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~| 4 |~ Selena

Selena:

Ich war wieder fünfzehn und wurde von zwei Wächtern flankiert durch den dunklen Gang geführt. Die Zellen an denen ich vorbei ging, waren verlassen und dennoch roch es hier nach Pisse und fauligem Zeug. Ich würgte und schrie, während ich zornig um mich trat.

"Mein Vater wird euch alle hinrichten lassen. ALLE!!" schrie ich und konnte nichts gegen das Bild von Frostfell machen. Das schmerzerfüllte heulen von ihm bevor er zu Boden gegangen ist und zuckend liegen blieb, während sich sein weißes Fell langsam rot färbte, hatte sich in mein Gedächtnis gebrannt, genau wie das schmatzende Geräusch als Lex sein Schwert aus dem Körper meines Gardewolfes zog und mich seine Leute umzingelten. Doch ich drängte die Tränen zurück und konzentrierte mich nur auf die Wut und den Hass, ließ ihn in mir zu einem glühenden Ball anschwellen. Ich durfte nicht weinen. Ich war eine Prinzessin und ich musste stark bleiben. Für meine Eltern, die bald merken würden das etwas nichts stimmte und ich und mein Gemahl weg waren. Die vermummten, schwarz gekleideten Männer schnaubten nur gereizt und verdrehten meine Arme, bis sie vor einer der Folterkammern zum stehen kamen. Angsterfüllt starrte ich auf die offene Tür und als man mich hineinstieß, wirbelte ich sofort herum, um abzuhauen. Doch sie schlugen die schwere Holztür zu und als ich gegen das Holz trommeln wollte und meinen Mund zu einem Hilfeschrei formte, erklang eine bekannte Stimme hinter mir.

"Das würde ich lassen. Es bringt dir nichts" stellte Lex trocken klar und als ich mich wie erstarrt umdrehte, fiel mir der Stuhl auf, auf dem der Prinz gelassen sitzte und einen mit Rubinen besetzten Goldkelch hielt, aus dem er einen Schluck nahm. "Setz dich doch, Gemahlin" bat er mit einem falschen lächeln. Wieder sah ich sein abfälliges Gesicht, mit dem er meinen toten Beschützer bedacht hatte, bevor er das Schwert an seinem Hemdärmeln sauber wischte und mich unverfroren anschaute, ein Grinsen im Gesicht. Ich schnappte nach Luft und ballte meine Hände zu Fäusten, starrte ihn kalt an.

"Vergiss es, Lex. Bring mich sofort zu meinen Eltern! Ich bin die Prinzessin von Saskria, dass war ein großer Fehler" zischte ich. "Wenn sie herausfinden was du... was du meinem Gardewolf und Leibwächtern angetan hast, werden sie dich umbringen und dein Vater wird dich nicht beschützen können" drohte ich ihm und blieb an Ort und Stelle. Seine Lippen verzogen sich zu einem amüsierten Lächeln, während seine dunkelblauen Augen noch heller funkelten.

"Nana, da hast du wohl etwas nicht mitgekriegt Selena, ich bin der neue König" erwiderte er nur und nahm einen weiteren Schluck des Weines. Seine Lippen nahmen einen dunkelroten Ton an und es kostete mich all meine Beherrschung, nicht durchzudrehen. Ich lachte und schüttelte ungläubig meinen Kopf.

"Wovon träumst du nachts? Meine Eltern sind die Könige dieses Landes und ich stehe auch über dir. Ich bin Thronfolgerin, nicht du, du bist nicht mal Kronprinz von Callacula" schleuderte ich ihm entgegen und kurz verrutschte seine gelassene Miene.

"Pass auf was du sagst, Gör" knurrte er, doch ich habe bereits seinen Scham und die Wut über seinen Rang gesehen. Jetzt lächelte ich und erwiderte seinen Blick furchtlos.

"Sonst was?"

"Sonst bringe ich dich um, Fae!" zischte er. Taumelnd wich ich zurück und es rauschte in meinen Ohren, als mein Lächeln verschwand und grenzenlosem Entsetzen wich.

"Du - Du - Wie kann das..."

"Ich weiß mehr als du denkst Prinzessin, also würde ich tun was dir der neue König sagt" sagte er frostig und lehnte sich wieder zurück und erst da fiel mir die Dunkelheit auf, die sich um ihn schlängelte. Und zwar keine Schatten, sondern etwas lebendiges, finsteres das... ihm gehorchte?! Meine Panik kehrte mit einem Schlag zurück und ich wich noch weiter zurück, bis ich gegen die Tür stieß. Das Holz bohrte sich unsanft in meinen Rücken und mit aufgerissenen Augen schaute ich ihn an.

"Du lügst. Wie - Wie willst du König sein?" konnte ich mir trotzdem nicht verkneifen, als er mir wiederholt befahl, mich hinzusetzen. Ich gehorchte nicht und das verärgerte ihn sichtlich.

"Komm schon Selena, dass weißt du doch tief im Inneren" säuselte er mir lodernden Augen und grinste dunkel. In meinem Kopf ratterte es und unweigerlich kam ich immer nur auf das eine Ergebnis, doch das konnte nicht sein. Niemals. Das konnte und wollte ich nicht glauben.

"Nein... und du wirst mich jetzt gehen lassen, ich rufe meine Eltern" hauchte ich und fixierte ihn mit meinem Blick. Ich wollte die Winde herbeirufen und ihn gegen die Wand schlagen, doch in der nächsten Sekunde brannte sich etwas in meinen Kopf und füllte ihn mit eisiger Kälte, sodass ich schmerzerfüllt aufschrie und mir an die Schläfen griff. Meine Konzentration brach und keuchend stand ich da, während Lex sichtlich zufrieden wirkte.

"Schön, dass das Gerzstirnband funktioniert" bemerkte er und ich fühlte das Metall um meinem Kopf noch intensiver.

"Was hast du mit mir gemacht?" presste ich fassungslos hervor, versuchte aber nicht mehr auf meine Elementar Magie zuzugreifen.

"Nichts, was dich dauerhaft schädigt. Solange du deine Faeseite in Ruhe lässt" antwortete er und deutete wieder auf den Stuhl. Ich gehorchte wieder nicht und diesmal sprang er auf. "Gut, dann muss ich dich eben zwingen" verkündete er unheilvoll und ich erwartete er würde auf mich zustürmen, doch stattdessen hob er nur einen Arm und krümmte seine Finger leicht. Im selben Moment erwachte die Finsternis und Stränge davon schlichen über den Boden direkt auf mich zu, so schnell das ich nicht reagieren konnte als die erste meinen nackten Fuß erreichte und sich an mir hochschlängelte. Ich schrie erschrocken auf und wollte meinen Fuß wegreißen, doch eisige Kälte sickerte durch meine Haut und schon bald wandten sich weitere Ranken um meinen Körper, über den ich keinerlei Kontrolle mehr hatte. Die Schwarze sickerte in mein Innerstes und als Lex eine Bewegung machte, zwangen mich die Schatten in Bewegung. Wie ferngesteuert marschierte ich auf den Stuhl zu, aber statt mich auf den freien zu setzen dirigierte Lex mich zu sich und ich konnte mich nicht wehren, als ich mich quer auf seinen Schoß setzte und er einen Arm um meine Taille schlang und grinsend auf mich heruntersah.

"Schon besser" murmelte er zufrieden und wickelte eine meiner weißen Strähnen um seinen Finger.

"Was... tust du?" wimmerte ich krächzend und wollte mich von ihm losreißen, die eisige Kälte ließ meinen ganzen Körper zittern, doch Lex streichelte weiter mein Haar.

"Das ist nicht von Belang. Fakt ist, es gibt niemanden der dir mehr helfen kann, ich bin der neue König und du gehörst mir. Nur mir allein" hauchte er mir trimphierend ins Ohr und legte eine Hand an meine Schläfe. Im nächsten Moment verschwamm meine Umgebung und machte Platz für Bilder, die durch meinen Kopf flossen. Meine Eltern, umstellt von schwarzen Soldaten, überall ermordete Leichen von Dienern und Palastwachen, ich sah meine Mutter, mit blicklosen Augen, der Kopf zwei Meter neben ihrem restlichen Körper und meinen verletzten Vater, dessen Blick voller Trauer, Schmerz und Zorn war. Ich sah wie er kämpfte, nicht aufgab und schließlich unter der Klinge von Lex fiel. All das spielte sich in meinem Kopf ab wie bei einem Film und ich schrie, denn die Bilder wurden immer grausamer, bevor sie verebbten und ich wieder in der Kammer saß. Weiterhin auf Lex Schoß, der mich neugierig betrachtete.

"Und? Was sagst du?", Tränen flossen in Strömen über meine Wangen, doch ich konnte meinen Blick nicht von seinen Augen abwenden, er hatte mich immer noch unter Kontrolle.

"Was bist du?" fragte ich heiser und schlug ihm meinen ganzen Hass entgegen. Er lächelte.

"Das wirst du noch früh genug erfahren. Ich lasse dich leben, weil du noch von Nutzen bist und meine Gemahlin. Also vergess die Gnade nicht die ich dir gewährte" raunte er mir ins Ohr, stand auf und zog seine Schatten zurück. Und dann verließ er die Kammer, ließ mich alleine und mit den brutalen Bildern im Kopf zurück. Es war der Anfang meines Endes.

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