Kapitel 3
Meine Hand wurde sanft gedrückt und ein Daumen streichelte sanft über meinen Handrücken.
Als ob er mich beruhigen wollte.
„Wo möchtest du hin? Sag es mir und werde dich hinbringen.“
Ich wollte alleine sein. Niemand um mich herum haben.
„Danke, aber das ist nicht nötig.“, murmelte ich leise und realisierte erst dann, was ich gerade getan hatte.
Unsicher schielte ich zu ihm hoch, in Erwartung gleich geschlagen zu werden, aber seine bronzefarbenen Augen sahen mich nur sanft an.
„Währen es andere Umstände, hätte ich deinen Wunsch respektier, aber jetzt kann ich dich nicht sicher alleine lassen.“
Wartend sah er mich an.
„Es wäre nett, wenn Ihr mich nach Hause bringen könntet.“, kam es flüsternd von mir.
„Gut, wir werden uns dort noch unterhalten müssen.“
Obwohl seine Stimme sanft war, klang diese Aussage dennoch wie eine Drohung für mich.
Das hatte mir gerade noch gefehlt, eine ernste Unterhaltung mit dem Alpha.
Ich verkniff mir jede Bemerkung und ließ mich einfach von ihm mitziehen. Eine Wahl hatte ich ohnehin nicht.
Er führte mich zu einer großen schwarzen Limousine, die auf der Auffahrt von meinem Vater stand.
Nie hätte ich gedacht, dass ich jemals in so einem Auto sitzen würde.
Der Alpha ließ mich zuerst einsteigen und sobald er selbst im Auto saß, begann dieses sich bereits zu bewegen.
Sollte ich ihm nicht meine Adresse sagen? Vielleicht, aber ich blieb lieber ruhig, wenn er sie wissen wollen würde, hätte er schon etwas gesagt.
Still saß ich neben diesem dominanten Werwolf der mich ununterbrochen zu beobachten schien.
Die halbe Stunde bis zu mir nach Hause würde lustig werden.
„Wieso hast du dich vorhin nicht gewährt?“
Was war das für eine Frage? Aber ich wusste, ich konnte ihn nicht belügen, er würde es sofort bemerken.
„Was hätte ich schon tun können?“, antwortete ich ihm leise.
„Du hättest etwas sagen können.“
Er klang wütend, ob auch mich oder die Situation konnte ich nicht sagen.
Aber wie stellte er sich das vor? Ich hätte ja wohl kaum so reagieren können wie er.
Zwar war ich auch ein Wolf, aber ich war eine Frau und eine Omega. Meine Position würde immer unter die der Wächter sein.
Ich hatte wirklich nicht die Lust darauf wieder im Keller meines Vaters zu landen.
Doch nach dem heuten Tag würde ich das früher oder später sowieso.
„Was ist los?“
Die Stimme des Alphas riss mich aus meinen Gedanken aber ich schüttelte bloß den Kopf.
„Es ist nichts.“
„Lüg mich nicht an. Ich kann deine aufsteigende Panik spüren. Sag mir was mit dir los ist.“, befahl er mir mit dunkler Stimme.
Ein wenig unsicher sah ich ihn an. Ich hatte gewusst, dass Lügen nichts bringen würde. Wenn ich es ihm nicht von alleine sagte, würde er mich zwingen.
„Ich habe Angst.“
Dieses Eingeständnis zu machen, kostete mich viel Kraft, aber was sollte ich machen? Weiter lügen?
„Etwa vor mir? Das brauchst du nicht, du hast vor mir nichts zu befürchten. Ich werde dir nichts tun.“
Bestimmt schüttelte ich den Kopf.
„Nein, nicht vor Euch.“ Was mich selbst überraschte, denn es war mehr oder weniger die Wahrheit.
„Mein Vater wird das heute nicht auf sich sitzen lassen.“
Der Alpha drehte sich jetzt endgültig zu mir um.
„Wie meinst du das?“
Mein Blick wanderte auf meine Hände.
„Wir haben ihn tief beleidigt, weil wir einfach so gegangen sind. Irgendwie wie er seiner Wut freien lauf lassen müssen.“
Die Stille, welche meinem Satz folgte, war erschreckend.
„Du meinst, ich habe ihn beleidigt und du wirst die Wut abbekommen.“, stellte er kühl fest.
„Es ist schließlich immer so.“, rutschte es mir raus, bevor ich darüber nachdenken konnte, was ich da gerade gesagt hatte.
Meine Augen weiteten sich schockiert. Wieso konnte ich nicht die Klappe halten? Hatten die Jahre hier mir nichts beigebracht? Er würde mit meinem Vater sprechen und dann würde ich nicht einmal den nächsten Tag überleben.
Ich schloss die Augen und wartete auf das, was jetzt passieren würde. Aber nichts geschah.
Langsam öffnete ich meine Lider wieder und sah zu dem Mann, der neben mir saß.
Der Alpha saß ruhig neben mir, den Kopf in den Nacken gelegt und die Augen geschlossen.
Nachdem er endlich etwas sagte, klang seine Stimme gefährlich kontrolliert.
„Stimmt das?“
„Ja, natürlich stimmt es. Ich würde es merken, wenn du mich belügen würdest.“, beantwortete er seine eigene Frage.
„Wieso hat mir das keiner gesagt?“, herrschte er mich wütend an. „Es ist meine Aufgabe mich um solche Dinge zu kümmern. Du hättest dich bei mir melden müssen.“
Als er mich so an sah, wie ich erschrocken zurück und sein Blick wurde wieder erstaunlich sanft.
„Hab keine Angst, ich werde nicht zulassen, dass jemand dir je wieder etwas antut, du hast mein Wort.“
Ungläubig sah ich ihn an. Meinte er das Ernst?
Ja okay, er hatte gesagt, ich stünde unter seinem Schutz, aber so? Nein, ich musste es falsch verstanden haben.
„Wie meint Ihr das?“
Wieder nahm er meine Hand und sah mich aus seinen bronzefarbenen Augen mit so einer Sicherheit an, dass ich eine Gänsehaut bekam.
„Genauso wie ich es gesagt habe. Ich lasse dich auf keinen Fall an einem Ort wie diesen.“
Das Gefühl von Unwohlsein machte sich in mir breit. Ich wusste nicht, ob mir das gefiel oder nicht. Natürlich wollte ich von hier verschwinden. Aber nicht von einem Gefängnis ins andere.
„Ich muss wissen, was hier vor sich geht, erst dann kann ich diese Stadt guten Gewissens wieder verlassen.“
Die Limousine hielt und meine Tür wurde geöffnet.
Ein etwas älterer Mann mit kurzen schwarzen Haaren und einem Schnurbart lächelte mich warm an und bedeutete mir auszusteigen. Waren wird tatsächlich bereits an meiner Wohnung angekommen?
Der Alpha folgte mir nach draußen und sah das Wohnungskomplex vor uns prüfend an.
„Hier wohnst du also.“, stellte er fest.
Ohne ein Wort zu sagen nickte ich einfach und ging voraus in mein Zuhause.
Dort angekommen sah er sich erst einmal um. Mit Sicherheit war er besseres gewöhnt, aber ich konnte mich nichts anderes leisten und wenigstens hier war ich immer sicher gewesen.
„Ich kann Euch leider nichts anbieten. Mein Kühlschrank ist leer, da ich noch nicht zum Einkaufen gekommen bin.“
Keine Lüge, auch wenn der Grund dafür weniger die Zeit, sondern das Geld gewesen ist.
„Ich brauche nichts. Lass und reden.“
Er ging mit sicheren Schritten in mein winziges Wohnzimmer und setzte sich auf meine Couch. Etwas unschlüssig blieb ich vor ihm stehen. Sollte ich mich zu ihm setzten? Stehen bleiben? Mich auf den Boden setzten? Zum Glück nahm er mir diese Entscheidung ab.
„Setzt dich bitte zu mir. Ich möchte mich in Ruhe mit dir unterhalten können. Erzähl mir bitte alles, wozu du bereit bist.“
Mit wackligen Beinen setzte ich mich neben ihm. Warum war ich denn jetzt so nervös? Ich Auto war es doch auf möglich gewesen neben ihm zu sein, ohne gleich zu zittern wie ein Rehkitz.
Wartend sah er mich an und schließlich begann ich stockend zu erzählen.
„Wie Ihr sicher bemerkt habt, bin ich eine Omega. Es ist also nicht so, dass mich das Rudel anders behandelt hätte, als meine Position es verlangt.“
Mein Gefühl sagte mir, ich sollte wütend darüber sein, aber mein Kopf wusste, dass es so war. Meine Geburt hatte mein Schicksal besiegelt.
„Du denkst also wirklich, sie hätten das Recht dich so zu behandeln?“, fragte er mich sanft und sein Blick wanderte prüfend über mein Gesicht.
Was sollte ich schon dazu sagen, also zuckte ich bloß mit den Schultern.
„Diesmal will ich eine gesprochene Antwort Elisabeth.“