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Kapitel 14 Er verstand sie nicht mehr

„Was denn?“ Caroline war verwirrt.

Joachim stand vom Stuhl auf. Im Gegenlicht ging er stetig und langsam. Schließlich stand er herablassend vor Caroline, „Wir sind noch verheiratet, verhalte dich nicht einfach so intim mit anderen Männern wie du willst.“

Was auch immer der Grund war, darf sie ihn während der Ehe nicht betrügen!

Das war sein Prinzip, aber auch die Würde eines Mannes!

Caroline verstand lange nicht, mit wem sie intim war?

Instinktiv erwiderte sie: „Aber hast du selber nicht auch hier mit anderen Frauen geschlafen? Soll ich denn auch als Ehefrau verlangen, dass du dich benimmst?“

Joachim runzelte immer höher die Stirn, „Ich habe nicht mit ihr geschlafen.“

Caroline erstarrte für einen Moment. Es war klar, dass Lotti gestern hier übernachtet hatte.

Er behauptete, nicht mit ihr geschlafen zu haben. Wer glaubte das?

Aber außerdem, was sollte es doch mit ihr zu tun haben, egal ob er mit ihr geschlafen hatte?

Joachims Gesichtsausdruck veränderte sich immer wieder. Er fragte sich, was er denn gerade machte.

Caroline wollte eigentlich nicht mit ihm streiten und ihr Ton wurde nun weicher, „Ich werde mein Bestes geben, um deinen Anforderungen zu entsprechen. Na dann...“

Sie schüttelte das Dokument in der Hand, dabei war klar, was sie meinte.

Joachim stimmte leise zu. Er klang jedoch ein wenig sauer. Aber er war nicht sauer auf Caroline, sondern auf ihn selbst!

Warum sollte er ihr sein eigenes Verhalten erklären?!

Wie verrückt!

Es war ihm gerade sehr unangenehm, dass er sich so ungewöhnlich verhielt!

Nicht nur unangenehm, sogar nervig!

Da Caroline den Job im Restaurant erfolgreich bekam, wollte sie diese zu übersetzenden Dokumente so schnell wie möglich fertigstellen.

Bis zwölf Uhr nachts hatte sie aber nur die Hälfte fertig gemacht und sie war schon sehr müde.

Um ihre Gedanken aufzufrischen, brachte sie die Dokumente ins Wohnzimmer. Zu dieser Zeit war die ganze Villa still, da sollten Joachim und Lynn schon tief im Schlaf sein.

Sie legte die Dokumente auf den Couchtisch und ging in die Küche, um sich ein Glas warmes Wasser einzugießen. Dann stellte sie das Glas ab, kehrte ins Wohnzimmer zurück, setzte sich auf den Teppich, um am Couchtisch weiter zu übersetzen.

Mitten in der Nacht war Joachim durstig und er kam herunter, um Wasser zu trinken. Er runzelte leicht die Stirn, als er sah, dass Caroline immer noch an der Übersetzung arbeitete.

Aber er sagte nichts. Als Caroline ihn sah, ergriff sie auch nicht die Initiative, um Hallo zu sagen.

Joachim gewöhnte sich schon immer daran, dass kein Fremder im Haus war. Daher hob er einfach das Glas Wasser auf dem Tisch auf, als er es sah. Er trank das Wasser, ohne sich Gedanken darüber gemacht zu haben.

„Äh…“

Caroline wollte ihm sagen, dass sie dieses Glas gerade benutzt hatte. Aber da hatte Joachim es auch schon benutzt. Sie wusste nun nicht, wie sie den Rest ihrer Worte sagen soll.

Joachim warf ihr kurz einen Blick zu und schien zu verstehen, warum sie zögerte zu sprechen. Sein Blick war für ein paar Sekunden auf ihr Gesicht gerichtet, dann senkte er den Kopf. Unter dem weiß leuchtenden Licht bemerkte er, dass am Rande des Glases ein halb überlappender Lippenabdruck zu erkennen war.

Die Hälfte davon war von ihm, wo er gerade Wasser getrunken hatte.

Es war offensichtlich, dass die Stelle, an der sein Mund gerade das Glas berührte, von jemandem anderen auch schon benutzt wurde. Angesichts von Carolines Reaktion konnte er feststellen, dass es definitiv sie war.

Caroline senkte den Kopf und tat so, als ob sie nichts gesehen hätte und nichts passiert wäre.

Es war nur so, dass ihr Gesicht unerklärlicherweise ein wenig heiß geworden war.

Sie kannten sich nicht so gut. Es war also viel zu intim, dass sie ein Glas teilten.

Obwohl er gerade nicht absichtlich war, war es Caroline trotzdem etwas peinlich.

Joachim bewegte seine Lippen und seine Zungenspitze strich über die Unterlippe. Er wusste selber nicht, woran er dachte, also trank einfach den Rest aus.

Er stellte das leere Glas ab, ging hinüber und sah auf die Uhr. Es war schon eins geworden. „Immer noch nicht ins Bett?“

Carolines Kopf blieb gesenkt und sie wagte es nicht, den Kopf zu heben. „Ich bin noch nicht müde.“

Joachim starrte sie kurz schweigend an, bevor er nach oben ging.

Als er zur Treppe ging, fielen ihm plötzlich Carolines Worte ein, dass sie sich bei der Firma beworben hatte, aber nicht angenommen wurde. Er fand es seltsam und kehrte somit ins Zimmer zurück, nahm sein Handy raus und rief Max an.

Nachts schlief Max gerade ziemlich fest, wurde aber jetzt vom Telefon geweckt. Er war daher sehr schlecht gelaunt und griff vor Wut nach seinem Handy auf dem Nachttisch. Er war schon bereit, denjenigen zu schimpfen, der ihn angerufen hatte. Aber als er den Namen auf dem Handy deutlich sehen konnte, wagte er es gar nicht mehr. Er rieb sich sofort die Augen und antwortete: „Herr Joachim.“

„Geh mal in der Personalabteilung nach, warum sie die Übersetzerkandidatin nicht angenommen haben.“

„Hä?“ Kaum verstand Max, was los war, da hatte der Gesprächspartner bereits aufgelegt.

Er schaute auf sein Handy und fragte sich, ob er wegen so einer Kleinigkeit mitten in der Nacht angerufen wurde.

Max war so wütend, dass sein Gesicht fast verformt war.

Wollte Joachim ihn nicht absichtlich beim Einschlafen stören?

Er beschwerte sich aber nur bei sich selbst, wagte es nicht zu vernachlässigen.

Am nächsten Tag fand Lynn, nachdem sie aufgestanden war, dass Caroline gestern am Couchtisch eingeschlafen war. Die Dokumente, die vor ihr lagen, konnte Lynn zwar gar nicht lesen, aber sie wusste, dass diese wahrscheinlich mit Carolines Arbeit zu tun hatten. Also machte sie sich heimlich Sorgen, „Man musste ja nicht so fleißig arbeiten, dass man sogar nicht schlafen geht.“

Obwohl sie Carolines Verhalten nicht verstand, ging Lynn trotzdem ins Zimmer, um eine Decke zu holen und sie zuzudecken.

In diesem Moment kam Joachim herunter und sah, wie Lynn Caroline bedeckte. Er kniff die Augen zusammen, dabei vertieften sich die feinen Linien in den Augenwinkeln und er wirkte reifer und eleganter.

Er ging hinüber und bückte sich, um die Dokumente zu holen. Die 22-seitigen Dokumente hatte sie fertig übersetzt und per Hand aufgeschrieben.

Er schätzte, als sie mit der Arbeit fertig gewesen war, sollte es schon fast Morgen geworden sein. Das heißt, diese Frau hatte die ganze Nacht nicht geschlafen?

Joachim musste sie nun etwas länger anstarren.

Lynn seufzte. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte.

Dann drehte sie sich um und ging in die Küche, um das Frühstück zuzubereiten.

Als Caroline aufwachte, war Joachim schon beim Frühstück. Sie rieb sich die Augen und stützte ihre Hände auf den Tisch. Sie wollte aufstehen, aber ihre Beine waren eingeschlafen.

Sie musste sich eine Weile ausruhen, bevor sie gehen konnte.

Sie ging ins Badezimmer, um sich zu waschen. Dabei duschte sie sich, um sich zu erfrischen.

Caroline zog sich an und ging heraus. Dann legte sie Joachim die übersetzten Dokumente vor: „Ich habe sie fertig übersetzt.“

Sie setzte sich zum Essen, dachte einen Moment nach und sagte: „Wenn es dir passt, gib mir das Geld.“

Caroline hatte Angst, dass er es vergessen würde.

Joachim stellte die Kaffeetasse ab und sah sie kurz an. „Ich nehme normalerweise kein Bargeld mit. Geh später in die Firma.“

Danach stand er auf.

Caroline trank einen Schluck Milch und machte sich keine Sorgen. Immerhin wollte sie nur, dass er ihr das Geld noch geben würde.

Caroline hatte die Übersetzung so schnell fertig gemacht, weil sie ihre Arbeit heute nicht beeinträchtigen wollte.

Nicht lange, nachdem Joachim ausgegangen war, ging auch Caroline aus.

Das Personal im Restaurant trug eine einheitliche Kleidung. Caroline zog ein weißes Hemd und eine schwarze Weste an und band eine Schleife am Ausschnitt. Am Unterkörper trug sie einen engen Rock, so wurden ihre geraden und schlanken Beine gezeigt.

Lotti saß am Fenster und war besonders gut gelaunt, denn heute hatte Joachim sie zum Essen eingeladen.

Zwar hatte Joachim die Beziehung zwischen ihnen schon zugegeben und hatte versprochen, dass er sie heiraten würde, aber er hatte vorher noch nie aktiv ein Treff bei ihr gefordert. Es war fast immer sie gewesen, die die Initiative ergriffen hatte.

„Joachim…“

„Ich habe gehört, dass Caroline sich um eine Stelle als Übersetzerin beworben hat. Aber du hast sie nicht angenommen?“ Als Joachim morgens in die Firma angekommen war, hatte Max ihm darüber erzählt.

Es war Lottis Entscheidung, dass Caroline diese Stelle nicht bekommen konnte.

Lottis Hände verkrampften sich plötzlich, woher wusste er das?

Joachim lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Das warme Sonnenlicht vor dem Fenster fiel auf ihn. Er stützte lässig seinen Kiefer, dabei waren seine Augenblicke tief und fragend.

Diese gutherzige Frau hatte ihn in der Kindheit gerettet und war noch damals sein Gegenmittel geworden. Aber in diesem Moment verstand er sie nicht mehr.

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