Kapitel 3 Du hast wieder verloren
Als Natalia sah, wie schwach und hilflos Jessica wirkte, fühlte sie sich nur noch angewidert.
Sie wies Jessica abweisend ab. "Fassen Sie mich nicht an!"
Natalia brauchte nicht viel Kraft, aber Jessica stolperte plötzlich und fiel mit einem Schrei zu Boden.
"Jessica!"
Shawn schoss wie ein Pfeil nach vorne, um ihr aufzuhelfen. Er knurrte Natalia wütend an. "Natalia! Was machst du denn da?"
"Ich habe nicht..."
Natalias Gesichtsausdruck veränderte sich, als sie unbewusst versuchte, sich zu erklären, aber Jessica unterbrach sie.
"Shawn, gib Natalia nicht die Schuld. Es ist zunächst einmal meine Schuld, dass ich mich in dich verliebt habe. Jetzt hat sie mich einfach geschubst, aber wie könnte ich sagen, dass sie im Unrecht ist, selbst wenn sie mich ausschimpfen, ohrfeigen oder treten will?"
Natalias Pupillen weiteten sich. Der Schock stand ihr ins Gesicht geschrieben.
Sie hob ihren Kopf und sah in Shawns enttäuschte Augen.
"Ich hätte nicht gedacht, dass du so sein würdest. Es ist meine Schuld, also solltest du deine Wut an mir auslassen! Warum hast du Jessica überhaupt etwas angetan?"
Natalia öffnete den Mund, aber ihre Erklärung blieb ihr plötzlich im Hals stecken, als ob sie ein Dorn im Auge hätte.
"Sie glauben, dass ich sie geschubst habe?"
"Ich habe es mit meinen eigenen Augen gesehen. Glaubst du, ich kann mich irren? Ich habe immer gedacht, du hättest nur ein kaltes Herz, aber du warst trotzdem nett. Erst heute wird mir klar, dass du rücksichtslos und rachsüchtig bist. Nach all den Jahren kann ich endlich sehen, wer du wirklich bist!"
Natalia blieb stehen und traute ihren eigenen Ohren nicht.
Sie drehte sich zu Jessica um und sah einen Hauch von Bosheit und Stolz in ihren Augen aufblitzen.
Sie spürte, wie sich ein Schauer über ihr Herz legte.
Dann stieß sie ein leichtes Grinsen aus. Ihr Lächeln war voller Ironie.
"Shawn Miller, erst heute wird mir klar, wie dumm du bist!"
"Was hast du gesagt?"
"Es ist nichts. Seid ihr nicht verliebt? Na gut. Ich werde euch meinen Segen geben. Nur würde niemand aus einer Schüssel essen, die vorher mit Scheiße gefüllt war, egal wie sehr man sie gewaschen hat, oder?"
Shawns Gesichtsausdruck veränderte sich. Er hatte nicht erwartet, dass diese kühle und gut erzogene Frau so vulgäre Worte benutzen würde.
Sein Gesicht verfinsterte sich. "Natalia! Fordern Sie Ihr Glück nicht heraus!"
Natalia grinste ihn an. Ihr Lächeln war gleichgültig und kalt.
Sie nahm ein Taschentuch heraus und wischte sich die Hand ab, die Jessica gerade berührt hatte. Schließlich sagte sie in einem gleichgültigen Ton.
"Nun! Ich habe keine Zeit, hier mit dir zu vergeuden. Nehmt bitte ab jetzt nur noch diesen Kanarienvogel neben euch und geht mir aus den Augen! Ich wünsche euch beiden alles Gute..."
Ihre Augen wanderten umher, als ein kalter Spott darin aufblitzte, und sie lachte. "Hah! Eine Schlampe und ein Hund! Ihr seid doch wirklich ein gutes Paar!"
Dann drehte sie sich um und ging, ohne den beiden die Möglichkeit zu geben, etwas zu sagen.
Shawns Gesicht wurde vor Wut ganz rot. "Was hast du gesagt? Bleib stehen..."
"Shawn..."
In diesem Moment griff plötzlich eine Hand nach seinem Arm. Jessica, die ihre Hand auf den Bauch gelegt hatte, sah so blass aus. "Shawn, mein Bauch tut weh."
Shawns Gesichtsausdruck veränderte sich. "Jessica, was ist los?"
"Ich weiß es nicht..."
Ein karmesinroter Blutstrahl floss an Jessicas Bein hinunter.
Shawns Augen weiteten sich und er schüttelte sich heftig.
"Haben Sie keine Angst, ich bringe Sie sofort ins Krankenhaus."
...
Shawn trug Jessica ins Krankenhaus.
Natalia saß in ihrem Auto und sah zu, wie ihr Wagen wegfuhr. Sie lächelte sarkastisch.
Anstatt nach Hause zu gehen, fuhr sie zum Reika Hotel.
Im ersten Stock des Hotels befand sich eine große Bar. Die Halle war gefüllt und übersät mit Menschen, die hierher gekommen waren, um ihr Geld auszugeben und ihre Zeit zu vertreiben.
Sie lehnte sich gegen den Tresen und leerte ein Glas nach dem anderen.
Sie war kein Mensch, der seine Sorgen gerne in Alkohol ertränkt, aber dieses Mal schien es, als könne nichts anderes als Alkohol den Schmerz, den sie innerlich fühlte, vorübergehend betäuben.
Vor Shawn und Jessica konnte sie so tun, als sei sie gleichgültig und großzügig.
Aber nur sie wusste, wie sehr ihr Herz wirklich gebrochen war.
Ihre sechsjährige Beziehung wurde durch eine einzige Lüge zunichte gemacht. Während sie entschlossen war, mit ihm zusammen alt zu werden, wälzte er sich mit einer anderen Frau im Bett.
Sie empfand es nur als ironisch, wenn sie daran dachte!
Natalia hob ihre Tasse und schenkte sich ein weiteres Glas ein.
Sie war schon immer eine gute Trinkerin gewesen, aber selbst sie war im Moment ein wenig betrunken.
Das Telefon in ihrer Tasche vibrierte plötzlich.
Mit verschwommenem Blick fischte sie ihr Telefon heraus und nahm den Anruf entgegen.
"Wer ist da?"
"Natalia, du hast schon wieder verloren!"
Es war Jessica.
Natalia verzog spöttisch die Lippen.
"Hast du mich nur angerufen, um mir zu sagen, wie stolz du bist?"
Jessica lachte zufrieden.
"Natalia, wusstest du, dass ich schwanger bin?"
Natalias Gesichtsausdruck wurde kalt.
Sie sah die Leute auf der Tanzfläche an und sagte kalt: "Warum erzählst du mir das? Ich bin nicht derjenige, der dich ge****t hat."
"Es war Shawn. Er hat mir gerade gesagt, dass er mich sofort heiraten wird. Du bist seit sechs Jahren mit ihm zusammen, aber er hat dich noch nie angerührt. Sicher, du kannst sagen, dass er nur platonische Liebe für dich empfindet, aber um es ganz offen zu sagen, liegt es einfach daran, dass du ihn sexuell nicht interessierst und ihm allein bei deinem Anblick übel wird."
Natalias Hände ballten sich zu Fäusten.
"Weißt du? Solange wir zusammen sind, werden wir es jeden Tag tun. Er sagte, er habe sich noch nie mit jemandem so entspannt und glücklich gefühlt wie mit mir. Er sagte, du bist kalt wie eine Leiche, überhaupt nicht interessant."
"Andere Frauen wissen, wie man sanft und vernünftig ist, um den Männern zu dienen, aber wenn du deine Haut abziehst und dich in die Menge begibst, dann bist du einfach ein Mann! Was ist der Unterschied zwischen dem Zusammensein mit dir und dem Schwulsein?"
Natalias Fäuste ballten sich.
Es war, als würde ihr das Herz auseinandergerissen. Der Schmerz war unerträglich.
Sie holte tief Luft und spottete.
"Jessica Dawson, ich dachte, du wärst etwas Besonderes. Ist das alles, was du sagen wolltest?"
"Schwester, du kannst mir sagen, wenn du wütend bist. Ich werde dich nicht auslachen."
"Warum sollte ich wütend sein? Schließlich bist du derjenige, der den Müll, den ich weggeworfen habe, wie einen Schatz behandelt. Ein Tuch, mit dem du dir den Arsch abgewischt hast, riecht auch dann noch übel, wenn es gewaschen ist. Wirst du dich nicht ekeln, wenn du dir damit das Gesicht abwischst?"
"Du!"
"Wie auch immer! Ich habe keine Zeit, um mit Ihnen Unsinn zu reden. Ich warne dich jetzt. Versuchen Sie nicht, mich noch einmal zu provozieren. Du kannst dir die Konsequenzen nicht leisten, wenn du mich doch verärgerst!"
Dann legte sie den Anruf auf.
Es war nicht so, dass sie den Schmerz in ihrem Herzen nicht spüren konnte.
Obwohl sie es nicht verbal zugab, haben Jessicas Worte zweifellos ihr Herz durchbohrt.
Sie erinnerte sich noch daran, was Shawn gesagt hatte, als er um sie warb.
Er sagte, dass er es mochte, wie sauber und klar sie war. Er mochte ihre Kälte und Gleichgültigkeit, die wie eine schneebedeckte Bergblume war, die man nur aus der Ferne betrachten konnte und die nicht verdarb. Er wolle sie beschützen, sagte er.
Die beste Liebe sollte platonisch sein. Losgelöst von der geistigen Liebe des Fleisches, war sie die reinste Art der Liebe.
In Wirklichkeit schlief er jedoch hinter ihrem Rücken mit Jessica, und jetzt haben sie sogar ein Kind.
Ein großes Gefühl der Ironie stieg in ihrem Herzen auf. Sie hob die Hände und bedeckte ihr Gesicht, als ihre Augen zu brennen begannen.
In diesem Moment tippte ihr plötzlich jemand auf die Schulter.
"Bist du nicht die älteste Tochter der Familie Dawson? Warum bist du zu dieser späten Stunde allein hier? Machst du wieder Lieferungen?"
Natalia drehte sich um und sah dort mehrere junge Mädchen, die alle aufreizend gekleidet waren. Angeführt wurden sie von der Schwester von Shawn Miller, Katie Miller.