Kapitel 5.
Jason und Emily machten wie gewohnt Unsinn, und es störte mich immer weniger. Sie war glücklich, er war glücklich, und ich hatte meine verdiente Ruhe, wenn ich am Abend nach Hause kam.
Greenfield kochte jeden Tag, übernahm sogar häufiger das einkaufen, der nächste Supermarkt war nur 2 Gehminuten von der Wohnung entfernt, und das machte ihm nicht zu schaffen. Den Gehstock hatte er nur noch bei sich, wenn er alleine zu uns kam, holte ich ihn ab, dann nahm er ihn nicht mit. Außer, er hatte einen Ausflug mit Ems geplant, dann nutzte er ihn noch.
Nachdem ich die Wohnungstür hinter mir geschlossen hatte, ließ ich mich erschöpft dagegen fallen und rutschte mit dem Rücken daran zu Boden. Ich seufzte leise.
Der Job war anstrengender als erwartet, ich hatte wirklich viel zu tun. Es gab einen wahren Haufen an Meetings, und Davis hatte hohe Erwartungen an meine Arbeit, er duldete keine Fehler. Ich hatte jetzt noch eine Menge Bürokram zu erledigen, den ich heute nicht geschafft hatte.
Ems musste die Tür gehört haben, denn sie kam wie ein Pferd angaloppiert und hielt an, beinahe wäre sie über mich gefallen.
»Papa!«, rief sie freudestrahlend und ließ sich in meinen Schoß plumpsen, um mich fest zu umarmen. Jason folgte ihr deutlich gemächlicher und blieb in der Tür zum Wohnzimmer stehen.
»Hey Mäuschen«, sagte ich leise und küsste ihren Kopf. »Alles okay? Habt ihr schon Abendessen gehabt?«
Ems nickte eifrig und krabbelte wieder von mir herunter, um sich vor mir auf den Teppich zu legen. Während ich meine Schuhe auszog, erzählte sie mir von den leckeren Tortellini, die Jason zubereitet hatte, worauf hin mein Magen sofort barbarisch grummelte. Greenfield stieß ein belustigtes Gelächter aus, Emily stimmte ein.
Beleidigt stellte ich meine Schuhe ins Regal und erhob mich wieder, um meine Jacke an den Haken zu hängen.
»Komm Ems, wir machen deinem Papa das Essen warm«, sagte Jason, bevor er sie vom Boden aufhob und das kichernde Mädchen über seine Schulter warf, um in der Küche zu verschwinden.
»Ich gehe schnell duschen«, rief ich den beiden hinterher, war mir aber nicht sicher, ob sie mich noch hörten. Jasons Antwort reichte mir jedoch zur Bestätigung.
»Okay Ems, du schaffst das auch alleine, oder? Ich muss deinen Papa beim duschen helfen!« Als Greenfield dann auch noch aus der Küche in den Flur schlidderte und mich grinsend ansah, erwiderte ich seinen Blick mit einer grimmigen Miene.
»Vergiss es, Greenfield«, brummte ich und verschwand eilig im Badezimmer. Sicherheitshalber verschloss ich die Tür, wer weiß, auf welche Ideen der Kerl noch kommen würde.
»Eeeriiiic«, rief Jason meinen Namen, langgezogen wie ein Kaugummi, von der anderen Seite der Tür. "Komm schon, ich weiß, du willst es auch!«
»Verpiss dich, Jason, ich will in Ruhe duschen!« Genervt entledigte ich mich meiner Kleidung und schlüpfte unter die Dusche, wo ich den Wasserstrahl voll aufdrehte, was glücklicherweise dafür sorgte, dass ich Jasons Stimme nicht mehr hören konnte. Ein unendlich zufriedener Seufzer entfuhr meiner Kehle, und ich genoss das heiße Wasser, welches sich über meinen Körper ergoss.
Geduscht und glücklich, dank meiner Intuition, die mir heute morgen gesagt hatte, frische Klamotten ins Bad zu legen, kam ich wieder aus dem Bad und tappte in die Küche, wo ein dampfender Teller mit leckeren Tortellini auf der Theke stand. Ich nahm mir eine Gabel aus dem Schubfach und dann den Teller, um es mir damit vor dem Laptop bequem zu machen und noch ein wenig meiner Arbeit zu erledigen. Unter meinem Teller war ein Notizzettel mit einem gemalten Herzen darauf, und ich musste leicht lächeln. Emily war so süß.
Stolz befestigte ich den Zettel mit einem Magneten an unserem Kühlschrank, bevor ich wieder den Teller in die Hand nahm und damit ins Wohnzimmer ging. Ems und Jason spielten wieder in ihrem Zimmer mit Playmobil, also konnte ich in völliger Gelassenheit essen und arbeiten.
Kurz nachdem ich meine Portion vollkommen verschlungen hatte, zupfte Ems an meinem Shirt, und ich sah sie verwundert an.
»Was gibt's, Prinzessin?«, fragte ich und rollte etwas mit meinem Stuhl zurück, um sie auf meinen Schoß zu setzen. Sie lehnte sich an mich und gähnte leise, bevor sie mich mit ihren süßen Kulleraugen ansah.
»Jason will mit dir essen! Und dann wird er auch mein Papa«, sagte sie zufrieden lächelnd, und ich zog meine Augenbrauen überrascht nach oben.
»Was?« Ich drehte Emily, um sie besser ansehen zu können.
»Ich will dich und Jason als Papa!«
»Nein.« Ich hob sie von mir und stellte sie zurück auf ihre eigenen Füße, zurück auf den Fußboden. Schmollend schob sie ihre Unterlippe vor.
»Aber wieso nicht?«, rief sie empört aus und stemmte ihre Hände in die Hüften. Verdammt, das hat sie sich von mir abgeguckt.
»Emily, ich mag Jason nicht so, dass er dein Papa werden kann, das geht nicht. Außerdem ist er ein Mann, und ich auch, und ich mag lieber Frauen«, versuchte ich zu erklären, aber wie aus dem nichts tauchte auch noch Greenfield hinter ihr auf. Er hatte den selben Schmollmund aufgesetzt wie Emily. Genervt ließ ich mich im Stuhl zurücksinken. Na großartig.
»Wieso gibst du mir nicht einfach eine Chance, Eric?«, fragte er und verschränkte die Arme vor seiner Brust. Starke, muskulöse Arme, vor einer ebenso starken, muskulösen Brust. Moment, was?
Ich schüttelte den Kopf, um den Gedanken zu verwerfen, wo auch immer der gerade herkam, was Jason jedoch als Verneinung auf seine Frage auf fasste.
»Eric, komm schon! Du würdest uns sehr glücklich machen!«, protestierte er und ging in die Hocke, um auf derselben Höhe wie Emily zu sein. »Schau uns an, wir sind super süß! Du kannst nicht nein sagen!«
Als hätten sie es abgesprochen, wechselte sich ihr Gesichtsausdruck schlagartig zum Welpenblick, und zur Krönung lehnte Ems ihr Gesicht an Jasons. Ich schnaubte frustriert.
»Ich dachte, wir hatten geklärt, dass du Emilys Babysitter bleibst, und nichts weiter.«
»Mir fehlt die Bezahlung.« Ich blinzelte überrascht. Verdammt, meinte Greenfield das jetzt ernst? Ich wusste, dass er einiges bei den Kindern vor Emily verlangt hatte, aber meine einzige Bezahlung war das rumkutschieren seines dicken Hinterns. Scheiße, wenn er jetzt auch noch Geld verlangte, konnte ich mir das wieder abschminken. Und Emily würde mich dafür bis zu ihrem Tod verabscheuen, denn sie liebte Jason abgöttisch.
»Bezahlung?«, fragte ich nervös und setzte eine Unschuldsmiene auf. So ein Dreck, jetzt konnte ich nicht einmal seinem Blick standhalten.
»Ja, du bezahlst mich, indem du mit mir auf ein Date gehst!« Emily nickte zustimmend, und ich verfluchte die beiden im Stillen. Wenn ich mich anstrenge, könnte ich das Date zu einem furchtbaren Ereignis werden lassen, sodass er den Kontakt zu mir auf ein minimum reduzieren würde, also nur noch Zeit mit Emily zu verbringen, anstatt mit uns beiden.
»Und ich kann ja bei Onkel Jim übernachten!« Emily wusste langsam wirklich, wie sie mich überzeugen konnte.
»Ein Essen bei mir«, setzte Jason wieder an. »Nur wir zwei, niemand wird es erfahren und Emily ist gut bei Jim aufgehoben.« Ich sah zwischen den beiden hin und her, insgeheim schmiedete ich schon meinen Plan. Dann hob ich ergeben die Hände.
»Na schön, ein einziges Date, mehr nicht.« Die beiden fingen gleichermaßen in schrillen Tönen an zu quietschen und fielen sich in die Arme, bevor sie dann wieder mit einer Staubwolke in Emilys Zimmer verschwanden. Habe ich jetzt ein Date mit einem Kind oder mit einem erwachsenen Mann?
Ich drehte mich mit meinem Stuhl wieder zu meinem Laptop und starrte auf den Bildschirm. Ich hatte Ja gesagt zu einem Date mit einem Kerl, aber das ist nicht schlimm genug, nein, mein Date ist Jason Greenfield. Der Kerl benimmt sich manchmal, als wären er und Emily im gleichen Alter, und ich wusste nicht, wie ich damit umgehen sollte. Vor allem nicht mit der Tatsache, dass Jason immer noch ein Mann war, genau wie ich. Was erhoffte er sich überhaupt von einem Date mit mir? Erwartete er, dass ich ihn auf dem Date küssen würde? Oder sogar noch mehr?
Ich rümpfte angewidert die Nase. Jeden Annäherungsversuch würde ich eiskalt abschmettern, ich würde alles verhindern, was ich später bereuen könnte. Vielleicht sollte ich vorher eine ordentliche Portion Knoblauch essen, damit er gleich das Weite sucht. Oder ich suche mir vorher einen Hund, den ich mitnehmen kann, Hunde ruinieren Dates immer. Und erfordern meine ganze Aufmerksamkeit!
Ich war so mit Pläne schmieden beschäftigt, dass ich hoch schreckte, als Jason mit der Hand vor meinem Gesicht herum wedelte. Erschrocken zuckte ich zusammen, was ihn belustigt schmunzeln ließ.
»Ich habe Emily ins Bett gebracht, sie schläft. Kannst du mich nach Hause fahren?«, fragte er leise und setzte sich auf das Sofa, welches einige Meter von mir entfernt stand. Ich nickte leicht, dann ließ ich meinen Laptop herunterfahren und drehte mich mit meinem Stuhl, sodass ich aufstehen konnte.
»Ich hol mir schnell Socken, dann können wir los.« Schnell schlüpfte ich in mein Schlafzimmer, blieb jedoch stehen, als ich bemerkte, dass Jason mir folgte. Ich räusperte mich, was ihn ebenfalls anhalten ließ.
»Schlafzimmer ist tabu, sagte ich doch am Anfang.« Er zuckte mit den Schultern.
»Du ziehst dir doch nur Socken an.«
»Ja, richtig. Da gibt es nichts zu sehen.« Ich brummte leise und schloss die Tür, er war wenigstens so anständig und blieb davor stehen. Ein bisschen Respekt schien er ja doch noch zu haben.
Mit frischen Socken ging ich wieder raus in den Flur, wo Jason mit Mantel, Schuhen und grimmigen Blick auf mich wartete. Das wiederum ließ mich dieses Mal zufrieden Grinsen, was ihm anscheinend noch weniger gefiel, den seine Miene verdüsterte sich um weitere Dunkeltöne. Ich zog fröhlich meine Jacke und Schuhe an, bevor ich mein Portemonnaie und die Schlüssel griff und ihm deutete, aus der Tür zu gehen. Jason brummte leise, bevor er seinen Marsch zu meinem Auto antrat.
Breit lächelnd stolzierte ich hinter ihm die Treppen hinunter, höchst zufrieden darüber, dass er mal sein dreckiges Grinsen ausgetauscht hat, weil ich ihm eine Abfuhr erteilt habe. Oh, wie ich mich auf das Date freute, sein Gesicht würde so schön aussehen. So voller Enttäuschung! Dafür lebte ich.
Mit einem Piepsen schloss ich mein Auto auf, und Jason stieg wortlos auf der Beifahrerseite ein. Ich warf mich auf den Fahrersitz und schnallte mich an, bevor ich das Auto startete und die Radiolautstärke erhöhte, denn Jason schien mir nicht so, als würde er großartig etwas sagen wollen.
Die Fahrt verlief wirklich schweigend, und ich genoss das Schweigen. Sonst hatten wir Emily dabei, die genug für alle Nerven quatschte, die man aufbringen konnte, aber so still in meinem Auto war es sonst nur, wenn ich zur Arbeit fuhr. Ich wusste gar nicht, dass Autofahren so schön sein konnte.
Ich parkte vor Jasons Wohngebäude, und drehte die Zündung eine Drehung zurück, sodass der Motor ausging. Ein Blick zu Greenfield sagte mir, dass er in Gedanken versunken war, denn er machte keine Anstalten, auszusteigen.
»Also«, begann ich, was ihn wieder zurück in die Realität holte. Er sah mich kurz an, dann schnallte er sich ab und öffnete die Tür.
»Danke für's fahren«, sagte er leise und setzte schon einen Fuß aus dem Auto, wohl nicht in der Erwartung, dass ich noch weiterreden würde.
»Überleg dir was nettes für unser Date. Und versau es nicht.« Blitzschnell schoss sein Kopf in meine Richtung, und seine Augen glänzten vor Überraschung. Wow, den Blick kannte ich sonst nur von Emily.
»Ist das dein Ernst?«, fragte er sicherheitshalber nach, nicht wirklich überzeugt von meinen Worten.
»Natürlich, ich will kein beschissenes Date haben, also streng dich an.« Er gluckste vor Freude, bevor Jason wieder zurück in mein Auto krabbelte und sich halb auf mich warf. Und seine Lippen fest auf meine drückte.
Vor Überraschung riss ich meine Augen auf, er hatte sich aber schon wieder von mir gelöst, bevor ich mich aus meiner Erstarrung befreien und ihn eine verpassen oder wegschubsen konnte. Grinsend rutschte er aus dem Auto, und winkte fröhlich.
»Alles klar, ich schreib' dir!«, sagte er und ließ die Tür meines Autos zufallen, dann drehte er sich um und ging schnurstracks in den Eingangsbereich des Hauses. Perplex sah ich ihm nach, dann auf meine Hände. Ich fühlte mit ihnen vorsichtig nach meinen Lippen, als hätte ich sie mir gerade auf übelste Weise verletzt. Ich zischte leise, sah wieder zur Eingangstür, wo Jason vor wenigen Sekunden verschwunden war, aber es war keine Spur mehr von ihm zu sehen.
Frustriert schlug ich mit den Handflächen auf mein Lenkrad und stieß einen leisen Schrei aus. Was sollte das denn?! Was erlaubte sich der Vollidiot?!
Ich brauchte einige Minuten, um mich weitestgehend zu beruhigen, um wieder nach Hause fahren zu können. Ich war so furchtbar aufgebracht, dass ich das Radio ausmachen musste. Mein geliebter Nachrichtensender musste für die Heimfahrt verstummen, und das nur wegen diesem großen, muskulösen, reichen, gut riechenden und verdammt charismatischen Mann Jason Greenfield. Meine Güte, selbst meine Gedanken hatte er infiziert, schönen Dank auch!
Zuhause angekommen, stellte ich mein Auto auf den Parkplatz, bevor ich wütend die Treppe erklomm, um meine Wohnungstür, nachdem ich durchgegangen war, ins Schloss zu pfeffern. Sofort kühlte sich mein erhitztes Gemüt ab, als ich realisierte, dass ich Emily möglicherweise damit geweckt haben könnte.
Nun leise, zog ich mich aus und stellte alles ordentlich an die Seite, bevor ich in Ems Zimmer schlich um zu sehen, ob sie durch meinen Lärm aufgewacht war, aber sie schlief wie ein Engel, die Kuscheltiere fest an sich gedrückt.
Vorsichtig legte ich mich zu ihr, wohl bedacht, Ems nicht zu wecken. Ich zog ihre Decke auch ein wenig über meine Beine und beobachtete meine kleine Prinzessin etwas beim schlafen, bevor meine Augen träge wurden und ich sie schloss. Nach diesem Scheiß mit Jason brauchte ich jetzt die Nähe meiner kleinen Maus, die mich beruhigte. Und eine ordentliche Portion Schlaf.