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Kapitel 6 Zu dritt zusammenleben

Joachim runzelte die Stirn. Er fühlte sich irgendwie angelogen.

Im Wohnzimmer stand schon Lynn, die das Frühstück zubereitete.

Sie sah Caroline im Schlafanzug allein auf dem Sofa sitzen, und sie sagte lächelnd, „Haben Sie gestern Abend gut geschlafen?“

Sie hatte gestern zunächst gedacht, dass Joachim abends bestimmt bei Lotti übernachten würde und nicht zurückkommen sollte. Nachts hatte sie aber Geräusche gehört, so war sie kurz aufgestanden, um zu sehen, was passiert war. Daher wusste sie, dass Joachim gestern Abend doch zurückgekommen war und noch in ihrem Zimmer geschlafen hatte.

Das war immerhin die Ehefrau, für die sich Frau Jutta entschieden hatte. Sie sollte natürlich geeignet für ihn sein. Lynn kümmerte sich schon immer um Herrn Joachim, und nun freute sie sich selbstverständlich sehr, dass er verheiratet war.

Ihr Ton und ihr Gesichtsausdruck zeigte viel Enthusiasmus. Sie war überraschenderweise sanft und warm.

Caroline bemühte sich zu lächeln, aber schließlich lächelte sie eher steif, „Hmm, gut, gut.“

„Dann beeilen Sie sich doch. Ziehen Sie sich um. Ich bereite das Frühstück zu. Gleich ist es fertig.“ Lynn ging in die Küche und machte weiter das Frühstück.

Caroline sah auf ihren Schlafanzug hinunter. Die Kleidung, die sie mitgebracht hatte, war noch im Zimmer.

Dieser Mann drin sollte sich jetzt schon angezogen haben, oder?

Sie stand auf und ging ins Wohnzimmer. Sie stand vor der Tür, hob die Hand und klopfte.

Niemand antwortete.

Sie klopfte erneut, aber da antwortete immer noch niemand.

Sie hatte keine andere Wahl. Sie versuchte, die Tür zu öffnen, die aber eigentlich nie von innen geschlossen wurde. Als sie sie leicht drückte, wurde die Tür geöffnet.

Doch in dem Moment, als die Tür geöffnet wurde, stürmte ihr eine ziemlich kalte Atmosphäre im Zimmer, so dass sie wie im kalten Winterwind zittern musste.

Der Mann saß auf der Bettkante und starrte kalt auf ein Blatt Papier.

Dieses Blatt…

Bald sah Caroline, was er in der Hand hielt. Dann sah sie auch das Chaos auf dem Boden. Sie fühlte sich sehr gedemütigt und hatte das Gefühl, dass ihre Privatsphäre ausspioniert wurde. Sie rannte hinein, schnappte sich das Blatt und fragte sauer, „Warum schaust du meine Sachen ohne meine Erlaubnis? Das ist privat, verstehst du?“

Ha.

Joachim grinste, „Privat?“

Er sah sie mit einem scheinbaren, aber tatsächlich erschrecklichen Lächeln an. „Du hast ein fremdes Kind im Bauch und dann heiratest du mich. Nun willst du mit mir über Privatsphäre reden?“

„Ich… Ich…“ Caroline wollte erklären, aber sie konnte auf einmal keine geeignete Formulierung finden.

Joachim stand auf. Seine Schritte waren sehr rhythmisch, weder zu schnell noch zu langsam. Bei jedem Schritt konnte man spüren, wie sich der atmosphärische Druck näherte. Seine scharfen Augen sahen besonders düster aus, „Sag doch, was willst du denn?“

Wollte sie denn, dass er Vater wurde, ohne es zu wissen? Und dann sollte dieses Kind der erste Enkel der Familie Kiesewetter sein?

Und der früher erwähnte Deal… war es dann nur ihre zweckdienliche Strategie?

Je mehr er darüber nachdachte, desto düsterer wurde sein Gesicht.

Caroline schloss den Mund fest, ihr Körper zitterte und sie trat immer wieder zurück. Dabei bedeckte sie mit den Händen ihren Unterbauch, aus Angst, dass er das Kind verletzen würde. „Ich wollte es dir nicht verheimlichen. Da unsere Ehe nur ein Deal ist, habe ich… habe ich es dir nicht gesagt. Aber ich habe wirklich keinen Zweck.“

Joachims Ton war unerklärlicherweise abschreckend, „Wirklich?“

Caroline schützte ihren Unterbauch und trat langsam zurück. Sie versuchte, ruhig zu bleiben, „Wirklich, wie kann man so etwas verheimlichen? Wenn ich falsche Gedanken hätte, sollte ich Konsequenzen haben. Außerdem kennst du bestimmt Tausende Möglichkeiten, mich zu töten, wenn ich tatsächlich sage, dass es dein Kind ist, oder?“

Obwohl ihre Bewegungen fein und leicht waren, bemerkte Joachim sie trotzdem. Er blickte kurz auf den Unterbauch, den sie beschützte.

Er starrte ihr Gesicht an, „Warum hast du das vorher nicht geklärt?“

Joachim wollte ihr nicht so einfach glauben.

Sie ballte langsam ihre Hände, die gerade ihren Unterbauch schützten. Zwar war dieses Kind für sie zu unerwartet, aber er war immerhin blutsverwandt mit ihr. Sie hatte ihren Bruder schon verloren und wollte deswegen dieses Kind zur Welt bringen.

In Zukunft konnte sie wieder so mit ihrer Mutter und ihrem Kind zu dritt zusammenleben, so wie früher.

Als sie an jener Nacht dachte, musste sie zittern. Kalter Schweiß kam von ihren Handflächen, „Ich, ich weiß es auch erst seit kurzem.“

Sie wagte es nicht einmal, mit Madleen darüber zu sprechen. Sie hatte dieses Ergebnisblatt nicht in der vorherigen Wohnung gelassen, genau weil sie fürchtete, dass Madleen es finden würde.

Aber sie hatte nicht erwartet, dass es gerade so große Probleme verursachen konnte.

Joachim fragte sich tatsächlich, ob ihre Motivation unrein war.

Sie war noch so jung, aber…

Er fragte sich, wie skrupellos ihr Privatleben war.

Joachims Gesicht war ziemlich düster. Er warnte, „Benimm dich in diesem Monat. Wenn ich davon erfahre, dass du was Falsches vorhast…“

„Nein, auf keinen Fall. Ich werde mich richtig verhalten. Wenn ich etwas Falsches mache, dann bestrafe mich ruhig.“ Caroline versprach schnell.

Selbst wenn sie sein Vertrauen nicht gewinnen konnte, wollte sie ihn nicht dazu bringen, an ihrer Motivation zu zweifeln.

Sie befand sich schon in einer misslichen Lage. Wenn es noch mehr Feinde gäbe, wäre es schwerer für sie, ihre Sachen zurückzunehmen.

Joachim starrte sie an. Seine Blicke waren fragend und er schien gerade nachzudenken, ob sie die Wahrheit erzählt hatte.

Es klopfte. Lynn kam herein, „Das Frühstück ist bereit.“

Joachim zog seine Blicke zurück. Er wurde etwas weniger aggressiv, „Räume das hier auf.“

Dann drehte er sich um und ging aus dem Zimmer.

Nachdem Joachim gegangen war, verloren Carolines Beine plötzlich alle Kräfte. Sie stützte sich auf den niedrigen Schrank hinter sich und wartete eine Weile, bis sie wieder Kräfte hatte. Sie ging in die Hocke und hob die Kleidung auf, die auf dem Boden verstreut lag.

Als sie das Ultraschallblatt in der Hand wieder sah, tropften ihre Tränen auf das Papier, und es wurde langsam feucht.

Sie wischte sich das Gesicht ab. Sie durfte nicht weinen, nein. Weinen heißt schwach sein.

Sie durfte nicht schwach sein. Sowohl ihre Mutter als auch das Kind in ihrem Bauch brauchten sie noch.

Sie faltete das Blatt zusammen und steckte es in ihre Tasche. Dann zog sie sich um und ging hinaus.

Im Esszimmer war schon niemand da. Auf dem Tisch lagen eine leere Kaffeetasse und dazu leere Teller. Er hatte bestimmt schon fertig gegessen und war weggegangen.

Caroline fühlte sich irgendwie erleichtert. Sie fand es tatsächlich deprimierend, mit diesem Mann in einem Raum zu sein.

Sie ging an den Tisch und frühstückte.

Nach dem Frühstück ging sie aus dem Haus. Sie hatte versprochen, zu Madleen nach Hause zu gehen. Sie fürchtete, dass Madleen sich Sorgen um sie machte.

Sie wurde sofort von Madleen gehalten, sobald sie in die Wohnung ging. Madleen fragte, „Der Herr Joachim…“

„Mutti.“ Carolines Ton war betonend. Sie wollte nicht viel darüber reden, „Er ist nett. Mach dir keine Sorgen um mich.“

Madleen seufzte. Sie hatte das Gefühl, dass ihre Tochter erwachsen war. Daher hatte Caroline ihre eigene Meinung und hörte ihr nicht mehr so gerne zu. Also sie fühlte sich etwas enttäuscht und traurig, „Ich kümmere mich nur um dich.“

Sie hatte Angst, dass dieser Mann ihrer Tochter gegenüber nicht nett war.

Caroline umarmte sie. Sie war gerade nicht absichtlich, sich mit ihrer Mutter zu streiten. Es war nur so, dass sie vorher mit Joachim gestritten hatte und ihn zu überreden versuchte. Das alles hatte sie erschöpft gemacht und sie fühlte sich nun echt müde.

„Mutti, ich bin nur müde. Ich bin gerade nicht absichtlich. Entschuldigung“

„Ich weiß. Ich bin nicht böse auf dich.“ Madleen berührte ihren Rücken. Sie schien zu spüren, dass Caroline müde war, „Wenn du müde bist, dann geh doch kurz schlafen.“

Caroline nickte. Zwar wollte sie nicht schlafen, aber sie fühlte sich tatsächlich müde. Nachdem sie ins Zimmer gegangen war, schlief sie langsam unbewusst ein.

Mittags machte Madleen das Essen fertig und rief sie zum Essen.

Caroline saß am Tisch. Madleen servierte ihrer Tochter die Speisen, „Ich habe dir Fisch gekocht. Das ist dein Lieblingsessen.“

Madleen hatte ein schlechtes Gewissen. Obwohl sie Caroline zur Welt gebracht hatte, konnte sie ihr keine sorglose Kindheit schaffen, sondern musste sie mit ihr zusammen ein schweres Leben führen.

Caroline sah das Fisch süß-sauer auf dem Tisch an, den ihre Mutter gekocht hatte. Dieses Gericht hatte einen leicht süß-säuerlichen Geschmack. Früher war es ihr am liebsten, aber im Moment roch sie es und ihr wurde sehr übel.

Sie konnte sich nicht zurückhalten, äh…

„Clara(Kosename von Caroline).“

Caroline hatte keine Zeit, um sich zu erklären. Sie bedeckte ihren Mund mit der Hand und stürzte sofort ins Badezimmer, lag auf der Spüle und kotzte.

Madleen machte sich Sorgen, kam also mit ins Badezimmer. Sie hatte selber alles in der Schwangerschaft erlebt. Als sie nun die Reaktion ihrer Tochter sah, wurde ihr Gesicht blass, aber sie konnte es nicht glauben. Ihre Tochter war immer sehr konservativ und brav. In der Uni hatte sie nie einen festen Freund gehabt. Sie wusste gut, ihre Reinheit zu bewahren.

Madleens Stimme zitterte, „Clara, was ist denn los mit dir?“

Carolines Körper wurde plötzlich steif. Ihre Hände hielten den Rand des Waschbeckens und immer fester. Da sie sich schon entschieden hatte, dieses Kind zur Welt zu bringen, dann sollte Madleen früher oder später davon erfahren.

Sie drehte sich um, sah ihre Mutter an, und nahm ihren Mut zusammen.

„Mutti, ich bin schwanger.“

Madleen verlor auf einmal das Gleichgewicht. Sie trat einen Schritt zurück und konnte es nicht ganz glauben. Sie war erst nur achtzehn.

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