Kapitel 3: Caleb und Kevin
ALEX
Caleb stand grinsend wieder auf und wischte sich über den Mund, bevor er meinem Bruder ebenfalls eine verpasste. Kevin flog in die Schaulustigen hinter ihm, die aber immerhin so nett waren und ihn wieder aufhoben.
"Deine Visage kotzt mich so an!", brüllte Kev.
"Deine mich nicht, oder was? Soll ich allen hier mal dein kleines Geheimnis verraten?"
Ich runzelte die Stirn. Was hatten die Beiden bloß? Und wieso kannten die sich offenbar so gut? Kevin lief rot an.
"Wag es dich...", murmelte dieser.
"Was ist denn hier schon wieder los? Heartly! Prince!", schrie auf einmal der Rektor hinter uns.
Die Beiden zuckten vor Schreck zusammen.
"Kevin Heartly, dass kann nicht schon wieder dein Ernst sein?!"
"Ich bin das doch nicht alleine gewesen!"
"Aber du bist erneut dabei! Mitkommen, sofort! Prince, wasch dir das Gesicht und dann ebenfalls antanzen!"
Kevin schlich zum Rektor, was Caleb mit einem Grinsen quittierte.
"Elendiger Bastard.", murmelte mein Bruder, doch Caleb ließ das kalt.
"Die Show ist vorbei. Genießt eure Pause.", kommandierte uns der Rektor ab und die Schüler stoben wieder auseinander.
"Ich geh eben auf Klo.", sagte ich zu Wade.
"Alles klar."
Ich rannte hinein und wollte danach zum Rektorat um zu schauen, was los war. Ich wettete, dass meine Eltern oder zumindest einer von Beiden gleich kommen würde. Als ich die Türe von den Toiletten öffnete donnerte ich in jemanden hinein und plumpste auf meinen Hintern. Ich hatte aber auch ein Talent dafür.
"Autsch."
"Oh, Sorry."
Diese Stimme. Ich sah nach oben und erblickte Caleb's makellos schönes Gesicht, was mich sofort zum erröten brachte. Er hielt mir die Hand hin und zog mich hoch. Dann ging er einfach wieder an mir vorbei. Doch ich ließ das dieses Mal nicht zu.
"C-Caleb!", rief ich schüchtern.
Er hielt an und drehte sich um.
"Hm?"
"G-Geht es d-dir gut?"
Einen Moment sah er mich einfach an und dann schmunzelte er irgendwann.
"Sicher. Ist nicht das erste Mal, dass der Heartly Vollidiot und ich uns kloppen."
"W-Wieso kloppt ihr euch?"
"Wir haben seit der Neunten Klasse ein Problem miteinander. Aber sorry Kleiner, das werde ich dir nicht erzählen. Ich kenne dich nicht. Oder hast du was mit Heartly zu tun?"
"Ich ehm..."
Ich konnte doch schlecht sagen, dass das mein Bruder war. Nachher dachte Caleb auch noch so über mich oder dass ich so ein Prügler war. Allerdings wollte ich Kevin auch nicht verleugnen. Doch ehe ich was sagen konnte, kam eine Durchsage.
"Caleb Prince, beweg sofort deinen Hintern ins Rektorat!", feixte die Stimme des Rektors durch die Gänge der Schule.
Caleb schüttelte nur belustigt den Kopf und verschwand dann wieder.
"Ja, ich habe was mit ihm zu tun. Ich bin Alex Heartly, der kleine Bruder von Kevin und bin verliebt in dich.", murmelte ich, als er bereits außer Sicht war.
Ich seufzte und ging dann zur Toilette. Danach schlich ich mich zum Rektorat und hielt an mein Ohr an die Türe. Allerdings konnte ich nicht wirklich viel dabei hören.
"Schatz?"
"Oh mein Gott!", fluchte ich und drehte mich um.
Meine Eltern standen hinter mir und Dad sah ziemlich sauer aus. Mum jetzt nicht so sehr.
"H-Hi...", murmelte ich.
"Was lungerst du hier vor der Türe rum?", fragte mein Dad.
"Naja ich... ich wollte nur mal hören was los ist..."
"Das werden wir gleich erfahren und Kevin kann sich auf was gefasst machen.", knurrte mein Vater.
Die Beiden klopften und traten auf das Zeichen des Rektors herein. Ich konnte nur noch kurz die Hinterköpfe der zwei Jungs sehen und dann schloss sich die Türe. In dem Moment klingelte es und der Unterricht ging weiter. Allerdings konnte ich mich nicht wirklich mehr konzentrieren. Ich dachte daran, was Kevin für eine Strafe bekommen würde und ob es Caleb auch so ergehen würde. Und vor allem, was er mit Kevin's kleinem Geheimnis gemeint hatte? Ich dachte die Zwei würden sich nicht mal richtig kennen, aber irgendeinen Grund musste es an sich ja geben, warum Kevin so einen Hass auf Caleb hatte oder ihn zumindest nicht ausstehen konnte. Aber das würde ich hoffentlich zu Hause erfahren.
Nach der Schule radelte ich wie der Teufel nach Hause. Ich fuhr durch unser Tor durch und schmiss das Rad einfach vor das Haus. Ich war zu neugierig, als es jetzt noch ordentlich weg zu stellen. Schon als ich die Türe aufriss, hörte ich wie Dad Kevin zur Sau machte.
"Wie kann es eigentlich sein, dass du und Caleb euch immer wieder so in die Haare bekommt? Ihr wart mal beste Freunde!"
Wie bitte? Beste Freunde? Caleb und Kevin? War das ihr Status in der Neunten Klasse? Was hatte die Zwei bloß entzweit?
"Die Betonung liegt auf waren, Dad. Er ist ein Spasti. Verstehe gar nicht wieso der so beliebt ist und die halbe Schule den anschmachtet!"
Innerlich zuckte ich zusammen, weil ich ebenfalls zu dieser Hälfte gehörte. Ich lehnte mich an die Türe um besser hören zu können, hatte aber nicht gesehen, dass diese nicht komplett geschlossen war. Die Tür ging also auf und ich fiel in die Küche. Sechs Augenpaare sahen mich an.
"Oh, upps."
"Jean Alexander, was hast du hier zu suchen?!"
Ich hasste es, wenn man mich beim vollen Namen nannte, aber Dad tat dies immer wenn er wütend war. Mein Bruder wurde dann immer zum Kevin Elijah und meine Schwester dann Susan Elaine. Mum machte dies nie. Und ich wollte einfach nur Alex sein. Alexander konnte ich noch verkraften, so nannte Dad mich auf oft, aber nicht diesen ganzen Namen.
"Ich war neugierig..."
"Zwei Wochen suspendiert!", feuerte Dad.
"Na und? Danach geh ich normal wieder hin."
"Sei froh, dass sie dich nicht raus geworfen haben Kevin.", mischte Mum dann auch mit.
"Ich kann nichts dafür. Er hat angefangen in dem er mich draußen mit Absicht angerempelt hat. Als ich ihn drauf ansprach hat er mir einen dummen Spruch gedrückt und daraufhin bin ich halt ausgeflippt."
"Wurde Caleb auch bestraft?", mischte ich mich ein.
"Er hat nur eine Woche bekommen, weil er bisher nicht so auffällig war wie Kevin."
"Tse.", machte dieser.
Doch Dad hob den Arm, damit er schwieg.
"Geh hoch, kein fernsehen, kein Internet und gib mir dein Handy."
"W-Was? Dad ich bin Achtzehn und keine Zwölf!"
"Benimmst dich aber manchmal so. Los, jetzt!"
Murrend übergab Kevin Dad sein Iphone und verschwand dann aus der Küche.
"Lass dir eines gesagt Alexander. Komm nicht auf die Idee dich auf irgendeine Prügelei einzulassen!"
"Alex doch nicht.", meinte Mum ruhig. "Der tut keinem was an."
Ich schmunzelte nur und beschloss dann mich ebenfalls aus der Küche zurück zu ziehen. Ich wollte mit Kevin reden. Ich schritt die Treppe nach oben und hörte laute Musik aus seinem Zimmer. Ich klopfte an die Türe, doch erst hörte er mich nicht. Noch einmal.
"WAS?", giftete er von innen.
"Ich bin es, Alex. Kann ich rein kommen?"
Kevin drehte die Musik leiser und dann hörte ich wie er zur Türe kam. Er schloss auf, aber ließ die Türe zu. Das nahm ich als Aufforderung herein zu kommen. Er saß auf dem Bett und guckte aus dem Fenster. Ich holte mir seinen Schreibtischstuhl und setzte mich ihm gegenüber.
"Was erwartest du jetzt von mir?"
"Dass du mir erzählst, was mit euch Beiden ist. Und wieso weiß ich nichts davon, dass ihr mal beste Freunde wart?"
"Weil es irrelevant ist."
"Nein, ist es nicht. Ich wusste ja schon immer, dass du einen Groll gegen ihn hast, aber habe nie verstanden warum das so ist."
"Hast du dir den Schleimer mal angesehen? Versprüht überall seinen Charme, selbst beim Direx vorhin. Ich könnte kotzen!"
"Ich finde ihn ganz nett."
"Alex, du kennst ihn nicht mal. Ihr seid zwei Jahre auseinander. Da hat ja sogar Clyde mehr mit ihm zu tun, als du."
"Na und? Er ist unser Schülersprecher, ein Sportass und beliebt. Natürlich hört man das."
"Pff."
"Also verrätst du es mir nicht?"
"Ist peinlich."
"Warum das?"
Kevin lief rot an.
"Es ist einfach peinlich, ok?"
"Ich bin dein Bruder! Du kannst mir alles sagen!"
Diese Aussage widersprach sich etwas mit meinem eigenen Anliegen. Immerhin hatte ich ihm auch nicht erzählt, dass ich in Caleb verknallt war, als er mich fragte. Aber gerade weil es um ihn und Kevin ging, interessierte es mich so. Er sah mich einen Moment grübelnd an und stieß dann Luft aus.
"Versprichst du mir, dass das unter uns bleibt?"
"Natürlich tu ich das!"
Erneut stieß er Luft aus.
"Caleb war mal verliebt in mich..."
"W-W-Wie bitte?"
Ich wusste nie, auf was Caleb genau stand. Woher auch? Aber offenbar war er wohl schwul?!
"Von der Siebten bis zur Neunten an, waren wir beste Freunde. Caleb wurde dann immer reifer, während ich noch in der Zeit zurück hing. Eines Abends als ich bei ihm war, hatte er mich auf einmal geküsst und mir seine Liebe gestanden."
Innerlich zerschoss es mich gerade. Doch ich schwieg und ließ ihn weiter erzählen.
"Ich hab es erst einmal zugelassen und dann, also wir... er und ich..."
"Ganz ruhig."
"Wir haben miteinander geschlafen."
Kevin hatte Sex mit Caleb?! Ich rastete in mir beinahe aus. Was zur Hölle?
"I-I-Ihr hattet Sex?!"
"Ja, aber nur einmal! Ich wollte das danach nicht mehr, aber er wollte mir nicht glauben, dass ich nicht auf Jungs stehe! Wir haben uns nur noch gezofft und irgendwann sind wir halt auseinander gegangen. Soweit lassen wir uns ja auch in Ruhe, aber heute ging es halt nicht..."
Ich wusste nicht mehr was ich dazu sagen sollte. Ich war bestimmt seit der Achten Klasse in Caleb verknallt. Schmachtete ihn immer nur von der Ferne an, wusste genau, dass ich wahrscheinlich nie niemals an ihn ran kommen würde und dann musste ich so mir nichts, dir nichts erfahren, dass mein Bruder mit Caleb geschlafen hatte? Mein Hetero Bruder, der andauernd irgendein Mädchen mit anschleppte?!
"Alex?", riss er mich aus meinen Gedanken.
"Oh, sorry. Ich war nur überrascht, dass du diese Erfahrung auch schon gemacht hast."
"Ja, einmal. Und das bereue ich auch. Weil es auch irgendwie nicht schön war. Ich weiß, dass ich Caleb damals wahrscheinlich das Herz gebrochen habe, aber ich musste da auch an meine Gefühle denken."
"Ich verstehe dich schon."
"Du sagst keinem was, oder?"
"Nein, wieso auch..."
Kevin lächelte mich verlegen an.
"Lässt du mich ein wenig alleine?"
"Ja."
Ich ging aus seinem Zimmer in mein eigenes und irgendwie war ich ein wenig verstört.