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Vielleicht ist es Schicksal

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Lia Clare
26
Kapitel
636
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9.0
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Zusammenfassung

Eigentlich durfte das alles nicht passieren. Sie durften nicht zusammen kommen. Er war in einer erfolgreichen Band, sie war einfach nur ein Fan. Doch das Schicksal brachte sie zusammen. Hoffnung und Angst waren ihre größten Begleiter. Konnte es überhaupt funktionieren? Oder war es von Anfang an zum scheitern verurteilt?

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Kapitel 1 - Die Freundschaftsanfrage

Eigentlich war alles die Schuld ihrer Schwester.

Das war zumindest das, was Katy sich immer eingeredet hatte. Doch im Endeffekt konnte sie ihrer großen Schwester Lia und ihrer besten Freundin Sara dankbar sein.

Denn es waren die beiden, die eines Tages mit der Band IDOLS anfingen. Katy hatte Lia und Sara anfangs noch dafür belächelt, dass die zwei nun wirklich in ihrem alter nochmal anfingen, eine Boy Band zu mögen.

Katys Meinung nach waren die beiden nicht mehr in dem alter, um sich für eine Boy Band zu interessieren. Sie waren ja immerhin schon 28 und 27 Jahre alt.

Katy hatte sich fest vorgenommen, damit nicht anzufangen. Das Problem war nur, das ihr gerade mal zwei Jahre alter Sohn Julien auf einmal auch anfing, die Musik der sieben Jungs von morgens bis abends, rauf und runter zuhören.

Es waren sieben Jungs, die in der Band namens IDOLS waren. Die Mitglieder waren Flynn, Milo, Tyler, Derek, Brian, Chris und Eric, alle zwischen 26 und 31 Jahren alt. Katy hatte sich dann irgendwann doch mitreißen lassen und angefangen, ab und an eins der Lieder zu hören. Eigentlich war ihr Plan, nur die Namen der sieben Jungs zu lernen. Sie wollte endlich wissen, um wen es sich die ganze Zeit handelt, wenn über die Jungs gesprochen wird.

Doch das war ein riesen großer Fehler! Immerhin hatten die beiden Katy noch gewarnt, dass es nihct nur bei den Namen der Jungs blieben würde.

Die Lieder waren einfach zu gut, das musste sich auch die Jüngste irgendwann eingestehen. Die Lieder waren rhythmisch und auch die Texte befassten sich nicht immer nur mit dem Thema Liebe. Das war es nämlich, wovon sie am Anfang ausgegangen war. Eigentlich gab es kein Thema, mit dem die Band sich nicht befasst hatte. Träume und Ziele, einseitige Liebe, Depressionen, sich selber zu akzeptieren, aber auch manchmal einfach nur um das Lieblingsgericht von einem der Jungs.

Katy wohnte seit der Trennung von ihrem Ex Freund Kevin mit ihrer großen Schwester Lia, und natürlich ihrem kleinen Julien, in dem Haus, welches sie von ihrem Vater geerbt hatten. Beide Schwestern hatten seit dem Verlust ihres Vaters keinen Kontakt mehr zu ihrer Mutter und ihrem jüngeren Bruder. Auch wenn die Schwestern, so wie auch ihre Mutter und ihr Bruder in einer Kleinstadt in der Nähe von Toronto wohnten, versuchte man, sich so gut es eben geht, aus dem Weg zu gehen. So genau weiß keiner mehr, warum zwischen ihnen kein Kontakt mehr besteht. Von den Schwestern dachte da auch keine mehr weiter darüber nach. Aber es stand für alle Beteiligten fest, da gab es nichts mehr zu retten!

Der Tod ihres geliebten Vaters war nun schon 4 Jahren her. Lia hatte damals das große Haus geerbt und es liebevoll renoviert, sehr zum Missfallen ihrer Mutter, die noch in dem Haus lebte. Katy zog kurz danach mit ihrem damaligen Freund Kevin zusammen. Das war der Auslöser für ihre Mutter und ihrer Schwester, nur noch zu streiten. Es gab keinen Tag mehr, an dem Lia nicht bei Katy anrief, um sich darüber zu beschweren, was an dem Tag schon wieder zuhause ablief. Die Mutter der zwei hatte sich irgendwann dazu entschieden, einige Straßen weiter zu ihrem neuen Lebensgefährten zu ziehen.

Katy besuchte ihre Mutter noch einige Male, doch bis auf Vorwürfe bekam auch sie nichts anderes mehr zu hören. Das war dann auch der Grund für sie, den Kontakt endgültig abzubrechen.

Den kleinen Julien hatte ihre Mutter noch nie zu Gesicht bekommen. Doch die Schwestern hatten sich zusammen mit Kevin darauf geeinigt, dass es so für den kleinen besser ist.

Die letzten Jahre war für keinen der Familienmitglieder leicht. Zuerst mussten sie den Verlust ihres Vaters verarbeiten und dann kam der ganze Stress mit ihrer Mutter hinzu.

Die Arztpraxis, in der Lia arbeitete, musste wegen eines fehlenden Nachfolgers schließen und es war nicht einfach, in der kleinen Stadt einen neuen Job zu finden. Doch sie hatte Glück! Nach einem Monat der Verzweiflung wurde die alte Praxis verkauft und Lia konnte dort wieder in ihrem alten Job arbeiten.

Nicht nur Katy hatte auch nach der ganzen Zeit ihre Trauer kaum in den Griff bekommen. Auch ihre Schwester hatte damit zu kämpfen. Sie wollte sich das Ganze aber nicht anmerken lassen. Sie wollte stark sein.

Damals fand Katy in ihrer Beziehung die Kraft weiterzumachen. Als dann der positive Schwangerschaftstest in ihrer Hand lag, dachte sie, nun könnte sie weiter machen. Sie dachte, nun würde sie ihre eigene kleine Familie gründen. Doch es sollte anders kommen und die Trennung von ihr und Kevin ließ nicht lange auf sich warten.

Katy fand den Trost in den Liedern der Sieben. Ihre Schwester wollte sie damit nicht auch noch belasten, denn Lia hatte den Tod ihres Vaters noch nicht ganz verarbeitet. Auch wenn sie so tat, als würde der Streit mit ihrer Mutter ihr nicht zu Herzen gehen. In einigen wenigen Stunden befasste auch sie sich damit. Weder Lia noch Katy wollten der jeweils anderen mit ihren eigenen Problemen und Gedanken weitere Lasten auftragen.

Auch wenn der Tanzstil von Milo die Jüngste direkt in ihren Bann gezogen hatte, lag ihre Aufmerksamkeit doch eher auf Flynn. Er galt als der ruhigste der Gruppe. Auf den ersten Blick wirkte er kalt,arrogant, launisch und eher als Einzelgänger.

Doch befasste man sich auch nur ein wenig mehr mit der Band, in dem man zum Beispiel ihre Lives anschaute, musste man feststellen, dass Flynn alles andere als kalt und launisch war. Die Band hatte ihre eigene App, auf der sie mit ihren Fans interagieren konnten und auf der alle Neuigkeiten rund um die Band veröffentlicht wurden.

Flynns Familie hatte ihn nie wirklich bei seinem Vorhaben Musiker zu werden unterstützt, aber er hatte sich davon überhaupt nicht unterkriegen lassen. Trotz all seiner Probleme machte er immer weiter und hatte in den sechs anderen Bandmitgliedern eine neue Familie gefunden. In seinen Solo Songs ging es auch überwiegend um diese Themen. Mit Hilfe seiner Lieder schaffte er es, alle Hürden, die er hatte, hinter sich gelassen, zu verarbeiten. Liebeslieder gab es von Flynn eher weniger und wenn, ging es um die Liebe zu seinem Klavier. Das war es, was Katy so ansprach. Sie fühlte sich verstanden, auch wenn sie ihn nicht einmal persönlich kannte.

Aber nicht nur Katy hatte sich in einem der Jungs wieder gefunden. Jeder hatte einen Liebling in der Gruppe. Für Lia war es ganz eindeutig der Sonnenschein der Sieben. Es war Milo. Seine ganze fröhliche Art und vor allem sein einfach wunderschönes und ansteckendes Lächeln hatten es ihr angetan. Sein Lachen war ansteckend und konnte Wunden heilen. Da waren sich alle einig. Für Sara war es Chris. Er war ein etwas ruhigerer Typ, hatte aber ein Perfektes aussehen. Auch sein Lächeln könnte ansteckend sein.

"Kommt Sara gleich?", fragte Lia aus der Küche. Es war bereits mittags und wie immer war es die große Schwester, die in der Küche stand und das Essen für alle zubereitete. Zwar war es nicht so, dass das Katy nicht auch das eine oder andere Gericht mehr als zufrieden stellend zubereiten konnte, aber ihre Schwester hatte es einfach perfektioniert.

Der kleine Julien lief seiner Mama voraus in die Küche und lief direkt in die Arme seiner geliebten Tante. Diese nahm in sofort auf dem Arm und zeigte ihm, was sie gerade Leckeres kochte. Es gab Pasta. Der Kleine liebte dieses Gericht einfach über alles. Katy kam hinterher.

"Das war zumindest ihr Plan. Sie wollte von der Arbeit aus direkt kommen. Die Frage ist natürlich nur, ob der feine Herr Steve wieder etwas dagegen hat. Der ist echt kein Cent besser als Kevin, aber das wird sie niemals einsehen." Katy spielte damit auf Saras Freund an. Die zwei waren schon seit knapp fünf Jahren zusammen, doch auch bei ihnen lief nicht alles perfekt.

Lia musterte ihre Schwester nur mit einem Lächeln. Unrecht hatte sie ja nicht, aber sie wusste auch nicht, was sie dazu noch sagen sollte. Sara war mit ihren 27 Jahren alt genug und musste selber wissen, was sie dort tut. Mehr als ihre gut gemeinten Ratschläge, konnte keine der beiden ihr geben.

Lia lachte leicht und strich Julien über den Kopf. "Naja, man kann nicht alles haben im Leben, oder? Hauptsache, sie ist glücklich."

Katy nickte zustimmend. "Da hast du Recht. Solange sie glücklich ist." Sie warf einen Blick auf den Topf mit den köchelnden Nudeln. "Ich hoffe, sie schafft es heute pünktlich. Julien hat sie wirklich vermisst."

Julien nickte eifrig, als ob er verstanden hätte, worum es ging. Er strahlte seine Tante an und deutete auf den Topf. »Pasta, Tante Lia!«

»Ja, genau, Julien! Gute Augen hast du", lachte Katy und tätschelte ihm liebevoll den Kopf.

Die drei waren grade damit fertig, den Tisch abzuräumen und wollten noch etwas in den großen Garten hinter dem Haus gehen, als es auch schon an der Tür klingelte.

,,Geh schon einmal mit Julien nach draußen, wir kommen nach", sagte Lia auf dem Weg zur Tür. Katy nickte und machte sich mit Julien auf dem Weg nach draußen. Es dauerte keine Sekunde, da lief der kleine schon auf sein geliebtes Klettergerüst zu. Katy sah ihm lächelnd hinterher und setzte sich auf die bequeme Sitzgarnitur.

Der Garten war sehr weitläufig. Überall waren liebevoll angelegte Blumenbeete und ein paar Obstbäume boten genügend Schatten. In der Mitte stand das Klettergerüst des kleinen. Es hatte neben verschiedenen Klettermöglichkeiten auch eine Schaukel und eine Rutsche. Die Sitzgarnitur stand auf der Terrasse unter einem Sonnensegel. Dieses verfügte sogar über die Möglichkeit eine Lichterkette anzuschalten. Besonders abends sorgte das für eine angenehme Stimmung.

Katy genoss die friedliche Atmosphäre im Garten, während sie Julien beim Klettern zuschaute. Die Sonne schien warm vom blauen Himmel, und die Vögel zwitscherten fröhlich in den Bäumen. Der Garten war wirklich ein kleines Paradies, und sie war dankbar, dass sie hier Zeit mit ihrer Familie verbringen konnte.

,,Hey süße" sagte die Freundin der zwei, während sie auf Katy zuging und diese umarmte. Alle drei setzten sich hin und fingen an, sich zu unterhalten, genossen ihre eiskalten Getränke und spielten immer wieder mit Julien. Im Hintergrund lief, wie sollte es auch anders sein, die Musik von IDOLS. Es war ein ruhiger Tag, die Zeit verging viel zu schnell in guter Gesellschaft.

Ein Thema hatte es den drei heute ganz besonders angetan. Das Management der Band hatte vor kurzem bekannt gegeben, das neue Konzerte geplant sind. Genaue Daten zu den Städten waren allerdings noch nicht bekannt gegeben. Die Band kam aus Miami, die Hoffnung der jungen Frauen war daher groß, das vielleicht auch ein Konzert in Toronto stattfinden würde. Es wäre weniger als eine Stunde Autofahrt, und das wäre es ihnen definitiv wert.

"Was sagt ihr eigentlich dazu, dass die Jungs jetzt wieder auf Tour gehen? Meint ihr, sie kommen auch nach hier? Ich meine, Toronto ist jetzt nicht so klein, das würde sich schon lohnen." fragte Sara die zwei Schwestern.

Katy und Lia tauschten gespannte Blicke aus. Die Vorstellung, dass ihre Lieblingsband IDOLS in ihre Nähe kommen könnte, erfüllte sie mit Vorfreude.

"Ich würde es lieben, wenn sie auch nach Toronto kämen", antwortete Lia begeistert. "Die Jungs sind so talentiert, und live sind sie einfach unschlagbar. Es wäre großartig, sie endlich einmal in Person zu sehen."

Die drei Frauen sprachen weiter über ihre Begeisterung für die Band und ihre Hoffnung, dass die Tour Daten bald veröffentlicht, werden würden. Die Vorstellung, gemeinsam auf ein IDOLS-Konzert zu gehen, versprühte bereits eine Menge Vorfreude und Aufregung.

Weitere Themen der Freundinnen waren die gescheiterte Beziehung von Katy, Lias neuem Job in der Arztpraxis, wie Steve Sara behandelte, den kleinen Julien und, wie sollte es auch anders sein, auch das Lieblingsthema: die sieben Jungs von IDOLS.

Es war spät geworden und Sara hatte sich auf dem Weg nach Hause gemacht, denn Steve wartete schon auf sie. Katy hatte ihrem Sohn noch Abendbrot gemacht und war dann nach dem Essen mit ihm zusammen im Badezimmer verschwunden. Zähne putzen, waschen und sich umziehen waren schnell erledigt. Jetzt folgte das Schönste, vor dem zu Bett gehen, für den Kleinen. Er Kuschelte sich unter seine Bettdecke und hörte gespannt der Geschichte zu, die seine Mutter ihm vorlas. Das Ende der Geschichte bekam Julien schon gar nicht mehr mit, denn er war schon längst in das Land der Träume gelangt und schlummerte friedlich vor sich hin.

Bald würde er in den Kindergarten gehen und Katy würde ihre Arbeit in der Apotheke wieder aufnehmen können.

Katy seufzte, als sie über die kommenden Veränderungen nachdachte. Der Gedanke, Julien bald in den Kindergarten zu schicken und ihre Arbeit wieder aufzunehmen, war zwiespältig. Einerseits freute sie sich auf die Rückkehr zu ihrer beruflichen Tätigkeit in der Apotheke, auf die sozialen Kontakte und die Struktur, die das mit sich brachte. Aber andererseits war sie besorgt darüber, wie Julien die Trennung von ihr verkraften würde.

Sie wusste, dass es ein wichtiger Schritt für seine Entwicklung war, und der Kindergarten würde ihm neue Möglichkeiten bieten, Freunde zu finden und sich weiterzuentwickeln. Doch der Gedanke, weniger Zeit mit ihm zu verbringen, löste in Katy eine Mischung aus Freude und Wehmut aus.

Mit einem entschlossenen Seufzer stand Katy auf. Sie strich Julien sanft über die Stirn und flüsterte: "Gute Nacht, mein kleiner Schatz. Morgen wird ein aufregender Tag für dich. Du wirst wieder so viel Neues erleben. Mama wird immer hier sein, wenn du mich brauchst."

Katy verließ leise das Zimmer und ging sich ebenfalls im Badezimmer die Zähne putzen und das Gesicht waschen. Sie wusste, dass die kommenden Veränderungen für sie und Julien eine spannende Reise sein würden, und sie war bereit, diese Herausforderung gemeinsam anzugehen.

Ebenfalls in Schlafklamotten machte sich Katy auf den Weg nach unten, um sich noch eine Flasche Wasser zu holen, als sie ihre Schwester auf der Terrasse sah. Lia hatte es sich mit einer dünnen Decke, einem Glas Wein und einem Buch gemütlich gemacht. Katy wollte sie nicht stören und machte sich wieder auf den Weg in ihr Schlafzimmer.

Die Musik machte sie leise im Hintergrund an und legte sich mit ihrem Handy in der Hand auf ihr Bett. 21:33 zeigte die Uhr auf ihrem Schreibtisch an. Der 6. Juli. Niemals hätte sie zu diesem Zeitpunkt damit rechnen können, das ihr genau dieser Tag auf ewig in Erinnerungen bleiben sollte.

Doch das Schicksal nahm seinen Lauf und so geschah es, das die Freundschaftsanfrage auf ihrem Handy angezeigt wurde. Verwundert sah Katy sich diese genauer an. Es kam selten vor, dass sie überhaupt eine Mitteilung von Facebook bekam. Facebook nutzte sie im Prinzip nur noch, um mit der Verwandtschaft in Deutschland in Kontakt zu bleiben.

Aber diese Anfrage kam von niemandem, den sie kannte, zumindest nicht persönlich.

Es war Milo.