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Erste Nacht

Der Weg ging nach oben. Steffi, Wilhelm, Jochen und Hildegard bildeten das Schlusslicht. Hildegard liefen die Schweißperlend über die Stirn und sie schnaufte angestrengt. Außerdem hatte sich ihr Tanzes Gesicht in eine gekochte Tomate verwandelt. Jochen war still geworden und sagte kein Wort mehr. Auch Steffi war nicht wirklich zum reden zumute. Sie drückte sich lieber an die starken Arme ihres Mannes. Auch Wilhelm sagte nichts. Er beschwerte sich auch nicht darüber, dass Tobi nun mit Oliver und Elvira redete, die ein paar Meter vor ihnen liefen. Aber dass in der Nachzüglergruppe so gut wie niemand reden wollte, stellte kein Problem dar. Den Part übernahm Hildegard ganz alleine :

„... und diese Pflanze hier, ist besonders gut geeignet, wenn man erkältet ist!" Sie rupfte eine Blüte aus der Wiese. „Man muss sie nur trocknen und dann einen Tee daraus kochen!" Dann lies Hildegard die Blüte zurück in die Wiese fallen.

„Und das ...", als Nächstes rupfte sie ein längliches Blatt aus. „... ist das perfekte, natürliche Heilmittel gegen Mückenstiche. Dazu muss man nur den Saft ausdrücken und auf die juckende Stelle reiben!"

„Egal welche juckende Stelle?", hakte Jochen nach.

„Ja, gegen die nicht all zu starken schon. Das ist übrigens Spitzwegerich. Und essen kann man es auch!". Demonstrativ schob sie sich das Blatt in dem Mund und fing an darauf herum zu kauen.

„Seht ihr?" . Sie wischte sich mit ihrem Schweißband über die Stirn und die Schläfen. „Heiß heute, nicht wahr?"

Steffis Blick wanderte hilfesuchend zu ihrem Mann, aber der war gerade damit beschäftigt genervt die Augen zu verdrehen.

„Alles klar bei euch? Ihr hängt gerade so zurück", meinte Oliver, der sich zusammen mit Elvira nun auch dieser Gruppe anschloss.

„Ach wie schön, ich habe diese Leute hier gerade darüber in Kenntnis gesetzt, was für verschiedene Anwendungsmöglichkeiten einige dieser Pflanzen hier haben. Soll ich es wiederholen?", wollte Hildegard von den jungen Leuten wissen.

„Äh danke nein", lehnte Elvira möglichst höflich ab.

„Aber es ist wirklich wissenswert. Also das hier ...". Hildegard hielt ein weiteres Blatt Spitzwegerich in der Hand. „... ist Spitzwegerich. Diese Pflanze lindert Juckreiz und man kann sie essen!"

„Danke, aber ich bin damit bestens vertraut!", erklärte Oliver mit leicht drängender Stimme, klang aber trotzdem noch freundlich. Er schaffte es sogar noch nett zu lächeln.

„Oh, Sie sind Botaniker?", hakte Hildegard interessiert nach. „Dann können wir ja unser Wissen über die verschiedenen Pflanzen in den Ländern austauschen!"

„Naja, nicht wirklich. Ich bin Geologe", korrigierte Oliver. Das brachte Hildegard kurz zum nachdenklichen Schweigen. Steffi genoss den Augenblick der Stille, in der Hildegard endlich mal die Klappe hielt. Aber irgendwie war es zu still. Viel zu still. Sie hörte keine Insekten, Vögel oder andere Tiere. Nichtmal der Wind rauschte hier. Es war absolut totenstill.

„Dann kennen Sie sich bestens mit Steinen aus. Ist das denn so interessant?", wunderte sich Hildegard nach einer Weile.

„Oh Ja!", bestätigte Oliver.

„Besonders die Steine hier!", mischte sich nun auch Elvira wieder in das Gespräch mit ein.

„Ach wirklich?" Hildegard klang nicht sonderlich überzeugt.

„Ja. Ich hab mir vorhin ein paar dieser Steine genauer angeschaut, die hier überall herum stehen", erklärte Elvira. „Und es ist echt faszinierend. Diese Art von Gesteinsformation ist absolut untypisch. Das Olli auch bestätigt."

„Hmhm", bestätigte Oliver nachdenklich.

„Ey, beeilt euch mal!", brüllte Tobi von vorne. „Ich kann die Hütte sehn!"

Einen Moment später fand sich die Gruppe auf dem Gipfel des Berges wieder. Bisher war der Weg noch relativ flach und eben gewesen. Aber nun führte ein gekiester Pfad in ein Tal hinab. Unten stand eine Hütte, die nicht viel größer als ein Spielzeug wirkte. Hinter den Gipfeln auf der anderen Seite färbte sich der Himmel langsam orange und Schatten legten sich über das Tal.

In der Ferne konnte die Gruppe schon den Rauch von dem Feuer sehen, das gerade im Grill geschürt wurde.

Es dauerte trotzdem noch eine halbe Stunde bis die Gruppe es geschafft hatte in das Tal hinab zu steigen. Sie hatten nicht nur mit dem steilen Pfad zu kämpfen gehabt, sondern auch noch mit den blendenden Strahlen der untergehenden Sonne. Der Himmel färbte sich von orange zu rosa uns schließlich zu rot-orange.

Inzwischen war das gesamte Tal in Schatten getaucht das Licht der Sonne war nur noch als schmaler, rötlicher Streifen hinter den Gipfeln zu sehen. Die Sterne fingen an vereinzelt am Himmel zu erstrahlen.

Die Angestellten des abgelegenen Hotels waren allesamt sehr dürr und alt. Ähnlich wie Gustaf. Nur dass manche von ihnen noch schlimmer aussahen. Die Haut hing schlaff von den Knochen, von denen man beinahe jeder einzeln zu sehen war. Als würden sie hier verhungern.

Trotzdem nahmen die drei alten Männer und diene alte Frau die Gruppe freundlich in Empfang und zeigte ihnen alles.

Für jeden Reiseteilnehmer stand ein Zimmer mit kleinem Bad zur Verfügung. Nachdem sich alle frisch gemacht hatten, ging die Gruppe wieder nach draußen zum Grillen. Steffi hörte ihre Schritte an ihrem Zimmer vorbei gehen. Aber ihr selber war nicht danach. Sie hatte keinen Appetit und war auch schon ziemlich müde.

Das. Etat schrie förmlich nach ihr. Ohne Länge zu grübeln was sie machen sollte, wär sich Steffi ins Bett, als Wilhelm aus dem Badezimmer kam. Alle Eheleute teilten sich ein Zimmer.

„Willst du nicht mit raus?", wollte er verwundert wissen. Steffi schüttelte den Kopf.

„Ich bin K.O. . Ich brach etwas Zeit für mich!"

„Na schön. Soll ich dir dann was zum Essen mitbringen?"

„Nein. Passt schon, danke."

„Okay, dann bis später."

„Ja, bis nachher!"

Wilhelm verlies das Zimmer und überließ Steffi sich selbst. Steffi atmete tief durch. Dann ergriff sie ihren Zopf, löste das Band und fing an ihre Haare zu entwirren. Ohne damit aufzuhören stand sie wieder auf und ging zurück ins Bad. Sie schnappte sich ihre Haarbürste und kämmte sorgfältig ihre langen, hellen, blonden Haare. Sie kämmte ihre Haare glatt, und dann ging sie zurück ins Bett.

Steffi kuschelte sich unter die dünne Decke und schlief sofort ein, ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, was bisher passiert war.

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