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Kapitel 15 Man kehrt eh nicht vom Tode zurück
Im Finanzbezirk der Stadt S, das oberste Stockwerk des Gebäudes der CY-Gruppe.
Marcel saß am Schreibtisch und tippte schnell mit den Fingern auf der Tastatur. Dabei veränderten sich die Bilder und Zahlen auf dem Bildschirm schnell.
Es klingelte.
Plötzlich klingelte das Telefon auf dem Schreibtisch. Marcel drückte abgelenkt eine Taste auf dem Telefon, woraufhin Antons Stimme aus der Leitung ertönte.
„Herr Marcel, Herr Lorenz ist hier.“
„Lass ihn rein.“
Die Bürotür öffnete sich schnell und ein gutaussehender Mann in einem auffälligen rosa Hemd trat gelassen ein.
„Was denn, Marcel, arbeitest du noch?“ stieß der Mann beim Anblick von Marcel einen übertriebenen Schrei aus. „Ich dachte, du bist jetzt endlich verheiratet. Wenigstens solltet ihr eine Hochzeitsreise oder so machen, wenn schon keine Hochzeit.“
Marcels Fokus lag jedoch immer noch auf dem Computerbildschirm und als Reaktion sagte er kurz zwei Wörter: „Keine Zeit.“
Der Besucher hatte nun an Marcels Tisch Platz genommen. Er war nicht verärgert über Marcels Vernachlässigung, sondern verengte nur seine schmalen, charmanten Augen und lächelte wieder: „Meine arme Schwägerin. Sie hat einen so langweiligen Mann geheiratet.“
In diesem Moment warf Marcel endlich einen Blick auf den anderen Mann zu, blieb aber ausdruckslos im Gesicht: „Lorenz, was willst du eigentlich damit sagen?“
Lorenz lächelte, während seine Augen sich in Sichelmondformen verwandelten: „Mir ist nur langweilig und ich möchte meine Schwägerin kennenlernen.“
„Vergiss es.“ Marcel lehnte ab, ohne zu zögern: „Du solltest auch den Grund kennen, warum ich sie geheiratet habe.“
„Natürlich weiß ich es.“ Lorenz verzog den Mund und das Lächeln verschwand langsam aus seinen Mundwinkeln: „Aber immerhin hast du jetzt endlich eine Familie, also kannst du auch vergessen, was damals passiert ist.“
In dem Moment, als Lorenz das ansprach, verkrampften sich Marcels Hände auf der Tastatur unmerklich.
„Es geht nicht darum, ob ich es vergessen kann.“ Marcel schwieg eine Weile, bevor er langsam weitersprach: „Man kehrt eh nicht vom Tode zurück.“
Lorenz sah Marcel an und öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber die Worte kamen schließlich doch nicht heraus.
„Was ist dann mit dem kleinen Mädchen von damals?“ Lorenz konnte nicht anders, als erneut zu fragen: „Gibt es Neuigkeiten über sie?“
„Es gibt schon ein paar Spuren.“ Marcel antwortete kurz und klar.
„Das ist schön.“ Lorenz lächelte nun wieder: „Ich habe mich schon gefragt, wie du es ihr zurückzahlen würdest. Ich habe eigentlich noch erwartet, dass du sie heiraten würdest. Aber wer weiß denn, du bist leider schon verheiratet.“
Marcel ignorierte total den frechen Scherz von Lorenz.
Lorenz bemerkte, dass er sich lächerlich machte. Also wurde er selbst auch rot. Doch als sein Blick auf den Rollstuhl unter Marcel fiel, konnten seine Augen nicht anders als zu funkeln: „Em… Marcel, hast du meiner Schwägerin schon von deinem Bein erzählt?“
Marcel hatte bereits begonnen, die Kassenberichte durchzusehen, die die Finanzabteilung gerade vorgelegt hatte. Als er diese Frage hörte, hörte seine Hand kurz auf, die die Maus bewegte.
„Nein.“ Nach einem Moment flüsterte er.
Lorenz runzelte leicht die Stirn: „Marcel, ich will nicht unhöflich sein, aber… Was auch immer der Grund für die Heirat mit ihr ist, aber jetzt, wo ihr schon verheiratet seid, willst du es denn weiter geheim halten? Vielleicht…“
Hierbei hielt Lorenz kurz inne, fuhr aber entschlossen fort: „Vielleicht solltest du auch versuchen, deine Ehefrau zu akzeptieren. Du kannst doch nicht für den Rest deines Lebens mit der Vergangenheit leben.“
Er kannte Marcels Persönlichkeit nur zu gut. Auch wenn er vorgeblich sagte, dass er eine Frau heiratete, damit sein alter Vater zufrieden war. Aber er hatte eigentlich auf keinen Fall eine Ehe und ein Zusammenleben akzeptieren können, wenn er diese Person nicht wirklich ein wenig gemocht hätte.
Marcel schwieg und reagierte nicht auf Lorenz' Worte. Erst nachdem er die Bilanzen überflogen hatte, antwortete er mit leiser Stimme: „Da ich schon mal das Beste erlebt habe, kann ich nicht mehr leicht zufrieden sein.“
Lorenz erstarrte für einen Moment. Als er Marcels emotionsloses Gesicht ansah, erschien etwas Mitleid in seinen Augen.
Die Entführung vor zehn Jahren war für sie alle ein Alptraum gewesen.
Alle dachten, dass Marcel bei der Entführung seine Beine verloren hätte, aber sie irrten sich alle.
Was Marcel bei dieser Entführung verloren hatte, waren nicht seine Beine, sondern es war sein Herz!
*
Als Sofia von der Arbeit nach Hause kam, sah sie, wie Piet und Lynn ihre Koffer ins Wohnzimmer schleppten.
„Lynn, Piet, was macht ihr…“
„Frau Sofia, unser Sohn heiratet morgen und wir gehen zu seiner Hochzeit.“ erklärte Piet liebenswürdig.
„Ach so, herzlichen Glückwunsch.“ Sofia fragte: „Wie viele Tage werdet ihr für die Hochzeit weg sein?“
„Es gibt nur eine Feier hier in der Stadt S. Morgen Abend sind wir wieder da.“ Lynn lächelte sanft, doch ihr Blick fiel auf Marcel mit Sorge: „Es ist nur so, wenn wir nicht zu Hause sind, dann wird ja auch niemand morgen das Frühstück für Herrn Marcel zubereiten.“
Sofia war ein wenig peinlich berührt.
Es war tatsächlich eine reiche Familie, konnte er nicht jemanden einstellen, der das Frühstück macht?
„Ist schon okay.“ Marcel antwortete und unterbrach Sofias Gedanken: „Sofia, ich nehme an, du kannst kochen, oder?“
„Hm?“ Sofia verstand seine Absicht auf einmal nicht und blickte auf, um Marcels dunklen, tiefdringenden Augen zu begegnen: „Ja, ich kann schon…“
Sofia hatte gerade ihre Antwort beendet und erinnerte sich dann an das üppige Frühstück, das Lynn heute Morgen zubereitet hatte, so dass sie nicht anders konnte, als dann noch zwei Wörter hinzuzufügen: „Ein bisschen…“
In Marcels Augen blitzte ein leichtes Lächeln auf, verschwand aber ganz schnell.
„Ein bisschen reicht schon.“ Er flüsterte.
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