Kapitel 2 Ärger machen
Am nächsten Morgen kam der Anwalt mit den Scheidungspapieren.
Die Bedingungen waren klar. Die Villa würde an Nanci gehen, zusammen mit einer Abfindung von hundert Millionen Dollar.
Als sie die Summe sah, war Nanci kurz geschockt, aber sie beruhigte sich schnell wieder. Edward war ihr gegenüber nie geizig gewesen. Er war ein großzügiger Ehemann.
Trotzdem war es ihr unangenehm, eine so hohe Summe anzunehmen.
"Frau Clarkson, laut Ehevertrag gibt es keine Gütergemeinschaft zwischen Ihnen und Herrn Clarkson, und Sie erhalten nach der Scheidung keine Abfindung. Aber Herr Clarkson sagte..."
"Wo ist Edward?"
Nanci blickte zur Tür, ihr Gesicht war bleich vor erwartungsvollem Kummer und verkörperte perfekt das Bild einer verlassenen Frau.
Der Anwalt rückte seine goldumrandete Brille zurecht und antwortete in professionellem und offiziellem Ton: "Was die Aufteilung des Vermögens betrifft, so ist alles in der Vereinbarung festgelegt. Wenn Sie irgendwelche Wünsche haben, sagen Sie es mir, und ich werde sie an Herrn Clarkson weiterleiten."
Als sie bestätigte, dass er nicht da war, sanken Nancis Augen vor Enttäuschung und sie schwieg.
Sie überlegte, wie sie die riesige Summe loswerden könnte.
Die Frauen der Familie Clarkson waren keine leichten Gegnerinnen. Wäre sie mit leeren Händen gegangen, wäre sie vielleicht besser dran gewesen, aber so viel Geld von ihrem Mann anzunehmen, würde die Scheidung nur noch komplizierter machen.
Der Anwalt drückte ihr das Dokument in die Hand und sagte: "Wenn Sie nichts dagegen haben, unterschreiben Sie bitte hier."
Nancis Stimme klang kalt. "Ich will direkt mit ihm sprechen. Ich will das Geld nicht."
Der Anwalt lächelte sanft, seine Haltung war fest. "Herr Clarkson hat heute Morgen keine Zeit für einen Termin. Er hat mich bevollmächtigt, seine Scheidung mit Ihnen durchzuführen."
Wie bitte?
Keine Zeit für einen Termin?
Was für ein perfektes Timing!
Sie stand abrupt auf, ihre Stimme war voller Emotionen. "Kommen Sie mir nicht mit diesem Unsinn! Wenn Sie meine Nachricht nicht weiterleiten wollen, rufe ich ihn selbst an!"
Der Anwalt war schockiert über ihre Hartnäckigkeit.
In einem geräumigen Konferenzraum saß Edward an einem großen Konferenztisch, an dessen beiden Seiten die Führungskräfte des Unternehmens saßen, und hörte sich ihre Quartalsberichte an.
Sein Telefon vibrierte auf dem Tisch, ein unheimliches Geräusch in dieser ruhigen und ernsten Atmosphäre.
Er warf einen Blick darauf und wischte die Benachrichtigung diskret beiseite.
"Mach weiter."
Die Manager folgten seiner Aufforderung und konzentrierten sich auf das Wesentliche.
Der Manager, der die Zusammenfassung gab, bemerkte Edwards verärgerten Gesichtsausdruck, fuhr aber nervös fort.
Keine zwei Minuten später eilte sein Assistent Isaac Newton herein.
Er reichte Edward das Telefon.
Auf dem Display erschien eine fettgedruckte Nachricht. "Edward soll den Anruf entgegennehmen, sonst unterschreibe ich die Papiere nicht!"
Mit einem lauten Knall wurde der Kugelschreiber, mit dem Edward herumgewirbelt hatte, gewaltsam auf den Tisch gelegt.
Unter den besorgten Blicken der Anwesenden nahm er den Hörer ab und erhob sich mit finsterer Miene. "Die Sitzung ist für fünf Minuten unterbrochen."
Im Flur lehnte der Mann an der Wand, seine langen Finger umklammerten den Hörer, und wählte die bekannte Nummer.
Der Anruf wurde sofort entgegengenommen und eine Frauenstimme ertönte. "Edward?"
"Hast du meine Warnung von gestern nicht gehört?" Seine Stimme klang eisig, was darauf hindeutete, dass er sehr schlecht gelaunt war.
Nanci klang völlig verzweifelt. "Ich will mich nicht scheiden lassen, Edward! Bitte sei mir nicht böse. Von jetzt an werde ich dir keine Fragen mehr stellen! Was immer du mit Lisa McGrath, Tracey Kelly, Fiona Turner, Ella Bailey, Amy Gill und all den anderen Mädchen gemacht hast, ich werde dir keine einzige Frage mehr stellen! Ich liebe dich wirklich. Dieses kalte, gefühllose Haus und das Geld sind mir völlig egal!"
Edward umklammerte den Hörer, die Adern traten auf seinem Handrücken hervor. "Nanci Ross!"
"Edward, ich will weder das Haus noch das Geld, ich ..."
"Gut! Ich lasse den Anwalt einen neuen Vertrag aufsetzen, bereue es später nicht!"
Der kalte Ton des Besetztzeichens markierte das Ende des Gesprächs.
In dem Moment, in dem die Leitung tot war, verschwand Nancis mitleidige Miene und ihre Augenbrauen hoben sich, als sie auf das dunkle Display blickte.
Problem gelöst!
Edwards persönlicher Anwalt war äußerst effizient. Zwanzig Minuten später lagen die nagelneuen Scheidungspapiere vor Nanci.
Als sie die Worte "Verzicht auf alle Vermögenswerte" las, liefen Nanci die Tränen über die Wangen. Sie sackte auf dem Sofa zusammen, umklammerte einen Stift und war völlig aufgelöst. Isaac tauschte einen Blick mit dem Anwalt, beide sahen die Hilflosigkeit in den Augen des anderen.
Wusste Frau Clarkson wirklich nicht, was für ein Mensch Herr Clarkson war?
Warum sollte sie grundlos Ärger machen?
Nun, da sie ihr Ziel erreicht hatte, gab Nanci nicht mehr allzu sehr mit ihrer Schauspielkunst an, sondern unterschrieb nur widerwillig mit ihrem Namen. Tränen tränkten das Papier. Schnell wischte sie sich die Augen, aus Angst, die Unterschrift zu verschmieren.
Sobald der Anwalt und Isaac gegangen waren, eilte sie nach oben, schnappte sich ihren Koffer und verließ das Haus. Endlich war sie frei!
"Hat sich die kleine Schlampe wirklich mittellos von ihm scheiden lassen? Sie spielt uns doch keinen Streich, oder? Will sie zu Olivia gehen und sich beschweren?", ertönte eine schrille, böse Stimme.
"Das würde sie vielleicht gerne tun! Aber diesmal hat sie Edward verärgert, und selbst Großmutter kann ihr nicht helfen", sagte Sophie Clarkson verächtlich.
"In der Tat. Lass mich den Vertrag sehen. Sind die Bedingungen klar?"
Nanci, die ihren Koffer trug, stand am oberen Ende der Treppe, und ihr Lächeln verblasste langsam, als sie die beiden unwillkommenen Gäste unten bemerkte. Elizabeth hatte ihre aristokratische Haltung beibehalten und saß auf dem Sofa, als wäre es ihr eigenes Zuhause, während ihre Tochter Sophie neben ihr stand und in den Scheidungspapieren blätterte. Als sie Schritte von oben hörten, schauten beide auf. Sophie war es nicht peinlich, dass man sie beim Blättern in den Papieren erwischt hatte, sondern sie musterte den großen Koffer.
"So ein großer Koffer? Willst du etwa unser Haus ausräumen?", höhnte sie und ihre Augen funkelten.
Nanci kam die Treppe herunter, ihre Stimme war ruhig. "Ein Koffer, um euer Haus auszuräumen? Ich glaube nicht, dass die Clarksons so mittellos sind." Sophie war verblüfft und starrte sie an, als wäre sie ein Monster. Nach einigen Sekunden wandte sie sich an Elizabeth. "Mama! Hast du gehört, was sie gesagt hat? Sie nervt mich immer noch! Will sie immer noch mit uns streiten?"
Mit ihnen streiten? Daran hatte Nanci nie gedacht. Drei Jahre lang hatte sie alle Beleidigungen allein ertragen und sich unauffällig verhalten. Wenn sie einen kleinen Fehler machte, würden sie sich bei Edward beschweren. Dieser arrogante Idiot hasste Ärger und drohte ihr mit der Scheidung, damit sie keinen Ärger machte. Jetzt, nach drei Jahren, brauchte sie diese Qualen nicht mehr zu ertragen.
Sie argumentierte nicht weiter, sondern trat ein paar Schritte vor, riss Sophie die Scheidungspapiere aus der Hand und ging an ihr vorbei zur Tür.
"Bleib stehen!" Elizabeths wütende Stimme ertönte. Nanci blieb einen Moment stehen, dann ging sie weiter, ohne sich umzudrehen.
"Meine Mutter hat gesagt, du sollst stehen bleiben. Hast du sie nicht gehört?" Sophies Stimme klang verzweifelt. Nanci ignorierte sie und öffnete schon die Tür. Sophie konnte sich nicht mehr zurückhalten und schrie: "Nanci, bleib stehen! Ihr beide! Halt sie auf!" Zwei Leibwächter an der Tür mit strengen Gesichtern streckten die Hände aus. "Frau Clarkson, bitte bleiben Sie stehen!"
"Nanci, bist du taub? Warum die Eile? Hast du ein schlechtes Gewissen?" Sophie, die auf ihren hohen Absätzen klapperte, kam schnell auf sie zu und warf ihr einen wütenden Blick zu. Nanci spottete: "Warum sollte ich?"
Sophie zeigte auf ihren Koffer und fragte: "Was ist da drin? Hast du heimlich unsere Sachen eingepackt?"
Nanci schwieg. Als sie Sophies arrogantes und überhebliches Gesicht sah, dachte sie an all die Demütigungen und Beleidigungen, die sie in den letzten drei Jahren bei den Clarksons erlitten hatte, ihre Finger ballten sich zu Fäusten, ihre Augen wurden kalt.
"Ich hatte recht, nicht wahr? Du bist nur wütend, weil du dich schuldig fühlst." Während Sophie sprach, streckte sie aggressiv die Hand aus, um den Koffer zu entreißen. Nanci, die den Griff des Koffers festhielt, wich zur Seite aus, so dass Sophie sie verfehlte und in einem Wutanfall auf sie einschlug.