Kapitel 07
Blinzelt schlug ich die Augen auf, in diesem Moment kamen die Erinnerungen wie Messerstiche zurück und hinterließen eine schmerzliche Leere in meinem Herzen.
Meine Eltern sind tot. Wie ein Echo hallte dieser Satz in meinem Kopf und verursachte ein unangenehmes Pochen.
"Du bist endlich wach! "eine Mädchenstimme riss mich aus meinen finsteren Gedanken und ich wurde mir meiner Umgebung bewusst. Ich befand mich in einem kleinen Zimmer und lag auf Kissen gebettet auf einem weichen Bett. Vor mir stand ein schwarzhaariges Mädchen mit wasserblauen Augen, langen dichten Wimpern und vollen Lippen. Sie erinnerte mich an Bale, beide waren genau das, was man sich unter wunderschön vorstellen konnte. Was ich allerdings besonders Bale nicht einmal in Traum sagen würde. Momentmal, Bale? Scheiße, da war ja was!
"Wo bin ich? Und Wo ist Bale"
Das unbekannte Mädchen lächelte leicht "Mein Bruder ist heute Morgen mit auf Patrouille gegangen und du befindest dich gerade im Krankenzimmer des Instituts! Ich bin übrigens Selena"
Selena umarmte mich "Ich bin Kylie !" nuschelte ich überfordert in ihre Haare und die Dämonin kicherte leicht "Ich weiß!"
"Was ist eigentlich passiert?"
Die Fröhlichkeit wich aus dem Gesicht von Selena und schließlich schaute sie mich nachdenklich an. "Du wurdest von einem Pfeil in deine Schulter getroffen. Das Gift hat sich sehr schnell ausgebreitet und als Bale mithilfe der Portalscherbe in das Institut sprang, warst du bereits ohnmächtig, das war vor zwei Tagen."
"Was!", rief ich entsetzt und tastete an meine Schulter, sie war in einem Verband gewickelt und schmerzte bei meiner Berührung leicht.
"Keine Sorge, unsere Heilerin hat sich um dich gekümmert, bald solltest du keine Schmerzen mehr haben. Ich hole eben Lea, bevor ich Jane Bescheid gebe und auch einem Gespräch mit Miss Clark wirst du nicht aus dem Weg gehen können."
Ich lächelte schwach und versuche meine Gedanken wieder zu ordnen, das waren definitiv viel zu viele Namen.
Selena verließ das Zimmer und kehrte einige Minuten später mit einer Dame mit mittlerem Alter zurück.
"Schön, dass du endlich wach bist", begrüßte mich die fremde Frau erschwinglich "ich bin Miss Kansy, du kannst mich aber wie alle hier, ruhig Lea nennen."
Lea hatte braunes schulterlanges Haar und ein freundliches Lächeln.
"Miss Clark verlangt nach ihr, geht es ihr soweit gut?", fragte Selena Lea, während diese meinen Verband wechselte.
"Ja, einem Gespräch steht nichts im Wege. Achte aber bitte darauf, dass sie sich nicht zu viel bewegt!"
Selena lächelte mich an und gemeinsam verließen wir das Krankenzimmer, wir gingen lange Flure entlang und ich schaute mich interessiert um.
"Wenn du möchtest, können wir noch kurz in die Küche gehen, du hast sicher Hunger!"
Nachdem ich genug gegessen hatte, wollte ich endlich Antworten, und die sollte ich laut Selena auch bekommen. Sie führte mich in einen großen Saal, an einem langen Tisch, saßen bereits drei Personen, einer von ihnen war Bale.
Langsam schritten wir auf die noch freien Plätze zu, gegenüber von mir saß Bale, rechts neben ihm eine junge Frau mit schwarzen kurzen Haare und fast ebenso schwarzen Augen. Links von ihm, saß ebenfalls eine noch recht junge Frau, ihre Gesichtszüge wirkten streng und ich fühlte mich ihn ihrer Nähe mehr als nur unwohl.
"Schön, dass es dir wieder besser geht! Ich habe dich zu uns rufen lassen, um die nächsten Schritte zu besprechen und weil du sicher viele Fragen hast! Ich bin Miss Clark, zweite Vorsitzende unsere Organisation. Das mit deinen Eltern tut mir sehr leid, aber wenigstens ist es uns gelungen, dich in Sicherheit zu bringen! Erzähl uns bitte, was während des Angriffs passiert ist! "
Als sie von meinen Eltern sprach, konnte ich in ihrem bisher ausdruckslosen Gesicht kurzes Bedauern sehen, was aber ebenso schnell wieder verschwand, wie es aufgetaucht war. Schnell und abgehakt begann ich zu berichten, als zu dem Teil mit meinen Kräften angelangt war, konnte ich das überraschte auf keuchen der anderen wahrnehmen. Als ich geendet hatte, richtete Miss Clark ihre nächsten Worte wieder an mich.
"John Starwater hat den Orden der aufgehenden Sonne gegründet, um Alfost Widerstand zu leisten. Dabei hat er es geschafft, dass Engel und Dämonen weitgehend zusammen arbeiten. Wobei es leider immer mal wieder zu Streit kommt, Dämonen und Engel sind einfach zu verschieden, als das sie ohne weiteres zusammen arbeiten können, doch wichtig ist nur, dass wir für die gleiche Sache kämpfen. Mit den Jahren ist die Organisation gewachsen und wir haben überall Späher, weshalb es uns auch gelungen ist, den Plan, die ganze königliche Familie zu vernichten, weitgehend zu vereiteln. Vermutlich wird Alfost, sich selbst zum neuen König krönen, er wird dich offiziell als für Tod erklären und dich solange jagen, bis du wirklich keine Gefahr mehr darstellst, vorher wird er nicht ruhen können! Seit Jahren hat er sich darauf vorbereitet, den Palast zu stürmen, seine Anhänger, die sich die Schwingen des Rabens nennen, sind ihm dabei treu ergeben! Keiner wird sich ihm in den Weg stellen, dafür haben sie viel zu viel Angst. Wir sind die einzige Hoffnung für das Volk!"
"Warum wusste ich nicht, dass Alfost unser Königreich schon so lange terrorisierte?" platze es aus mir heraus und ich unterbrach Miss Clark so.
"Ich vermute, dass dich deine Eltern einfach schützen wollten!" erklärte sie mit zusammen gekniffenen Lippen.
"Es gibt ein Gerücht, dass Alfost auf der Suche nach einer besonderen Waffe ist, wir nehmen an, dass es sich dabei um den Kristall des Lichts handelt. Eigentlich ist er nur eine Legende, doch dem scheint nicht so zu sein. Der einzige, der den Aufenthaltsort von diesem Kristall kennen könnte ist ein gewisser Jonathan Heileynten. Wir haben bereits nach ihm gesucht, allerdings ist er nicht auffindbar. Wir nehmen deshalb an, dass er aus Angst vor Alfost untergetaucht ist und leider war es uns bis jetzt nicht möglich eine Spur zu finden."
"Bis jetzt?", fragte ich interessiert und Miss Clark fing an, weiter zu erzählen.
"Unsere Botschafter haben uns einen Anhaltspunkt geliefert. Allerdings können wir nicht sicher sein, dass nur wir davon wissen. Mir müssen uns also beeilen, Heileynten befindet sich vermutlich in Lebensgefahr."