Zusammenfassung
Die junge und lebenslustige Elizabeth del Toro lernt nach dem Tod ihrer Mutter ihren mächtigen Vater kennen und mit ihm die gefährliche Welt der Mafia. Nach und nach enthüllen sich immer mehr gut gehütete Geheimnisse, die ihr ohnehin turbulentes Leben weiter auf den Kopf stellen. Dann tritt John Saint, der Sohn eines verbündeten Mafiabosses, in ihr Leben. Zwischen Elizabeths Freiheitsdrang und Johns Kontrollbedürfnis entfaltet sich eine fesselnde Geschichte von Liebe, Loyalität und Intrigen in den sonnenverwöhnten Straßen von Tampa, Florida.
Kapitel 1 - Versprechen
Tampa, Florida – 2004
John
Die Schatten der Abenddämmerung hüllen das prunkvolle Büro in eine geheimnisvolle Atmosphäre, die meine Gedanken noch tiefer in einen unaufhörlichen Strudel zieht. Die Akte in meinen Händen wirkt wie ein schweres Gewicht, das meine Fähigkeit zu handeln zu erdrücken droht. Der Name der Frau, die mir als zukünftige Ehefrau bestimmt wurde, klingt in meinen Ohren wie ein ferner Ruf aus einer fremden Welt. Einer alten Welt, die ich längst hinter mir gelassen habe. Aber ich stehe zu meinem Wort. Das habe ich immer. Egal, wie alt ich war. Und ich wusste immer, dass dieser Tag kommen würde, dass es irgendwann so weit sein würde. Doch ich habe nicht damit gerechnet, dass es bereits jetzt an der Zeit wäre. Der Inhalt ist klar - eine vollkommen fremde Frau, die ich heiraten soll. Eine arrangierte Ehe, die die Zukunft unserer Familie sichern sollte. Soll. Die sie sichern wird.
Ich betrachte die Akte, die Details über sie preisgeben. Eine Frau, die mir fremder nicht sein könnte. Nur ein einziges Mal habe ich sie getroffen, da war ich gerade einmal neun Jahre alt und sie war noch ein Baby. Knapp 20 Jahre ist das nun her. Damals kam es mir vor, als liege die Zukunft in unerreichbar weiter Ferne und nun muss ich feststellen, dass die letzten zwei Jahrzehnte wie ein Wimpernschlag vorbeigehuscht sind. Vor 20 Jahren war meine Familie nichts, nicht mehr als Bittsteller. Paps war ein kleiner Geschäftsführer einer noch kleineren Bank. Bobby und ich besuchten eine mittelmäßige öffentliche Grundschule. Unser Leben wäre genau so mittelmäßig weiter verlaufen, wenn sich uns nicht plötzlich diese außergewöhnliche Gelegenheit ergeben hätte. Sie fiel meinem Vater quasi in den Schoß und meine Eltern hatten die Möglichkeit, ein Leben in Reichtum zu führen und die Mittelmäßigkeit hinter sich zu lassen, dies allerdings erforderte eine ordentliche Portion Skrupellosigkeit. Um seine Familie zu beschützen und voranzubringen, muss man ab und an hässliche Dinge tun, und Lächerlichkeiten, wie schlechtes Gewissen oder Moral hinter sich lassen. Geld wiegt mehr als ein mittelmäßig langweiliges Leben am Rande der Gesellschaft. Also hat unser Vater in den Deal eingewilligt. Dieser beinhaltete allerdings eine lästige Zusatzklausel.
Der Konflikt in mir brodelt wie ein unruhiger Sturm. Ich, der nie mehr als belanglose Affären und One Night Stands geführt hat, soll plötzlich eine Frau heiraten, die ich nicht kenne und deren Leben mit meinem verbunden werden soll. Die Vorstellung, die Kontrolle über meine Zukunft zu verlieren, erfüllt mich mit einem Gefühl der Beklemmung, das ich nur schwer in Worte fassen kann.
Mein Blick wandert durch das elegante Büro, vorbei an den luxuriösen Möbeln und kunstvollen Gemälden, die den Reichtum unserer Familie widerspiegeln. Ein Reichtum, der durchaus verdient ist, denn unsere Familie hat ihn sich hart erarbeitet. Unser Vater hat ihn uns hart erarbeitet.
Die dunkle Holzvertäfelung, die mit dem Tageslicht zu spielen scheint, verändert ihr schweres Braun mit der auf- und untergehenden Sonne. Ein romantischer Dichter hätte hier seine helle Freude. Das edle Holz wirkt mal hart, dunkel, dann schimmern feine Grüntöne glitzernd hindurch. Ich bin kein Dichter, sondern Realist. Diese Holzvertäfelung ist im Grunde nicht anders als eine der unzähligen Nutten, die ich gerne vögle. So edel und protzig nach außen hin, gepflegt und gefallend. Doch oberflächlich und, nicht zu vergessen, vergänglich. In ihnen wohnt keine Persönlichkeit. Sie wollen nur gefallen. Und sie alle erfüllen gegen Bezahlung ihren Zweck.
Die schweren Vorhänge an den großen Fenstern vermitteln eine Aura von Strenge und Autorität, die mein Vater stets zu schätzen wusste. Diese Welt aus feinem Leder, glänzendem Holz und goldenen Akzenten ist mein Zuhause, ein Ort, der meine Wurzeln und meine Zukunft verkörpert. Ich bin der Erstgeborene. Auch wenn Bobby und ich eineiige Zwillinge sind. Stets wurden an mich höhere Erwartungen gestellt. Und immer habe ich sie erfüllt. Die Erinnerungen an meine Kindheit in diesem prächtigen Anwesen fließen wie sanfte Melodien durch meinen Verstand. Die unzähligen Feste, Empfänge und Bankette, bei denen ich als kleiner Junge zwischen den reichen und einflussreichen Gästen umherwirbelte. Die stolzen Blicke meines Vaters, wenn er mich an seiner Seite präsentierte, als wäre ich sein eigenes Meisterwerk.
Ich bin mir bewusst, dass nicht jeder das Glück hat, in solchem Überfluss aufzuwachsen. Aber für mich ist es eine Realität, die ich mit Dankbarkeit und Stolz annehme. Der Gedanke an die Verantwortung, die mein Erbe mit sich bringt, erfüllt mich mit Entschlossenheit. Ich werde die Traditionen meiner Familie bewahren und ihren Reichtum vermehren, um unser Vermächtnis zu festigen und zu erweitern. Auch wenn es durchaus eine schmale Tradition ist. Wie lange braucht etwas, um Gepflogenheit zu werden? Eine feste Gewohnheit, ein Ritus?
Die Erwartungen meines Vaters lasten schwer auf meinen Schultern, doch die Vorstellung, mein Leben mit einer Fremden zu teilen, ist beängstigend und verstörend. Ich habe immer auf Distanz geachtet. Alles, was ich bisher erreicht habe, scheint in diesem Moment zu verschwimmen, in Bedeutungslosigkeit zu entgleiten. Kurz schüttle ich den Kopf, um diese lächerlichen Gedanken zu vertreiben. Nichts von dem, was ich tue, ist bedeutungslos.
Ich spüre die Augen meines kleinen Bruders auf mir ruhen, erwartungsvoll und herausfordernd zugleich.
Sein Lächeln scheint zu fragen: „Wie wirst du mit dieser Situation umgehen, Bruder?“
Typisch Bobby. Er zieht sich gerne bei allem aus der Verantwortung und überlässt es mir, zu entscheiden. Mein um gerade einmal zwei Minuten jüngerer Zwillingsbruder Robert, impulsiv und locker, sitzt mir gegenüber und betrachtet mich mit einem spöttischen Grinsen. Seine lockeren Manieren und sein unbeschwerter Charakter stehen in starkem Kontrast zu meiner kühlen Distanziertheit und Kontrolle. Die äußerliche Ähnlichkeit zwischen uns ist unverkennbar, gleichen wir uns doch wie ein Ei dem anderen, wenn Bobby nicht diesen schmalen Bart um seinen Mund stehen ließe, während ich immer glatt rasiert bin. Gäbe es diesen feinen Unterschied in unserem Äußeren nicht, würde uns unser konträrer Charakter verraten. Denn unsere Wesensarten könnten nicht unterschiedlicher sein. Doch während Bobby die ganze Welt als Spielplatz betrachtet, fühle ich die Last der Verpflichtung auf meinen Schultern ruhen. Aber sie ist keine Bürde, sondern vielmehr ein Ansporn, ein Antrieb, der mein Streben nach Erfolg und Anerkennung befeuert. Denn ich bin der Erbe eines Vermächtnisses, das durch Gewalt und Verzicht hinweg aufgebaut wurde, und ich werde diesen Pfad mit Stolz und Entschlossenheit weiterverfolgen.