Was läuft hier?
Eilig hetzte Steffi zu Gustaf, der gerade damit fertig war sein zweites belegtes Brötchen zu verdrücken.
„Gustaf!". Japsend erreichte sie ihn.
„Äh-ist was?", wunderte sich der Alte und wischte sich die Krümel mit dem Handrücken von seinem Mund.
„Mit Jochen stimmt was nicht!"
Verwirrt zog Gustaf eine Augenbraue hoch und schaute sich um.
„Er hat an der Schulter so was komisches. Es ist hart und Grau. Irgendwie wie eine Schuppe", erklärte Steffi aufgeregt. Gustaf starrte ihr in die Augen. Steffi erwiderte den Blick. Aber irgendwas war komisch. Ein feuchter Glanz lag in den trüben Augen des Reiseleiters. Aber bevor Steffi fragen konnte, brach Gustaf in Gelächter aus. Irritiert schaute sich Steffi um, um eine Ursache für den Lachanfall zu finden.
„Netter Scherz!", lachte Gustaf.
„Das ist kein Scherz!", protestierte Steffi. Aber Gustaf wollte ihr keine Beachtung mehr schenken.
„Wir gehen weiter!", brüllte er und schnappte sich seinen Stab. Vorher hatte er so alt und gebrechlich gewirkt. Aber auf Steffi wirkte Gustaf plötzlich irgendwie anders. Viel sicherer und auch irgendwie kräftiger. Nicht körperlich, aber er schien mit einem Mal viel mehr Selbstvertrauen zu haben.
„Aber ...", versuchte Steffi dem Reiseleiter die Dringlichkeit der Situation klar zu machen. Aber sie wurde wieder ignoriert. Fassungslos blieb sie stehen und schaute Gandalf hinterher.
„Hey, ich hab alles geregelt!" Wilhelm tauchte plötzlich hinter Steffi auf. Erschrocken drehte sie sich um und starrte ihrem Mann erschrocken in die Augen.
„Alles okay Baby?"
„Ja ... Nein ... . Ich weiß nicht", stotterte sie.
„Was ist denn?", hakte Wilhelm nach.
„Komm, ich zeig es dir", murmelte Steffi, ergriff die Hand ihres Mannes und führte ihn zu Jochen, der ihnen schon entgegen kam.
„Hast du ihm nicht Bescheid gegeben?", fragte dieser direkt während er sich die komische Schulter rieb.
„Doch, aber es kümmert ihn nicht!", verteidigte sich Steffi sofort.
Jochen nickte langsam und verzog das Gesicht. Wilhelm schien von dem ganzen alles andere als begeistert.
„Sag mal Steffi ..."
„Warte kurz Schatz ... . Jochen, zeig nochmal deine Schulter!"
„Wie bitte!?", hakte Wilhelm entrüstet und leicht gekränkt nach. Jochen hingegen schob seufzend seinen Ärmel hoch.
„Ach du Sch... . Was ist das", keuchte Wilhelm schockiert, als er die Platte auf Jochens Schulter entdeckte.
„Das Problem!", antwortete Steffi und musterte Jochens Schulter nachdenklich.
„Also es fühlt sich ein wenig... eigenartig an, wenn ihr mich so anstarrt!", beschwerte sich Jochen.
„Ja, sorry, ...aber... ist die größer geworden?", wollte Steffi wissen.
„Sag mal Liebling, und diesem Gandalf ist das egal?", fragte Wilhelm besorgt. Steffi nickte.
„Aber was, wenn das irgendeine Bergkrankheit ist und am besten noch ansteckend!?"
„Hoffentlich nicht?", hauchte Steffi.
„Also ich hab noch nie was von so einer Krankheit gehört", mischte sich Jochen wieder ein und lies den Ärmel seines T-Shirts wieder über die raue Stelle gleiten.
„Kommt ihr?", forderte Hildegard die drei auf mit ihr zusammen der Gruppe zu folgen. Zögerlich setzten sie sich in Bewegung. Steffi war es nicht mehr wohl dabei diesem Reiseleiter zu folgen. Wenigstens hatte sie jetzt Wilhelm an ihrer Seite. Ohne Vorwarnung ergriff sie seine Hand und drückte sie ganz fest. Wilhelm bemerkte die Anspannung, die sich in Steffi breit gemacht hatte, und strich ihr zärtlich die Haare aus der Stirn, obwohl dort keine waren.
„Eine Nacht, und dann können wir zurück nach Hause!", versprach er.
„Hoffentlich!", murmelte Steffi unruhig.
Diesen Ausflug hatte sie sich nicht nur anders vorgestellt, sondern auch noch komplett anders geplant. Sie wollte am liebsten nie in diesem Radio-Gewinnspiel mitgemacht haben. Aber jetzt war alles zu spät. Ob es sich noch lohnen würde umzudrehen, oder ob das ohne Führer nicht auch zu gefährlich war ... Steffi fühlte sich gezwungen einfach mit zu gehen und alles so schnell wie möglich hinter sich zu bringen.