3 Schule und ein Alpha
Nicht euer Ernst!
Die Klasse, in welche ich komme, besteht bestimmt zur Hälfte aus Lykanthropen. Fuck, fuck, fuck, fuck, fuck!
Nun stehe ich vorne, und alle Augen sind auf mich gerichtet, starren mir Löcher in die Brust.
Ah ja, ich muss mich vorstellen.
"Hey, mein Name ist Sam, neu hier, liebe meinen Hund Bounty und ja, das wars. Danke." Und schon will ich zu meinem Platz.
Das Gemurmel geht los, und der verdutzte Lehrer zuckt nur mit den Schultern.
Die Blicke in meinem Rücken kann ich deutlich spüren. Der einzige Platz, der noch frei war, ist der ganz vorne neben dem Eingang. Auch gut, dann kann ich schnell verschwinden!
Doch der Typ, der neben mir sitzt, der passt mir nicht. Gross, nein, riesig, und ich vermute mal ein angehender Beta.
Kurz kann ich sehen, wie er die Nase rümpft, vermutlich wegen meinem Parfum.
Er grinst mir mit einem raubtierhaften lächeln zu: "Hey, Sam, bist du immer so wortkarg? Wenn ich dich wäre, würde ich die Kapuze runternehmen, ich hasse es, neben einem Emo zu sitzen!"
Bitte was? Ich bin doch kein Emo!
"Ausserdem hast du einen grauenhaften Parfumgeschmack! Das würde ich morgen weglassen!"
"Sag mal spinnst du? Ich darf tragen, was ich will! Klamotten- wie auch Geruchstechnisch!"
Sein Grinsen verschwindet und ein leises Knurren verlässt seine Kehle: "Pass mal auf, Kleiner! Falls du es noch nicht mitgekriegt hast, hier bin ich derjenige, der sagt was läuft. Also solltest du..."
"Sollte ich was?", unterbreche ich ihn.
"Und wage es nicht, mich nochmals Kleiner zu nennen!"
Seine Augen blitzen. Nein, er ist es nicht gewohnt, Wiederrede zu bekommen, auch Menschen kuschen in der Regel vor Alphas und Betas. Aber ich eben nicht! Papas Erziehung sei dank. Und Onkel Damians Alphastimme, der ich schon seit klein auf lernte, zu wiederstehen. Wenn auch unbeabsichtigt. Aber ehe ich noch was weiteres rechtstellen kann, werden wir unterbrochen.
"Tobias!", donnert nun die Stimme des Lehrers durchs Zimmer: "Noch ein Wort, und du fliegst! Verstanden?"
Aha, so heisst der Kotzbrocken also?
Er wendet sich genervt ab, aber scheinbar hat der Lehrer ihn im Griff.
Und so vergeht der Tag. Tobias nervt unglaublich, er stänkert immer rum wegen meinem Geruch. Und meinen Klamotten. Ich meine, dass er Moschus schrecklich findet verstehe ich (tu ich ja auch), aber was hat er gegen meinen Kleidungsstil?
Ja, ich bin komplett schwarz angezogen, bequeme Sneakers, skinny Jeans und einen Oversized Hoodie, dazu einige Ketten an denen mein Portemonnaie befestigt ist... okay, ich habe glaub doch was von einem Emo... Scheisse.
Jedenfalls bin ich aber froh, als der Tag endlich vorbei ist und ich nach Hause kann.
Bounty springt mich beinahe um. Dafür, dass er erst einige Tage bei mir ist, liebt er mich schon abgöttisch!
Schnell greife ich mir eine Leine, die ich eh nicht verwenden werde, und wende mich dem Wald zu. Noch traue ich mich nicht, mich zu verwandeln, daher laufe ich in Menschengestalt durch den Wald.
Bounty rennt wild um mich rum, jagt einige Kaninchen (Gott ist er ein schlechter Jäger!) und erfreut sich der Natur. Nach knapp einer Stunde durch den Wald schlendern kommen wir am Zaun an, der das Privatstück umgibt. Ein knapp 2 Meter hoher Maschendrahtzaun, welcher oben mit Stacheldraht geziert ist. Wow, da will wohl jemand keine Eindringlinge.
Bounty und ich beschliessen, etwas am Zaun entlang zu schlendern, als meine feinen Ohren plötzlich Kampfgeräusche wahrnehmen. Angezogen davon wandere ich weiter am Zaun entlang, bis ich die Kämpfer sehe.
Und es mir beinahe den Atem verschlägt.
Tobias fliegt gerade in weitem Bogen an den Zaun, fällt, und rappelt sich auf. Blut ziert seinen Körper, seine Augen beinahe schwarz. Sein Wolf ist ganz nah an der Oberfläche. Und ihm gegenüber steht ein weiterer Typ, ebenfalls gross, wenn auch nicht so gross wie Tobias, mit pechschwarzem Haar. Dunkelgrüne, fast schon schwarze Augen fokussieren den Beta vor sich, sein Kiefer spannt sich an.
Und mein Instinkt kriegt Panik!
Lauf! Alpha!
Oh scheisse. Und in dem Moment scheinen mich die beiden Männer zu bemerken. Das sie es nicht schon vorher getan haben, scheint daran zu liegen, dass sie sich alleine wähnten. Hier kommt sonst nie jemand her, und ich stehe im Windschatten.
Tobias grinst plötzlich und springt an den Zaun.
"Sieh an, wen haben wir denn da? Der Kleine von heute mit dem ekelhaften Geruch! Und seiner Töle, wie hiess der noch? Snickers?"
Also, das macht er extra.
Er grinst mich dämonisch an, seine spitzen Zähne zeigend.
Ich bin immer noch erstarrt, Bounty stellt sich haarsträubend vor mich. Was für ein mutiger Hund, stellt sich vor einen Beta... und Alpha!
Welcher nun mit zusammengekniffenen Augen auf mich zukommt.
Auch an ihm klebt Blut. Sie scheinen wohl im Training zu sein, das kenne ich zu gut von meinem Rudel. Doch bei uns ging es nie so zu und her.
Der Alpha kommt langsam auf mich zu, seine Nasenflügel beben.
Jetzt fällt mir auch auf, dass sie Oben ohne kämpfen, unter den Lykanthropen gibt es keine Scham, sich nackt zu sehen, schliesslich haben wir als Wölfe auch nichts an, und die Kleidung würde beim Verwandeln eh zerstört. Dennoch geniesse ich den Anblick von schönen Körpern, und diese beiden sind wahrlich perfekt.
Verdammt! Meine menschliche Seite drückt durch!
"Tobi... wer ist das?"
Gott, seine Stimme! Tief und dunkel, bringt sie mich zum beben. Nein, es ist noch nicht seine Alphastimme, dennoch breche ich beinahe ein. Und jetzt schaut er mir auch noch in die Augen!
"Mein neuer Sitznachbar. Der so ein schlimmes Parfum trägt!", erwidert der Angesprochene.
Soll ich oder soll ich nicht?
Die Augen des Alphas blitzen gefährlich auf, er kommt an den Zaun und starrt mich bedrohlich an: "Was tust du hier? Das ist Privatbesitz. Verschwinde!"
Das letzte Wort hat er in der Alphastimme gesagt, und mein innerer Wolf will sich unterwerfen und davonrennen, doch meine menschliche Seite und meine Erziehung weigern sich.
Trotzig bleibe ich stehen, meine ganze mentale Stärke bruchend, als mir ein Wimmern zu Ohren kommt.
Bounty kauert sich ängstlich zu Boden und ich sehe ihm an, dass er allen Mut aufbringen muss, um nicht panisch davon zu rennen.
Armes Tier!
"Musst du meinem Hund solche Angst einjagen!? Wir dürfen hier sein, der Privatbesitz beginnt auf eurer Seite des Zaunes! Hier habe ich alles Recht, zu sein!"
Seine Aura erschlägt mich beinahe, doch die Wut ist gerade stärker!
Und mit einem Schlag erlischt die Aura. Wohl zu überrascht, dass ich nicht die Flucht ergreife, denn auch normale Menschen reagieren auf die Stimme.
Gerade, als ich aufatmen kann, kommt sie aber zurück, doppelt so stark wie vorhin, und nun kann ich mich auch kaum noch wehren. Ich weiss, noch zwei, drei Sekunden, und dann werde ich zusammenbrechen, doch alles weigert sich in mir, nachzugeben. Doch Bounty leidet Höllenqualen, was ich jetzt erst feststelle.
Ich lasse mich neben meinen Hund fallen, während Tobias sich seinem Alpha zuwendet und ihn versucht zu beruhigen, was wohl auch Wirkung zeigt, denn der Druck schwindet. Auch wenn er nicht ganz weicht.
"Daniel, beruhige dich! Er ist nur ein Mensch, du drehst durch! Mach keinen Scheiss!"
Er sprach leise, ein normaler 'Mensch' hätte seine Worte wohl nicht gehört, ich aber schon. Mir fällt ein Stein vom Herzen, ich werde wirklich nicht als Werwolf erkannt!
Doch nun muss ich so schnell wie möglich hier weg.
"Macht doch, was ihr wollt, wenn euer Testosteron mit euch durchdreht ist das nicht mein Problem... aber wieso auch immer, ihr quält meinen Hund! Komm Bounty, wir lassen die beiden Möchtegern alleine."
Dankbar richtet sich Bounty mit eingezogenem Schweif auf und folgt mir, hinter mir kann ich das wütende Knurren der beiden Männer hören.
Ah, verdammt, ich habe es nicht getan!