Kapitel 6
Xav:
Ich blinzelte leicht. Die Sonne schien durch einen winzigen Schlitz des Vorhanges, direkt in mein Auge. Neben mir lag Mara. Oder besser gesagt auf mir. Ihr rechtes Bein lag angewinkelt auf meinem Bauch, ihre Hand lag Flach auf meiner Brust, genauso wie ihr Kopf. Ihre Haare fühlten sich weich unter meiner Hand an, die auf ihrem Kopf lag. Sie atmete leicht und es machte sich wieder das Ziehen in meiner Brust breit. Ich guckte mich im Raum um und entdeckte eine Uhr. 8:30 Uhr. Mara fing sich leicht an unter mir zu bewegen. Sie drehte sich von mir runter, soweit das sie letztendlich aus dem Bett viel. Sie stöhnte auf.
"Was ein scheißdreck. Verdammter Mist. Gott."
Ihre Hand legte sich auf die Matratze und krallte sich rein. Sie zog sich hoch und legte den Kopf auf die Matratze.
"Die Tabletten. Sofort."
Sie hatte einen sehr beängstigten Ton in der Stimme, dass ich mir schnell die Tabletten griff bevor sie noch auf die Idee kam mich umzubringen. Sie riss sie mir förmlich aus den Händen und warf sich 3 Stück ein. Mara ließ sich mit den Rücken gegen das Bett fallen.
"Gott verfluche den Alkohol."
Sie hielt sich den Kopf und stand trotzdem auf. Mara lief zum Schrank und zog sich ein neues T-Shirt und eine Jogginghose über. Dann ging sie aus dem Raum. Ich zog mir ebenfalls meine Sachen an und ging aus dem Raum in Richtung Küche. Mein Kopf drehte sich leicht als ich die Treppe runterging und als ich die Küche betrat fing das Pochen im Kopf an.
Mara:
Die Schmerzen ließen langsam nach ,als ich mir den 3. Kaffee trank. Neben mir saß Ryna die genauso fertig aussah wie ich. Die letzten Übernachtungsgäste verließen gerade unser Haus. Ryna stand auf und machte sich ihren 5. Kaffee.
"War der Sex wenigstens gut oder genauso schlimm wie seine Treffkünste?"
Ich zuckte mit den Schultern. Mir war klar ,das Ryna es wusste. Es hätte mich gewundert, würde sie es nicht wissen.
"Es war ganz passabel. Glaub ich."
Sie fing an zu lachen und stellte ihre Tasse auf den Tisch.
"Du kannst dich nicht erinnern?"
Ich nickte leicht und stellte meine Tasse ebenfalls ab.
"Es gibt ein paar Lücken aber wie gesagt es war gut."
Sie lachte weiter ,bis ihr Handy piepte. Auch meins leuchtete.
"Morgen Schwimmbad?"
Ich nickte wieder und erhob mich vom Hocker. Marc kam gerade in die Küche. Er sah genauso schlimm aus wie wir ,deswegen griff ich mir die Tabletten und warf sie ihm zu. Er lächelte leicht.
"Was würde ich bloß ohne dich tun."
Ich lächelte zurück und blieb den Rest des Tages im Bett.Mara:
"Warte ich helfe dir."
Ryna stieg langsam die Treppe hinunter. In der linken Hand hielt sie den Karton mit den Badesachen. Ich nahm ihr den Karton ab und stellte ihn auf den Boden unserer Küche. Ryna stieg die letzte Treppenstufe. Ich nahm ihr den Karton aus der Hand und ging in mein Zimmer. Meine Bettdecke sackte unter dem Gewicht des Kartons langsam zusammen und ich ging zu meinem Schrank. Ich öffnete die weiße Tür und durchsuchte schrittweise die Fächer nach meiner schwarzen Tasche. Doch, sosehr ich auch mit meiner Handfläche über das raue Holz strich, sie war unauffindbar. Ich seufzte.
"Marc, wo hast du die schwarze Tasche hingelegt?"
Meine Stimme halte durch das Haus. Kurz darauf hörte ich die gedämpfte Stimme durch die mir, gegenüberliegende Zimmertür.
"Ich habe sie auf deinen Schrank gelegt"
Ich verdrehte die Augen. Warum legte er sie auf den Schrank und nicht in? Den Schreibtischstuhl vor meinen Schrank gestellt, stellte ich mich auf das schwarze Kissen und zog mich an den Regalen empor. Die Mittagssonne schien durch mein Fenster direkt auf den Schrank und blendete mich. Mit zusammengekniffenen Augen tastete ich auf Zehnspitzen nach der Tasche. Ich bekam eine Ecke der Stofftasche gegriffen und zog. Nachdem ich den Stuhl zurück an seinen rechtmäßigen Platz geschoben hatte, fing ich an die Tasche für unseren Ausflug zu packen. Ich durchsuchte den Karton nach Sonnencreme, Handtüchern und Badeanzügen. Den Karton unter das Bett geschoben, nahm ich die halbvolle Tasche und ging auf die Tür zu. Mir fiel dabei ein Stück Papier ins Auge. Es musste hinuntergefallen sein als ich die Tasche vom Schrank holte. Ich ließ die Tasche von meiner Schulter gleiten und nahm das weiße Stück. Es war ein Foto.
Ich drehte es um. Ein Foto von früher. Meine Mutter, mein Vater, Marc und ich, glücklich am Strand. Marc hielt eine Eiswaffel in der linken Hand und ich hatte meine Nase hinter einem Buch versteckt. Wie dumm ich damals war. Ich verschwendete meine Zeit mit Büchern, anstatt einen von wenigen perfekten Momenten zu genießen. Ich sah sie wieder. Meinen Vater im Sarg. Sein aschfahles Gesicht. Er sah so aus als würde er schlafen. Dann meine Mutter. Blutüberströmt. Mich, knieend und schreiend auf dem Boden. Und dann sah ich Marc. Seine Rehbraunen Augen, wie ich ihm ansehen konnte das er langsam Verstand was ich sagte. Ihm erklärte das er keine Eltern mehr habe.
In mir stieg der wohlvertraute Hass auf. Der Hass auf meinen Vater das er nicht durchgehalten hatte. Hass auf meinen Ex .Auf die Dinge die er getan hatte . Die Dinge die er mir angetan hatte. Doch der größte Hass galt wohl mir selbst. Wegen mir fuhr Dad mit dem Auto und ich war schuld ,dass meine Mum tot war. Ich war so dämlich mich auf einen Narzissten einzulassen. So dämlich, dass ich. . Ich hörte es klopfen. Ryna stand in der Tür.
"Wir müssen los. Bist du fertig?"
"Ich komme gleich. Ich pack nur noch ein paar Lebensmittel ein."
Sie nickte und wollte gerade das Zimmer verlassen, als sie das Foto entdeckte.
"Was ist das?"
"Ein Foto meiner Eltern. Am Strand"
Sie guckte mich mit diesem Blick an. Diesen mitleidigen, betrauernden Blick.
"Du weißt es war nicht deine Schuld?"
"Doch das war es."
Sie wollte etwas erwidern, aber ich war schon aus dem Zimmer auf den Weg zur Küche. Ryna schloss die Tür hinter mir. Sie schloss meine Zimmertür hinter sich und kam auf mich zu. Ich öffnete die Kühlschranktür und nahm die Erdbeeren und Weintrauben hinaus. Die Türklinke zum Abstellraum, fühlte sich kalt unter meiner warmen Hand an. Mit Wasserflaschen und der Kühltasche in der Hand drehte ich mich zu Ryna, die schon angefangen hatte das Obst zu schneiden.
"Reichst du mir bitte die Frischhaltebeutel?"
Ich trat einen Schritt zurück und öffnete die Schublade in dem wir die Tüten aufbewahrten.
"Hier."
Ryna nahm die Beutel und packte das Obst ordentlich hinein , bevor sie sie mir reichte und ich sie zusammen mit den anderen Lebensmitteln in der Kühlbox verstaute. Zusammen mit unseren Badetaschen und der Kühlbox ging ich durch die offene Tür in die Garage und hievte alles in das Auto. Ich ging noch einmal in den Flur, um mich von Marc zu verabschieden und mein Aussehen zu überprüfen.
"Seit wann kümmerst du dich so sehr um dein Aussehen?"
Ich drehte mich um und lehnte mich an den Schrank, der unter dem Spiegel stand.
"Keine Ahnung. Mir war heut danach."
Manchmal verfluchte ich sie dafür, dass sie mich so gut kannte.
"Das machst du nicht einfach so. Hat es etwa was mit Xav zu tun?"
Ich konnte ihr Ansehen, das sie langsam verstand, das Xav mit beim Ausflug dabei sein würde. Bevor sie mich damit aufziehen konnte, verabschiedete ich mich von Marc, machte kehrt und ging in die Garage.
"Da du dich immer aufregst, wenn ich etwas schneller fahre, sollten wir jetzt los."
Ich setzte mich in das Auto und tätschelte leicht neben mir auf den lehren Sitz.
"Los jetzt rein mit dir."
Ryna zog die Tür hinter sich zu und warf mir die Autoschlüssel entgegen.
"Wenn du unter ^etwas^ 180 km/h durch den Wald fahren meinst, sollte ich vielleicht doch lieber mit dem Bus fahren."
Sie setzte sich neben mich und drückte auf den Knopf der Fernbedienung , die für das Garagentor verantwortlich war. Während ich den Motor anmachte, fuhr das Tor langsam hoch und Ryna schaltete die Musik an.
"Fahr bitte nicht ganz so schnell."
Ich verdrehte die Augen und fuhr los.
Xavier:
Ich fuhr durch den Wald. Die anderen bevorzugten die Straße. Ich nicht. Die Straße ist verpestet. Voll von Abgasen, die einem das Gehirn auf eine Weise vernebeln, die ich im Moment nicht gebrauchen kann. Man kann sie mit einem Menschen vergleichen, der immer nur von sich selbst redet. Der Wald nicht. Er hört zu und lässt einem die Lösung selbst finden. Ich hörte die Vögel in den Bäumen und ihren nervigen, lästigen Kindern, die sie Tag ein Tag aus füttern müssen, ehe diese aus dem Nest fliegen und das gleiche Specktakel im nächsten Jahr von vorne beginnt. Der holprige Sandweg knirschte unter mir und meinem Rad .
Zwischendurch rutschten die Räder meines Rades weg und ich muss mein Bein zur Hilfe nehmen, um nicht auf dem heißen Boden zu landen. Ich bog um die Ecke und stand auf dem Parkplatz des Freibads. Ein paar der anderen waren schon da .Als ich mein Rad zu den anderen Rädern meiner Freunde stellte kam Julia. Ich wusste schon bevor sie nur den Mund aufmachte, was sie sagen würde, bevor sie es selbst wusste. Sie räusperte sich. Ich schaute auf. Ihre billigen Extensions wurden vom Wind in ihr künstlich gebräuntes Gesicht geblasen.
"Können wir reden?"
Es waren dieselben Worte wie immer. Es wird auch dieselbe Situation wie immer sein. Sie will reden, ich willige ein. Sie erklärt mir es war ein Fehler , ich verzeihe ihr. Sie wartet 3 Monate und steigt mit dem nächsten Bastard ins Bett. Es ist ein Kreislauf, den ich jetzt brechen werde.
"Worüber?"
"Über gestern."
Gott ich könnte schon wieder kotzen. Immer dieselbe Leier . Sie hatte mich betrogen. Mehr als einmal. Und das wusste sie. Besser als jeder andere. Und sie wusste ich würde ihr verzeihen. Sie dachte es zu wissen. Sie wusste nicht was passiert war und das sollte sie auch nicht.
"Es tut mir leid es war ein schrecklicher Fehler. Du weißt du bist der Einzige, der etwas bedeutet."
"Das habe ich jetzt wie viel Mal gehört? 10, 15, 20-mal? Ich weiß es nicht und ich bin es leid. Es ist aus Julia. Endgültig."
"Xav bitte gib mir noch eine Chance."
Sie berührte meine Hand, die noch am Schloss meines Fahrrades lag. Ich zog sie weg.
"Du hattest Chancen mehr als genug und jetzt lass mich in Ruhe. Unsere Beziehung war doch nur für deine Beliebtheit."
Ich ging an ihr vorbei zu meinen Freunden.
"Das wirst du bereuen."
"Das Einzige was ich bereue, ist das ich dich damals im Kino angesprochen habe."
Sie zischte mir noch etwas hinterher, was ich jedoch nicht verstand und einfach ignorierte. Bei der Gruppe angekommen, klatschte ich mich mit Beni ab. Wir standen etwas abseits, deswegen unterhielten sich die anderen und beachteten uns nicht.
"Hast du ihr jetzt endlich den Laufpass gegeben?"
"Jap. Sie hatte ihre Chance."
Beni lachte abfällig.
"Eine Chance? Ich glaube du meintest 200. Aber du hast sie endlich abserviert und ich bin erleichtert. Wo warst du eigentlich den Abend über. Ich meine, ich kann mich an fast nichts erinnern aber das du mit Mara los bist, das hab ich mitbekommen."
"Unglückliche Situation ,guter Sex. Zufrieden?"
Bennie pfiff anerkennend.
"Mensch erst uns zum Spott der Leute gemacht werden und dann den Grund flachlegen. Respekt. Ob ich wohl auch mein Trostpflaster bekomme?"
"Du bist echt schlimm."
Wir fingen beide an zu lachen. Aber die Vorstellung das Mara und Bennie was miteinander haben, bereitete mir Unbehagen. Ein Auto kam angefahren und hielt vor uns. Die Musik verstummte und der ich konnte 2 Silhouetten erkennen, die langsam und elegant ausstiegen. Ich erkannte Mara und konnte den Blick nicht von ihr nehmen. Wie ihre weißen Haare in der Sonne glänzten und ihr Gesicht umspielten . Ihr lockeres T-Shirt , das die Konturen ihres Körpers perfekt umspielte. Sie setze ihre Sonnenbrille auf und verdeckte damit ihre ozeanblauen Augen , mit dem etwas dunkleren Ring, der die Iris umrandete.
"Wenn du sie weiter so anstarrst, weiß gleich jeder das du mit ihr gevögelt hast."
Wir gingen zusammen hinüber zu den anderen, die Mara und Ryna halfen alles aus dem Auto zu räumen.
"Glaubst du, du kannst mir ein Date min Ryna klarmachen?"
Meine Nackenhaare stellten sich wieder auf, als Benis Atmen über meinen Hals strich. Ryna sah auch nicht gerade schlecht aus. Ihre schwarzen Haare vielen locker auf ihre Schultern und ihre Haut war von der Sonne braun gebrannt.
"Kümmere dich doch selbst drum. Du hast doch so eine große Meinung von dir."
Benni verdrehte die Augen, erwiderte aber nichts. Ryna durchsuchte währenddessen eine der Taschen. Nach einer Weile holte sie ein Portemonnaie zwischen den Handtüchern hervor und reichte es Mara. Sie nahm das Portemonnaie und ging in Richtung Kasse. Wir gingen mit unseren Taschen hinterher. Sie reichte dem Verkäufer ihre Karte und er ließ uns alle in das Freibad. Wir gingen alle hinein und bedankten uns bei Mara , dafür das sie uns eingeladen hatte.
"Krieg ich vielleicht deine Nummer?"
Wir drehten uns um. Der Kartenverkäufer beugte sich über den Tresen und guckte Mara mit begierigem Blick an. Sie ging langsam zu ihm und gab ihm einen Zettel und sagte noch etwas , was ich nicht verstand. Sie kam wieder zu unserer Gruppe.
"Du hast ihm aber jetzt nicht wirklich deine Nummer gegeben, oder?"
Anstatt Mara, antwortete Ryna für sie auf Nickis Frage.
"Nein hat sie nicht. Sie hat ihm die Nummer für anonyme Alkoholiker gegeben."
"Und wenn er Mara jetzt schreibt?"
Alle Augen hefteten sich auf Ryna. Nun antwortete Mara für sie. Können die denn nie antworten, wenn sie gefragt werden? Muss ich jetzt , wenn ich eine Antwort von Mara möchte, Ryna fragen?
"Wird er nicht. Ich habe ihm gesagt er soll erst heute Abend anrufen, weil sonst mein Freund eifersüchtig wird."
Wir fingen an zu lachen. Unsere Sachen legten wir unter eine Reihe von Bäumen, so dass wir im Schatten liegen konnten ,wenn wir es wollten. So wie Mara und Ryna, war auch ich so schlau und hatte meine Badehose schon an. Die Umkleidekabinen im Freibad waren so dreckig , dass man befürchten musste, nur vom Atmen , Tripper zubekommen. Die anderen hatten nicht so viel mitgedacht und mussten in die Umkleidekabinen.
"Will noch jemand was vom Kiosk. Die erste Runde geht auf mich."
Die anderen drehten sich noch einmal um und bestellten ausgiebig bei Mara.
"Ihr seid ja wie die Heuschrecken, aber dann muss mir jemand tragen helfen."
Sie guckte zu Ryna ,die direkt eine Haltung einnahm , die deutlich zeigte das sie nicht mal im Traum daran dachte. Bennie drehte sich noch einmal zu uns.
"Xav hilft dir bestimmt. Er ist auch immer schon umgezogen, bevor wir das Schwimmbad überhaupt betreten. Xav ist der Meinung man bekommt in den Umkleidekabine Tripper."
Mara schaute mich erwartungsvoll an.
"Selbstverständlich helfe ich."
Ich schaute Bennie mit meinen besten Blick an. Beni zuckte mit den Schultern, so als würde er sagen ^stell dich nicht so an und nutz die Chance^. Zusammen mit Mara , machte ich mich auf den Weg zum Kiosk. Als wir ankamen , legte sich eine komische Stille über uns. Ich überlegte, ob ich die Stille durchbrechen sollte.
"Gestern noch gut nach Hause gekommen?"
Ich schaute Mara überrascht an.
"Ja . Gestern noch gut geschlafen?"
"Blendend"
Die Stille legte sich wieder über uns. Ich beobachte Mara von der Seite. Die Konturen ihres Gesichtes . Wie die Sonne sich in ihren Sonnengläsern spiegelte.
"Ich habe es Bennie erzählt."
Sie drehte den Kopf leicht zu mir und schaute mir über die Ränder ihrer Sonnenbrille in die Augen.
"Du denkst auch ich wäre blind, oder?"
Ich schaute sie verwirrt an. Sie verdrehte die Augen und lachte leicht.
"Du wärst Bennie am liebsten an die Kehle gesprungen, weil er mal wieder seine Klappe nicht halten konnte."
Jetzt wollte ich Beni wirklich an die Kehle gehen. Sie musste meine Gedanken lesen können.
"Keine Sorge. Die anderen haben nichts mitbekommen, ich bin einfach nur sehr gut in Menschen lesen."
Sie zuckte mit den Schultern. Wir wurden aufgerufen und bestellten damit war zumindest für Mara , das Gespräch beendet.
Mara:
Wir trugen die Getränke zusammen zurück zu der Gruppe. Nachdem die Getränke alle verteilt waren, setzte ich mich zu Ryna. Heimlich beobachte ich Xav. Normalerweise war mir ein One-Night-Stand so egal wie die Politik in Brasilien, aber bei Xav war es anders. Es war komisch. In seiner Nähe fühlte ich mich sowohl wohl als auch unwohl. Ich beobachte Bennie und Xav weiter. Xav unterhielt sich mit Nikki über irgendein Fußballspiel, aber Bennie wirkte konzentriert. Nachdem ich Bennie eine Weile ansah, wusste ich warum er so angespannt war.
"Bennie steht auf dich."
Ryna guckte mich überrascht an. Sie wusste nie wann Menschen sich für sie interessierten oder sie beobachten. Ich dagegen spürte jeden Blick auf meiner Haut. Deswegen wusste ich das Xav mich vorhin beobachtet hatte.
"Bennie steht nicht auf mich."
Ich fing an zu lachen.
"Selbstverständlich tut er das. Guck ihn dir an. Immer wenn er denkt niemand würde es bemerken, guckt er dich an. Er studiert dich förmlich, von oben bis unten."
Ryna wurde rot, aber sie wusste das ich Recht hatte. Ich legte mich auf mein Handtuch und schloss die Augen. Ich spürte, wie Ryna das gleiche tat, damit wir weiter ungestört miteinander sprechen konnten.
"Ich kann zwar keine Menschen lesen, aber ich kenne dich. Deswegen sagst du mir jetzt ,was so besonders an Xav ist."
Ich verschluckte mich an meiner eigenen Spucke und fing an zu husten.
"Was soll mit ihm sein?"
Ich nahm einen Schluck von dem Wasser, um das Kratzen im Hals loszuwerden.
"Du kannst mir nichts vormachen. Du bist nervös und außerdem hast du entweder Beni oder Xav beobachtet, da du mich darauf hingewiesen hast , das Bennie auf mich steht. Also was läuft da. Und sag mir nicht es sei nur ein One-Night-Stand dafür ist er dir nicht egal genug."
Jetzt war ich die ,die ungläubig guckte. Einerseits hasste ich es, wenn sie Recht hatte. Aber andererseits wusste ich nicht einmal selbst was mit mir los war. Ich beschloss das Thema zu beenden.
"Soweit ich weiß, sind wir zum Schwimmen hergekommen. Also wer kommt mit?"
Ryna guckte mich böse an. Sie wusste das ich damit der Antwort entging.
"Hey Mara, hast du Lust auf in Springturnier?"
Ich stellte mich dumm.
"Ein Springturnier?"
Ich konnte hören wie sich hinter mir, Ryna ein Lachen verkneifen musste.
"Jeder der mitmacht ,springt vom 5 Meter Turm. Derjenige der am beeindruckendsten springt gewinnt."
Ich willigte ein. Nachdem jeder seinen Wetteinsatz abgegeben hatte, machten wir uns auf den Weg zum Sprungturm. Zuerst sprang Ben. Er machte einen einfachen Rückwärtssalto. Danach kamen Nikki, Julia, Luc, Anna, Ian und Jeremy. Dann stieg Xav die Stufen zum Sprungbrett hinauf. Meine Nackenhaare stellten sich auf. Seine braunen Haare bewegten sich im Wind und er bewegte sich sehr sicher zum Rand. Er stellte sich sehr nah an die Kante und sprang ab. Ich guckte gespannt, wie er sich in die Tiefe stürzte und sich dreimal um sich selbst drehte. Ein dreifacher Salto.
"Er gewinnt jedes Mal. Dieser Angeber."
Xav war in zwischen bis an den Rand des Schwimmbeckens geschwommen.
"Du bist doch nur eifersüchtig , weil du einmal nicht der beste bist. Sei froh, dass ich dich ab und zu auf den Boden der Realität hole, Bennie."
Ben verdrehte die Augen und half Xav aus dem Wasser.
"Sei bloß vorsichtig. Vielleicht überrascht Mara uns ja alle und du gewinnst diesmal nicht."
Alle guckten mich erwartungsvoll an. Ich schenkte Bennie mein wunderschönstes Lächeln.
"Lass dich überraschen."
Ich drehte mich um und machte mich auf den Weg zum Sprungturm. Ich wusste das ich gewinnen würde. Nur diesmal stimmte es mich nicht fröhlich zu wissen, dass wenn ich aus dem Wasser steigen würde, alle ihre Münder offenstehen haben würden. Alle außer Ryna. Sie würde die Augen verdrehen. Sie mochte es nicht, wenn ich angab. Ich umfasste die erste Sprosse der Leiter und stieg hinauf. Auf der Plattform angekommen erfasste mich ein ungutes Gefühl. Irgendetwas sagte mir, das in den nächsten Minuten etwas passieren würde. Ich hörte einen Pfiff. Ich schaute hinunter zu den anderen. Bennie hatte gepfiffen. Ich wusste nicht ob er wollte das ich gewinne oder ob er Xav einfach nur unter die Nase reiben wollte, dass sein One-Night-Stand besser war als er.
Ich entschied das es mir egal war und trat etwas von der Kante weg. Ich atmete tief ein und beruhigte mich. Dann ließ ich mich mit Schwung nach vorne fallen, setzte meine Hände an die Kante und hielt mich an ihr fest, um mein Gleichgewicht zu halten. Ich war im Handstand. Ein erneuter Pfiff. Ich verlagerte mein Gewicht etwas nach hinten und stoß mich von der Kante ab. Nun war ich im freien Fall. Ich spannte den Körper an und legte mein Arme vor und Hinter meinen Rücken.
Ich spürte, wie der Wind an mir vorbeizog , als ich mich um mich selbst drehte. Nach wenigen Sekunden tauchte ich ins Wasser ein . Ich war zufrieden . Eine 4-fache Schraube war nicht einfach. Ich hatte mich oft verletzt, um diesen Sprung perfekt zu erlernen. Ich drehte mich in Richtung des Beckenrandes und tauchte durch das angenehm kühle Wasser. Kurz bevor ich am Rand des Beckens ankam, tauchte ich auf. Ich guckte in die überraschten Gesichter der Gruppe.
"Tja Xav, jetzt hat wohl Mara dich den zehnten Sieg in Folge gekostet."
Ryna half mir aus dem Wasser und Anna gab mir den Sack mit dem Wetteinsatz. Ich gab den Beutel weiter an Bennie. Er schaute mich überrascht an. Ich zuckte mit den Schultern.
"Ich kann das Geld nicht gebrauchen und jetzt kannst du dich auch mal als Gewinner sehen."
Er nahm das Geld an .
"So jetzt war jeder im Wasser außer Ryna. Du solltest auch springen."
Mein Herz setzte aus. Ryn würde nicht springen das wusste ich.
"Ryna wird nicht springen, Luc."
Er schaute mich belustigt an.
"Das wäre bloß gerecht."
Ryna legte eine Hand auf meine Schulter und stellte sich kerzengerade neben mich.
"Ich werde nicht springen."
Luc guckte sie mit einem leuchten im Blick an, der mir nicht gefiel.
"Ach komm schon. Nur vom Beckenrand."
Ryns Griff um meine Schulter verstärkte sich. Ich ging ein Schritt nachvorne.
"Pass mal auf, sie hat nein gesagt. Sie will es nicht ,also macht sie es nicht. Verstanden!"
Luc guckte mich wütend an. Wie ein trotziges Kind das man den Lolli weggenommen hatte.
"Möchte jemand noch etwas zu trinken?"
Diesmal war es Anna die fragte. Ich wollte nichts und ehe ich Luc in sein grinsendes Gesicht schlug, drehte ich mich um und ging in Richtung unserer Handtücher. Ich hatte ungefähr die Hälfte der Strecke geschafft als ich Gelächter und Geschreie hörte. Ich drehte mich mit Herzklopfen um. Luc hatte Ryna an den Schultern gepackt und zerrte sie in Richtung Beckenrandes.
"Lass sie los ,du Bastard!"
In mir stieg die Panik auf, denn sobald Ryn das Wasser berühren würde, würde sie erstarren. Ich rannte so schnell ich konnte, während ich mir die Seele aus dem Leib schrie, damit die anderen ihn aufhalten. Sie redeten nur auf ihn ein aber unternahmen nichts. Ich sah die Panik in Rynas Augen und rannte noch schneller. Ich hatte das Gefühl , ich würde in Zeitlupe rennen ,obwohl ich so schnell rannte, wie ich konnte .Luc hatte Ryna in zwischen bis zum Beckenrand gezogen und schubste sie ins Wasser. Ich war noch gute 20 m vom Becken entfernt und schrie die anderen an, sie sollen Ryna aus dem Wasser holen. Ich bekam flüchtig mit das Anna sich fragte was los war und Luc von Nikki die Meinung gesagt bekam, was er an dem Nein nicht verstanden hatte.
Am Becken angekommen , sprang ich mit einem Kopfsprung ins Wasser. Ich spürte den Widerstand des Wassers als ich probierte so schnell zu schwimmen, wie ich gerannt war . Bei Ryna angekommen, schüttelte ich sie, doch sie reagierte nicht. Ich umfasste sie an den Hüften und obwohl ich wusste, ich würde sie nicht alleine aus dem Wasser bekommen , stoß ich mich am Beckenboden ab und zog Ryna mit mir an die Wasseroberfläche . Ich probierte mit aller Kraft nach oben zu schwimmen, doch wurde Ryna umso schwerer , umso näher wir der Oberfläche kamen.
Plötzlich zog etwas Ryna nach oben und ich ließ los. Als ich wieder an der Oberfläche ankam ,schwamm ich zum Beckenrand und stieg aus dem Wasser . Normalerweise wurde mich jetzt die Kälte überkommen, aber ich schaute mich hektisch um , auf der Suche nach Ryna. Sie lag auf der Wiese ein Stück vom Beckenrand entfernt , um sie herum standen die anderen und guckten überfordert. Ich rannte auf Ryna zu und ließ mich ungebremst auf die Knie fallen. Ich nah den körperlichen Schmerz nicht war da die Panik mich überkam. Ich legte zwei Finger an Rynas Hals, um ihren Puls zu checken.
Ich spürte ein leichtes Pochen unter meinen Fingern. Sie lebte. Kurze Zeit war ich erleichtert, bis ich feststellte das sie nicht atmete. Erneut erfasste mich die blanke Panik und da ich nicht wusste was ich machen sollte , nahm ich sie bei den Schultern und schüttelte Ryna kräftig. Ich wusste nicht wie , aber auf einmal fing Ryna an sich aufzubäumen und zu husten. Ich hörte wie die anderen hinter mir erleichtert seufzten.
"Du Mara , es tut mir echt leid. Ich konnte ja nicht wissen das sie so über reagiert."
In mir stieg Wut auf.
"Du willst mir jetzt aber nicht erzählen das es ihre Schuld war, oder?"
Ich drehte mich zu Luc und guckte ihn voller Hass an.
"Nein, aber woher hätte ich denn wissen sollen das sie fast abkratzt."
Ich drehte mich wieder zu Ryna ,die inzwischen aufgehört hatte zu husten und nun schwer atmend auf dem Boden lag. Ich beugte mich zu ihr hinunter.
"Es tut mir leid."
Mit diesen Worten erhob ich mich und ging auf Luc zu.
"Ej ich versteh das du wütend bist."
Er musste die Wut in meinen Augen sehen, denn er wich ein paar Schritte zurück. Trotzdem war ich nah genug, da ich größere Schritte machte. Ich erinnerte mich an damals und die Wut auf meinen Ex vermischte sich mit der Wut auf Luc. Meine Hand formte sich zu einer Faust. Ich schlug zu. Immer und immer wieder. Luc lag inzwischen auf dem Boden und ich hoffte das irgendwer aus der Gruppe stark genug war, um mich von Luc wegzuziehen. Wenn nicht ,würde ich heute zur Mörderin werden das wusste ich.
Xavier:
Wir schrien durcheinander. Mara saß auf Luc und schlug ihn immer wieder mit der Faust ins Gesicht. Sie würde ihn töten, dessen war ich mir sicher. Ein wenig hatte er es verdient, schließlich hatte er Ryna fast getötet. Ben und ich gingen auf Mara und Luca zu. So eine Situation hatten wir schon öfters. Ich griff Maras rechten Arm und Ben ihren Linken und dann zogen wir sie von Luc runter , der bewusstlos auf dem Boden liegen blieb. Ich hatte nicht erwartet das Mara so stark war, deswegen hatten wir Mühe , sie nicht loszulassen. In der ferne hörte ich die Sirenen eines Rettungswagens. Jetzt brauchten wir wahrscheinlich zwei. Ben machte sich auf den Weg zum Ausgang des Schwimmbads, um den Sanitätern zu zeigen, wo sie hinmussten. Mara wehrte sich weiter unter meinem Griff und warf mir wüste Beschimpfungen an den Kopf. Als ich sieh kaum noch halten konnte und Angst hatte sie würde auf mich losgehen, packte ich sie an beiden Armen und drehte sie zu mir.
"Pass mal auf, es reicht jetzt langsam mal. Ja Luc hat es verdient, aber Ryna brauch dich jetzt. Also reis dich zusammen."
Anscheinend hatte sie verstanden was ich gesagt hatte, denn sie beruhigte sich. Die Rettungssanitäter waren inzwischen bei uns und kümmerten sich um Ryna und Luc. Nachdem Mara sich erkundigt hatte , in welches Krankenhaus die beiden kommen würden, machte sie sich auf den Weg zum Auto.
"Du fährst nicht. Am Ende fährst du mir aus Wut gegen einen Baum."
Mara guckte mich erstaunt an.
"Gib mir die verdammten Schlüssel .Ich fahre."
Etwas widerwillig gab sie mir die Schlüssel und wir gingen zu ihrem Auto. Ich setzte mich in das Auto und steckte den Schlüssel ins Zündschloss. Mara schnallte sich an .Diesmal reagierte mein Körper nicht auf ihre Nähe. Wahrscheinlich war der Schock über die Ereignisse von heute zu groß. Ich drückte aufs Gas und wir fuhren hinter dem Rettungswagen ins Krankenhaus.