mein Zimmer gelaufen und hab mich an meinen Schreibtisch gesetzt. Ich habe immer noch keine Ahnung wieso Finn mich überhaupt ins Gym bestellt hatte oder wieso er mich einfach ignoriert hat als ich dann da war. Was ich jedoch mit Sicherheit weiß ist, dass ich absolut keinen Schimmer habe wie meine Mathehausaufgaben gehen. Die Hausaufgaben sind schwerer als ich dachte. Ich verstehe wirklich nichts. Ich überlege kurz, ob ich Kyle schreibe, aber ich lasse es. Er würde mich nur über die Jungs ausfragen und ich will in diesen Scheiß nicht rein gezogen werden. Dazu ist es schon spät und er ist bestimmt beschäftigt. So beliebt wie er ist, hat er bestimmt viel vor.
Ich schnappe mir mein Buch und mache mich auf den Weg zu Torben, wieder mit dem Internatsplan in der Hand. Der ist mein Lebensretter und mit dem laufe ich durch die Gänge bis ich vor Tür 56 ankomme. Ich klopfe an die Tür und sie wird sofort geöffnet. Torben guckt mich verwirrt an. Seine braunen Augen starren mich skeptisch über seine schwarze Brille an. Immer noch sind seine Haare perfekt frisiert und er trägt auch das dunkel blaue Hemd noch. „Kann ich dir irgendwie helfen?" Ich lächle bei seiner Frage. „Eigentlich schon. Ich bin mit dem Stoff noch nicht so weit und ich verstehe deswegen die Hausaufgaben nicht. Ich wollte eigentlich nur fragen ob du mir erklären kannst wie das funktioniert? Ist nicht schlimm wenn du keine Zeit hast. Ich weiß selbst, dass es schon halb acht ist, aber ich will morgen nicht ohne Hausaufgaben da stehen." Er guckt mich misstrauisch an. Vielleicht hätte ich wirklich nicht vorbei kommen sollen. Ist es nicht dreist von mir einfach zu glauben er würde mir einfach so helfen?
Auch wenn Torben nicht besonders groß ist, sogar kleiner als Ich oder Lou, hat er doch diesen ‚Bitch Blick' drauf. Er kann glaube ich auch richtig zickig sein, wenn er will. Dann schiebt er wahrscheinlich mit seinem Zeigefinger seine Brille wieder auf seine Nase, rückt seinen Hemdkragen zurecht und sieht dich abfällig an. Er ist der Junge, der in die Mülltonne geworfen wird und es einfach so hinnimmt mit dem Wissen irgendwann mal der Chef seiner Mobber zu sein. So als säßen sie in der Zukunft bei ihm im Büro für ein Vorstellungsgespräch bei seiner Millionen schweren Firma und er könnte sie grinsend ablehnen.
„Was ist 7•8?" Ich denke nicht nach und antworte direkt. „56. Wie deine Zimmernummer." Er nickt und lässt mich rein kommen. Irgendwie finde ich ihn unterhaltsam. „Gut. Dann zeig mir mal was du nicht verstehst." Torben zeigt auf seinen Schreibtisch und ich setzte mich hin. Sein ganzes Zimmer ist leer bis auf ein paar grüne Pflanzen auf der Fensterbank, einem grauen Schrank, einem einfachen Holzbett und seinem höhenverstellbaren Schreibtisch. Das Zimmer ist so klein, dass es nur ein weiteres Bett gibt und das scheint wie bei mir einfach nicht belegt zu sein. Ich zeige ihm die Aufgabenstellung und meine Ansätze. „Das ist gar nicht mal so schlecht. Ich zeig dir wie die Rechnung weiter geht." Ich glaube Torben ist auch froh hier alleine zu sein. Er scheint mir ehr so der introvertierte Typ zu sein, der viel Zeit für sich selbst braucht. Vielleicht gerne im Stillen liest oder lernt. Ich möchte ihn nicht zu klischeehaft einschätzen, aber all diese Eigenschaften scheinen einfach so gut zu ihm zu passen.
Auch wenn er etwas eigenartig ist und mich so komische Dinge gefragt hat, scheint er eigentlich echt nett zu sein. Er hat mich ja bei Finn eingeordnet und das er mir trotzdem noch hilft finde ich deswegen sehr nobel von ihm. Er hätte mich auch einfach abschreiben können und gar nicht versuchen müssen mich vielleicht kennen zu lernen, mir sogar zu helfen.
So sitzen wir eine Stunde lang da und Torben erklärt mir die Rechnungen und füllt die Wissenslücken die ich beim neuen Stoff noch habe. Er zeigt mir Tricks wie ich die Rechnungen kürzen kann und wie ich mir am besten Notizen machen kann um nicht durcheinander zu kommen. Die Stunde vergeht schneller als ich dachte und am Ende habe ich schon einen Teil des neuen Stoffs verstanden. Die Hausaufgaben kann ich jedenfalls jetzt vorzeigen. „Wow. Du bist der Mathe Superman. So schnell habe ich noch nie so viel in Mathe verstanden. Wie hast du das gemacht?" Torben wird ganz rot im Gesicht, was richtig süß aussieht. „Du hast ja auch gut aufgepasst." Wir lachen beide und ich packe meine Sachen ein. „Danke für deine Hilfe. Ohne dich wäre ich bestimmt immer noch dabei die erste Aufgabe zu lösen." Torben nickt. „Ja, da hast du wahrscheinlich recht." Ich grinse überrascht und er öffnet mir die Tür. „Bis morgen." Ich winke ihm noch auf dem Flur und mache mich auf den Weg zu meinem Zimmer.
Jetzt ist es schon halb neun und ich bin ziemlich müde. Ich war den ganzen Tag so nervös und aufgeregt und gestern habe ich ja kaum geschlafen, so bin ich inzwischen schon bereit ins Bett zu gehen. Innerlich verfluche ich Finn mich so stehen gelassen zu haben. Er hat meine Zeit verschwendet und wegen ihm ist es jetzt so spät geworden. Würde ich wenigstens wissen was er wollte. Wieso er mich sehen wollte. Plötzlich kommt mir eine Idee. Ich hätte mal vorher daran denken sollen. Ich hab doch seine Nummer!
É: Was wolltest du eigentlich eben?
Ich warte, aber als ich schon im Bett liege und das Licht ausmache habe ich immer noch keine Antwort bekommen. Ich sehe lediglich zwei blaue Häkchen, die mir anzeigen, dass er meine Nachricht gelesen hat. Ich hatte Finn mehr für den Typen gehalten, der diese Funktion abstellt, sodass niemand sehen kann, wann er online war und ob er eine Nachricht gelesen hat oder nicht. Vielleicht will er aber auch bewusst, dass Leute wissen wenn er sie ignoriert. So wie er mich so gerne ignoriert. Würde er mich nur immer so in Ruhe lassen und mich nicht beachten. Ach, man. Ich verstehe ihn wirklich nicht. Finn Harris. Das unlösbare Rätsel.