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Mind scratch

Lilien

Mein Puls war erschreckend ruhig für eine Situation wie diese. Ich war als Kind nur zwei oder drei mal aus meinem Fenster geklettert um in Ruhe unbeobachtet spielen zu können und nun, als 23- Jährige, tat ich dasselbe wieder. Blöd nur dass ich meine teuren Heels anhatte, ich brachte es nicht übers Herz sie runter fallen zu lassen, weswegen ich sie trug. Sie waren eine Sonderanfertigung einer sehr großen und beliebten Marke und ich ärgerte mich darüber das ich sie heute tragen wollte. Wenn ich mich zu etwas entschied, konnte ich mich selbst nicht mal davon abbringen.

Ich kletterte das Terassendach hinuter, es war zu einfach, genauso einfach wie wieder rauf zu kommen, nur würde ich auf dem Rückweg meine Schuhe auf der Terrasse lassen und Barfuß wieder rauf klettern. Meine Eltern dachten, ich arbeite an einem Projekt, ich hatte sie angelogen, dass ich doch nicht mehr zu der Ausstellung ging, um nicht mit Chase hingehen zu müssen. Jetzt hatte ich mir ein Taxi eine Straße runter bestellt und schlich durch den Garten. Niemand sollte mich sehen. Als ich auf der Straße ankam atmete ich erleichtert aus. „Wahnsinn", ich schrie leicht auf. Chase sah mich begeistert an. Woher kam der jetzt bitte?

„Du hast eine sehr dumme Art dich uninteressant zu machen, den du erreichst nur das Gegenteil. Du bist super Interessant."

Ich verschränkte meine Arme.

„Ich will nicht, dass du mich begleitest."

Das Taxi hielt direkt vor mir an. Chase öffnete die Hintertür des Taxis und ließ mich einsteigen. „Kein Problem, dann geh ich nicht mit dir." Er zwinkerte mir zu und schloss die Tür.

„Zu der Deep Island Auktion bitte", bat ich den Fahrer.

„Aber natürlich Miss."

Der Fahrer drehte die Musik etwas lauter und fuhr uns Richtung Brooklyn. Es würde eine gute halbstündige Fahrt werden, bis zum Brooklyn Museum. Dort wurde neue moderne Kunst ausgestellt und dort würde ich mich mit Vaughn treffen. Wir waren im selben Jahrgang. Ich studierte Kunst und er Architektur. Wir kamen super miteinander klar, wenn man davon absah das wir kaum Zeit miteinander verbrachten.

Ich hörte während der Fahrt Musik und genoß sie. Als wir ankamen, bezahlte ich den Taxifahrer und stieg aus. „Da bist du!", Vaughn kam auf mich zu und umarmte mich. Er trug eine graue Hose und einen blauen Kashmirpullover. Er sah wie immer toll aus mit seinem markanten Gesicht, den dunklen Augen und Haare. „Ich hab die Tickets, wir können sofort rein", er sah mich lächelnd an und ich lächelte zurück.

Wir betraten das Museum und gingen zuerst in die digitale Kunst Ausstellung. Wir setzten uns auf eine Bank und schauten uns die Vorstellung an. Jemand setzte sich zu meiner rechten hin während ich mit Vaughn über die Kunst sprach. „Hätte ich gewusst, dass die Kunst wie ein Film vorgeführt wird, hätte ich Popcorn gekauft."

Ich sah zu der Stimme. „Chase? Was machst du hier?", fragte ich verärgert.

„Was? Ich sagte doch, ich begleite dich."

„Ich hatte nein gesagt", erinnerte ich ihn.

„Hattest du? Nein du sagtest, du fährst nicht mit mit hierher." Er sieht mich unschuldig an. Ich konnte nur vor Unglauben den Kopf schütteln.

„Das ist dasselbe."

„Wer ist das?", fragte Vaughn mich.

„Niemand, komm", ich nahm seine Hand und er folgte mir ohne Widerworte.

Chase sah uns nach, folgte aber nicht.

Wir schauten uns die schwarz-weiß Ausstellung an, einige Bilder waren sehr düster, andere erotisch und ein Teil einfach nur auf die Umwelt bezogen. Ich stand vor einem Bild, dass definitiv zu Kategorie Erotik gehörte, eine nackte Frau, deren Hintern nur mit einem Stück Stoff bedeckt war, wurde der Kopf nach hinten gerissen und ein reicher römischer Mann küsste ihren Hals. Alles drum herum wurde düster dargestellt. Dunkele Emotionen wurden hervorgebracht. „Ich dachte, du läufst vor der Dunkelheit weg", sagte Chase plötzlich neben mir.

„Ich renne nicht von der Dunkelheit weg, vor allem nicht wenn sie so anziehend ist", sagte ich zweideutig. Er lächelte leicht, ich ließ ihn stehen und ging auf Vaughn zu, der total in seinen Gedanken verloren war, während er ein Bild aus der Renaissance betrachtete.

Ich fuhr mit meinem Finger über seinen Arm, aber er schenkte mir keine Aufmerksamkeit. Sobald er fertig mit dem studieren des Bildes war, gingen wir weiter bis wir alles gesehen hatten.

Ich hatte geplant, einige weitere Stunden mit Vaughn zu verbringen. Chase hatte mich nicht mehr angesprochen seit dem letzten Mal, ich wusste nicht mal, wo er steckte.

„Die Ausstellungen waren super", schwärmte Vaughn. Ich lächelte ihn an.

„Was jetzt? Wohin gehen wir?"

Sein lächeln erlosch etwas und er sah mich entschuldigend an.

„Ich weiß, du willst mehr", fing er an.

„Du bist super heiß, aber ich glaube nicht das wir zusammen passen", fing er an. Ich starrte ihn. „Können wir nur Freunde sein?"

Ich war mir sicher, irgendwo war in dem Moment eine meiner guten Feen verstorben, den nur deswegen passierte es mir zum dritten mal.

„Ist okay, Vaughn. Wir sehen uns dann?", er nickte und umarmte mich. In mir war wahrscheinlich etwas gebrochen, was auch immer das war. Wahrscheinlich meine letzte Hoffnung auf ein freies Leben. Ich setzte mich auf die Bank drei meter entfernt und stemmte meine Hände auf der Bank. Dann passierte es einfach. Ich fing an unerbittlich zu weinen. Das hier war New York, niemand Interessierte sich für mich, jeder würde einfach vorbei gehen. Ich weinte deswegen nur umso mehr. „Was hat er gemacht?", fragte Chase gefährlich leise Stimme, während er sich neben mich setzte.

„Ich habe dich nur fünf Minuten aus den Augen verloren und du weinst. Was hat er bitte in fünf Minuten angerichtet?", fragte er mit Nachdruck, aber ich sah ihn nicht an, sondern weinte nur weiter.

„Das ... war ... meine ... letzte ...Chance ... auf ... Freiheit", schluchzte ich. „Wie meinst du das?", fragte er mich leise. „Wäre Vaughn mit mir zusammen gekommen, hätte ich deinen Vater gebeten mich gehen zu lassen und du hättest eine andere geheiratet!" Ich sehe ihn an. Er sah mich nicht an, sondern schaute weiterhin gerade aus. „Sagen wir mal es hätte geklappt. Sagen wir mal, er hätte in sechs Monaten schluss gemacht, wahrscheinlich wäre ich da immer noch nicht verheiratet, aber wenn dann wärst du an Flavius gegangen und sagen wir mal, Flavius und ich wären beide vergeben, gäbe es Stefan und sagen wir mal, auch Stefan wäre von Tisch, es gibt drei weitere Familien, die unverheiratete Söhne haben", erklärte er. Ich sehe ihn an und mein Herz rast, mein Atem geht schneller und es kommen immer mehr Tränen aus meinen Augen.

„Es ist okay", er zieht mich in seinen starken Armen und strich mir über den Rücken. „Es ist okay", flüsterte er in mein Ohr. Meine Hände krallten sich in sein Jacket und ich schluchze laut.

Er schob mich etwas von sich und sah mich an. „Was bedeutet Freiheit für dich? Was willst du?"

„Sicher sein, dass ständige in Gefahr sein, dass will ich nicht mehr", erklärte ich schluchzend. „Hmm, das wird sich nie ändern, Liebes. Solange man aus einer der fünf Familien ist, wird man immer in Gefahr sein."

„Ich will arbeiten."

„Du willst arbeiten?", fragte er mich interessiert. Ich nickte.

„Versprichst du mir, dass ich arbeiten darf?"

Er lächelte mich an.

„Ich verspreche dir alle Freiheiten, solange sie deine Sicherheit nicht gefährden."

Eine Gefühlswelle überkam mich und ich merkte nicht mal dass er mich küsste. Als ich wieder zu mir kam, legte ich meine Hände um seinen Nacken und presste mich an ihn.

Ich hatte mich schon immer gefragt, wie es toll sein könnte zwei Lippen einfach nur auf einander zu legen und emotional zu werden und heute spürte ich es. Diese Emotionen, die durch meinen Körper wellen schlugen, es war so als würde ich fliegen. Chase löste seine Lippen von meinen.

„Wenn du nicht willst, dass wir das erste mal Sex auf einer Straßenbank haben, sollten wir aufhören."

Ich lief wahrscheinlich dunkelrot an, während ich über meine geschwollenen Lippen strich. „Du bist eine fantastische Küsserin und schon hast du dich weiter interessanter gemacht."

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