Ein K
Ein K ( Tag 1 Montag Vormittag )
Ich betrete den schmalen Trampelpfad welcher durchs Camp zu führen scheint und gehe langsamen Schrittes unten den vielen hohen Bäumen her. Links stehen vereinzelte kleine Hütten und rechts ein etwas größeres Gebäude, vor mir in der Ferne liegt ein größerer Platz mit Bänken.
Ich frage mich wo ich nun das besagte Zimmer B6 finden soll, denn wenn ich den Weg so entlang schaue, gibt es hier nicht gerade wenige Gebäude. Plötzlich stürmen zwei Mädchen auf mich zu.
Mädchen #1: "Bist du K? Bist du K, sag schon bist du K?"
Das eine Mädchen ist etwas kleiner, hat blonde lange Haare, eine hohe Stimme und trägt ein rosanes Top mit Spaghettiträgern und eine weit hoch gekrempelte hellen Jeanshose. Beides sicher so knapp, dass es den Regeln nach noch gerade so erlaubt ist. Sie ist zugegeben recht niedlich und scheint so aufgelöst zu sein, dass es mich mittlerweile am Ärmel gepackt hat, um eine Antwort zu bekommen.
Ich: "Wer oder was ist K?"
Niedliches Mädchen: "Ein K halt. Bist du ein K?"
Ich: "Äh, keine Ahnung, merkt man das?"
Mädchen #2: "Bist du freiwillig hier?"
Das zweite Mädchen ist fast genau so groß wie ich, hat schwarze kurze Haare ist von äußerst stabiler Natur und trägt mit einem blauen Tanktop und einer nicht zuengen Latzhose etwas weniger freizügige Kleidung und scheint nicht weniger aufgeregt zu sein.
Ich: "Ja, ich bin freiwillig hier."
Mittlerweile beschleicht mich nicht nur das Gefühl, dass es genau die zwei Mädchen von vorhin sind, die auch ihre Nasen gegen die Scheiben gepresst haben, sondern auch, dass diese hier einen fiesen Spaß mit mir treiben. Denn attraktive Mädchen reden in den Regel nur mit mir, wenn es darum geht mich irgendwie zu verarschen.
Dazu erinnere ich mich an die erwähnten merkwürdigen Begrüßungen. Also reiße ich mich quasi los, was nicht besonders schwer ist, da das süße Mädchen mittlerweile so gut wie los gelassen hatte und wende mich wieder dem Camp zu. Während die beiden Mädchen weiter aufgeregt diskutieren.
Stabiles Mädchen: "Also kein K."
Süßes Mädchen: "Aber aber Tanja war auch freiwillig hier und die war K, die war immer K."
Stabiles Mädchen: "Stimmt."
Süßes Mädchen: "Warum bist du hier?"
Ich: "Kopfschmerzen und so weiter."
Stabiles Mädchen: "Hier? Wegen Kopfschmerzen? Sicher."
Süßes Mädchen: "Ahh .. er ist ein K er ist ein K."
Ich: "Ich bin kein K oder äh .. keine Ahnung? Warum ist das so wichtig? Und was ist ein K überhaupt. Ich würde euch ja echt gerne Helfen."
Süßes Mädchen: "Ich dreh durch wir werden G0, wir werden G0 ahhh .."
Schreit das süße Mädchen immer lauter. Auf einmal kommt ein drittes Mädchen von dem großen Platz her, ein Buch, mit einem Finger zwischen den Seiten, in der Hand und mit einem Ausdruck, als hätte man sie gerade bei etwas wichtigem Unterbrochen.
Mädchen #3: "Leute Leute bitte, der Arme ist neu und weiß doch gar nicht von was ihr redet."
Süßes Mädchen: "Neu? Du musst es ja wissen."
Mädchen #3: "Wie wäre es mit .. sein Logbuch hat nur 10 Seiten?"
Das dritte Mädchen macht einen entnervten und und komplett desinteressierten Eindruck.
Mädchen #3: "Also, wer hat dich hier her geschickt?"
Ich: "Meine Kinderärztin."
Mädchen #3: "Ich sehe .. du hattest Zeit zu packen?"
Das Mädchen guckt auf meinen Koffer, die anderen Beiden stehen gespannt abwechselt mich und das dritte Mädchen an.
Ich: "Äh .. ja .. einen Tag in etwa."
Mädchen #3: "Willst du hier weg?"
Das Mädchen stellt die Fragen so schnell hinter einander, dass ich kaum dazu komme länger zu überlegen, also antworte ich einfach spontan. Sie scheint zwar direkt aber nicht bösartig zu sein. Und sowie es scheint geht es hier wirklich um die Klärung einer wichtigen Sache.
Mädchen #3: "Ob du hier wieder weg willst?"
Ich: "Ne ich bin doch gerade erste angekommen?"
Mädchen #3: "Bingo kein K."
Das Mädchen erhebt im Triumph ihre Nase und schließt für einen kurzen Moment die Augen. Bei ihr handelt es sich, im Vergleich zu den anderen Beiden, um eine eher ungewöhnliche Erscheinung. Sie ist fast genau so groß wie ich und damit extrem groß für ein Mädchen, sie muss wohl schon weit über 18 sein. Sie hat welliges schwarzes schulterlanges Haar, fast komplett schwarze Augen, ist von der Natur sehr gut ausgestattet und trägt eine sehr merkwürdige Kombination aus einer recht edlen weißen Blute mit Rüschen und eine zu große Jeans für Männer. Dazu eine extrem große Uhr und einen Satz brauner Wanderstiefel.
Ungewöhnliches Mädchen: "Seht ihr Leute, ihr müsste einfach nur die richtigen Fragen stellen.
Erklärt das Mädchen in leicht herablassenden belehrendem Ton.
Ungewöhnliches Mädchen: Ich bin dann mal wieder, die beiden hier zeigen dir .."
Das Mädchen will sich gerade umdrehen, erkennt aber beim öffnen der Augen, dass sich die anderen Beiden bereits aus dem Staub gemacht haben.
Ungewöhnliches Mädchen: "Euer Ernst?"
Leicht verärgert stemmt das ungewöhnliche Mädchen ihre Hände in die Hüften und wendet sich mir zu.
Ungewöhnliches Mädchen: "Also, die Formalitäten Eileen .."
Ihren Vornamen und alles andere spricht sie übertreiben laut und deutlich aus, ihren Nachnamen vernuschelt sie hingegen.
Ich: "Daniel sehr erfreut."
Ich strecke die Hand aus.
Eileen: "Noch ein Daniel, na Klasse jetzt haben wir schon drei von euch."
Eileen: "Ich würde dir natürlich auch gerne die Hand geben aber ich darf nicht .. Gründe."
Eileen: "Da sonst keiner da ist, muss ich dir wohl alles nötigste erklären. Wo ist dein Zimmer?"
Ich: "B6"
Eileen: "Gut, der Weg da lang bis zum Ende, der .. das graue Gebäude. Darein, die Nummern stehen dann an den Türen. Rest müssten die dir gesagt haben."
Ich: "Bett machen und dann zum Ausflug."
Eileen: "Ja, falls dann noch was ist frag nicht mich, frag jemand anders. Außer derjenige hat keine Ahnung, dann frag doch besser mich. "
Gibt Eileen genervt von sich. Ich schätze, sie kann mich nicht leiden. Nun hier im Camp scheint also doch alles normal zu sein, naja so bin ich das gewöhnt. Ich hätte vorhin fast gedacht ich wäre in einer Art Traum oder so was.
Eileen: "Am besten du fragst Katrin alles, die kennt sich hier fest am besten aus."
Ruft mir Eileen noch nach. Da ich aber keine Lust habe, jetzt hier wen zu suchen, schlage ich besser die mir genannte Richtung ein, überlege aber komme zu dem Schluss, dass es eher unwahrscheinlich ist, dass das direkte Mädchen mich in die falsche Richtung geschickt hat.
Ich komme an einem großen freien Platz vorbei, auf welchem sich einige campingartige Bank-Tisch Kombinationen aus verwittertem Holz befinden. In der Mitte ist ein kleiner Hügel auf welchem sich noch einmal eine etwas größere Bank befindet.
Auf der Rechten Seite befindet sich eine Art Blockhütte mit Scheiben zu allen Richtungen hin, von welcher aus man sicher das komplette innere Camp gut überblicken kann. Ich setzt zügig meinen Weg fort und komme zu einem sehr großen grauen Gebäude.
Das kann doch nicht .. dass ist ein verdammter Luftschutzbunker! Was macht ein Luftschutzbunker in einem Ferienlager? Nun gut ich nähere mich dem komischen Ding, die schwere Türe steht glücklicherweise offen.
Ich trete vorsichtig hinein und sehe auf der linken Seite, einen kleinen Vorraum mit doch sehr mitgenommenen Sofas und ein paar Sesseln sowie einem Teppich. Da ich mich gar nicht weiter aufhalten will und mich schon gar nicht fragen will, warum man ein kleines Wohnzimmer hier in einem Bunker platziert hat, setzt ich meinen Weg fort auf der Suche nach einer Beschrifteten Tür.
Auf der rechten Seite werde ich fündig und lesen die Aufschrift BB auf einer Türe, nicht mein Raum, also weiter. Als mein Blick in die Mitte wandert sehe ich einen recht langen Tisch mit den dazu gehörigen Stühlen. Muss wohl eine art Essraum sein.
Da endlich hinter den Stühlen sind noch einmal Türen mit Nummer B2, B4 und B6. Ja woll gefunden, mein Orientierungsvermögen scheint diesmal nicht wie sonst versagt zu haben. Etwas unbehäbig quetsche ich mich an den Stühlen vorbei, denn zwischen diesen und der Wand ist nicht gerade wenig Platz.
Ich klopfe schnell an die Tür mit der Aufschrift B6 und öffne die Türe. Dahinter liegt ein recht geräumiges Zimmer mit einem Einzelbett auf der linken und einem Hochbett auf der rechten Seite. Auf dem Hochbett liegt ein Junge, der verträumt zu mir runter guckt.
Ich: "Hallo, ich schätze ich bin jetzt dein neuer Zimmernachbar."
Verträumter Junge: "Aha .. Hallo."
Ich: "Daniel." Stelle ich mich vor und reiche die Hand nach oben.
Verträumter Junge: "Ah .. Ich auch."
Ich: "Wie? Äh .."
Verträumter Junge: "Ich heiße auch Daniel."
Ich: "Ah, freut mich dich kennen zu lernen. Ich nehme das Bett hier, wenn das ok ist."
Ich setzt mich auf das Einzelbett und beginne so schnell wie möglich Bettlaken, Bettdecke und Kissenbezug aus meinem Koffer zu fummeln.
Daniel: "Ok, kein Problem."
Ich bin mir nicht sicher, was mit meinem Namensvetter los ist aber er scheint nicht sehr viel mitzubekommen. Während ich mein Bett beziehe fällt mir auf, dass er über seinem Hochbett ein paar Bilder gehängt hat, die mit Wachsmalstiften gemalt sind. Um das peinliche schweigen zu beenden frage ich.
"hast du die gemalt?"
Daniel: "Nein mein Vater?"
Ok, was zum Teufel? Aber egal ich bin eh fast fertig.
Ich: "Weißt du was ein K ist?"
Daniel: "Eh, nee."
Ich: "So, ich muss dann auch wieder. Ist ja heute Ausflug oder so."
Daniel: "Ja, aber ich muss nicht mit."
Ich schiebe meinen Koffer unters Bett, hänge meine Jacke in den Schrank, sehe dass in die innere hölzerne Schranktür "Willkommen in der Hölle!" sowie "Freut euch, wenn ihr hier raus seit!" geschrieben steht, denke mir aber nichts dabei und verlasse den Bunker wieder mit einiger Eile.
Am großen Platz angekommen sehe ich Eileen wieder, die konzentriert ein Buch ließt. Nun da ich gerade nicht weiß, wo oder wann der Ausflug den losgehen soll und kein anderen da ist, den ich fragen könnte, wird es wohl erlaubt sein sie zu stören.
Eileen: "Schon fertig?"
Unterbricht sie meine Gedanken von weitem, ich komme auf sie zu und antworte.
"Ja"
Eileen: "Das komplette Bett? Bezogen, gemacht und gestrichen?"
Sagt sie tonlos ohne von ihrem Buch aufzusehen, als wäre ich viel zu schnell wieder da, um diese schwierige Aufgabe erledigt haben zu können.
Ich: "Ja."
Eileen: "Wirklich? Nun, es ist noch etwas Zeit bis der Ausflug losgeht. Die Anderen müsste alle nach und nach hier eintreffen. Au, du hast dein Logbuch dabei? Ein kleiner Tipp von mir .."
Beim letzten Satz legt sie einen Finger in das Buch, steht auf und verschränkt die Arme vor oder besser unter ihrer Brust. Ich sehe auf den kleinen Stapel gehefteter DIN A4 Blätter, die man hier wohl das Logbuch bezeichnet.
Eileen: "Knick das Ding nicht nur einmal in der Mitte durch, so wie es auf Seite 1 vorgeschlagen wird, sondern zweimal Mal, dann passt es in die hintere Hosentasche und du kannst es immer mit dir rumschleppen. Damit .."
Ich: "Aber ist das nicht verboten, man darf das Logbuch doch nicht beschädigen oder?"
Eileen: "Wenn ich dir schon einen Gefallen tue, dann unterbricht mich wenigstens nicht."
Antwortet Eileen leicht gereizt, was aber schnell wieder verfliegt, denn scheinbar genießt sie es, mir es zu erklären. Ob sie sich dabei über meine Ahnungslosigkeit lustig macht ist nicht unwahrscheinlich.
Eileen: "Damit es dir niemand klaut, besorgst du dir am besten eine Dokumentenklammer."
Eileen: "Und ja, es ist nicht erlaubt und ein Stufe 1 Verstoß. Du bekommt dafür Abzug auf deinen Ausgang aber da dein Ausgang wahrscheinlich 0 ist, kann der eh nicht schlechter werden."
"Naa, theoretisch schon."
Hinter mir ist ein weiteres Mädchen aufgetaucht, das ich gar nicht habe kommen hören. Es ist kleiner als ich, hat lange wellige schwarze Haare und ebenfalls braune Augen. Es ist recht dünn und zugegeben sehr sehr niedlich. Es trägt einen schwarzen engen Kapuzen Pully, eine schwarze Hose und eine Kette mit einem Katzenpfote.
Niedliches Mädchen: "Du kannst von 0 auf KIR und oder FX kommen."
Eileen: "Das sind aber keine Ausgangsstufen, das sind .."
Niedlichen Mädchen: "Sicher sind das Ausgangsstufen, wenn du die hast kannst du nicht mehr so gut ausgehen."
Sagt das niedliche Mädchen in trotzigem aber nicht wirklich ernstem Ton. Leider versteh ich gar nichts von dem, was sie da sagen.
Ich: "Uns was bedeutet das alles?"
Niedliches Mädchen: "Au, wie unhöflich von mir ich bin Katrin."
Obwohl sie mit ihrer hohen hellen Stimme in normalem Tempo spricht, haut sie ihren Namen so schnell raus, dass sie das i verschluckt. Ich schätze, sie besteht auf diese ungewöhnliche Aussprache ihres Namens.
Ich: "Daniel, freut mich."
Katrin: "Au, dass is schlecht wir haben schon 2 andere. Hast du einen Zweitnamen?"
Eileen grinst und zweigt drei Finger mit ihrer Hand, als würde sie Daniels zählen.
Ich: "Ja Helmut."
Katrin: "Oh, neee .. äh .. Danny. Danny ist gut oder?"
Ich: "Geht klar."
Katrin: "Also, KIR ist der Krisen Interventions Raum und FX ne Zwangsfixierung."
Ich: "Was?"
Eileen: "Unsinn, das sind Spezialmaßnahmen, wenn jemand hier wirklich mal total Rad dreht. Die sind seit Ewigkeiten nicht mehr zum Einsatz gekommen. Als würden die jemanden auf einem Bett festbinden, weil er sein Logbuch einmal zu viel Knickt."
Katrin: "Aber es wäre Witzig."
Bei der Vorstellung muss ich leicht grinsen.
[0]Logbuch einmal Knicken.
[x]Logbuch zweimal Knicken.
Da ich solche Maßnahmen selber für eher Unwahrscheinlich halte, beginne damit mein Logbuch einmal wie vor geschrieben und noch einmal wie von Eileen vorgeschlagen zu knicken.