Kapitel 6: Party und Geheimnisse
JAYDEN
Die Einladung für die Party kam natürlich total gut an. Auch dass die anderen Oberen Klassen kommen durften und Leon freute sich riesig. Er sah in meine Richtung und zwinkerte mir zu. Ich musste lächeln, aber auch aufpassen, dass Andere das nun nicht so mitbekamen. Ich stand gerade in der Pause mit Jordan am Fenster, als Carter her kam und seine Arme um unsere Nacken schlang.
"Na, Jungs! Das wird ein Hammer Wochenende! Vor allem mit meinen zwei Süßen hier!"
Carter roch umwerfend und unauffällig sog ich den Duft von ihm ein. Sein Nacken war greifbar für mich und ich hätte alles getan, dass ich ihn dort küssen durfte. Doch schnell verwarf ich den Gedanken wieder, bevor ich gleich einen Ständer kriegen würde. Jordan lachte nur und dann rief jemand nach Carter und er Blauhaarige verschwand wieder.
Die Woche ging schneller rum als gedacht und es gab die ganze Zeit nur ein Thema. Leon's geschweige denn Lacey's Party. Noch wusste ja niemand, dass sie eigentlich ein er war. Doch bisher kam Leon als Lacey ziemlich gut an und ich hatte irgendwie im Gefühl, dass es auf der Party raus kommen würde. Sei es nun freiwillig oder anderweitig. Ich stand gerade nur mit Handtuch um die Taille vor meinem Schrank und war überfordert. Carter wollte gleich vorbei kommen um Jordan ein wenig beim Styling zu helfen. Mein Bruder hatte es damit nicht so sehr.
"Das ist alles irgendwie dämlich.", redete ich mit mir selber.
"Jay'chen?!", rief Carter auf einmal vor meiner Tür.
Selbst nicht merkend, dass ich eigentlich nichts an hatte, außer dem Handtuch rief ich ihn herein.
"Uff, irgendwie treff ich dich immer so an.", grinste er.
"Was?"
Ich sah an mir runter und wurde rot. Gott, war ich ein Esel.
"Was ist'n?"
Doch Carter antwortete nicht und starrte mich an. Er musterte mich richtig und seine Augen flogen über meinen Körper. Ich wurde immer röter.
"C-Carter?"
"Huh? Achso ja. Kommst du gleich mal rüber zu Jo? Will wissen, was du davon hälst."
"Klar."
Carter nickte nur und ging dann wieder aus meinem Zimmer. Als die Tür zu war, hielt ich mir erst einmal mein rasendes Herz. Mein Puls flog nur so in die Höhe. Beruhig dich, Jayden! Ich zog mir eine schwarze Hose aus dem Schrank, mit weißem T-Shirt und beschloss dann meine schwarze Lederjacke dazu zu tragen. Diese ließ ich jedoch vorerst noch liegen. Ich ging rüber zu Jo und Carter. Er hatte die Haare meines Bruders ein wenig unordentlicher gemacht, denn Jo sah normalerweise immer sehr brav aus. Die Klamotten gingen ja klar.
"Kann sich sehen lassen.", grinste ich.
Jo verdrehte die Augen.
"Ihr tut immer so, als sei ich so wahnsinnig hässlich."
"Bist du nicht, aber du siehst immer so brav aus.", lachte Carter. "Schau dir mal Jay'chen an. Der ist heiß!"
Mich überzog sofort wieder eine Gänsehaut. Man, Man, Man! Jo grinste mich hinter Carter's Rücken an und ich würdigte ihm nur eines bösen Blicks.
"Sollen wir dann los? Denke wir sind alle gestriegelt genug."
"Klar."
"Wir sollten aber heute laufen, falls Alkohol fließt, kann ich dann nicht mehr fahren nachher."
"Soweit ist Le... Lacey's Haus nicht weg.", rettete ich mich schnell.
"Dann los. Wir folgen dir Jay'chen."
Als wir dort ankamen, war es schon sehr laut. Das Haus sah von außen sehr dekorativ aus. Überall hingen Lichter, Girlanden, Ballons und sonst irgendwas. Mit uns trudelten auch Kyle, Dennis, Kate, May und Marvin ein. Einige andere aus unserer Klasse waren schon da und hier und da winkte einer oder man wurde umarmt oder abgeklatscht. Etwa als wir eine halbe Stunde da waren, machte Lacey kurz die Durchsage, dass sie sich freute, dass wir alle da waren und wir viel Spaß haben sollten. Die Leute jubelten ihr zu und die Party nahm ihren Lauf. Mein Bruder, meine Freunde und ich fanden eine gemütliche Ecke mit Sofas und Sesseln und ließen uns dann nieder. Marvin und Dennis holten uns Getränke und wir stießen an.
"Geile Party und hammer Mädels, gell Kate und May?", rief Dennis.
"Ey, Kate gehört mir, klar?", konterte Jo, wofür er sich von Kate einen Kuss einfing.
May rutschte dafür mehr zu Dennis rüber und die Beiden fingen irgendwann an zu knutschen. Kyle und Marvin waren auch auf einmal weg und suchten sich wahrscheinlich jemanden. Ich kam mir total doof hier vor und stand ebenfalls auf. Carter tat es mir gleich, ging aber in eine andere Richtung. Ich ging zur Bar und traf dort Leon.
"Hey, Süßer.", begrüßte er mich.
"Hi."
"Alles okay?"
"Ja, meine Freunde knutschen nur alle rum, das ist etwas unangenehm, wenn man dann so dumm daneben sitzt."
Leon lachte. Er gab mir einen Drink und wir stießen an und fingen dann eine Unterhaltung an. Irgendwann sah ich im Augenwinkel einen blauen Haarschopf und drehte mich in die Richtung. Leon hielt mit seiner Erzählung inne. Carter hatte sich eine geangelt. Natalie aus eine der anderen Klassen. Sie zog ihn zu sich heran und die Beiden fingen an zu knutschen. Mein Herz setzte aus. Ich wusste ja, dass er Hetero war, aber das zu sehen tat mir dennoch weh. Ich drehte mich schnell wieder zu Leon zurück, der meinen Blick bemerkte.
"Oh, ich verstehe.", sagte er auf einmal einfühlsam.
"Was?"
"Du hattest mir gesagt, dass es jemanden gibt den du magst und ich gehe nach deinem Blick zu urteilen davon aus, dass es sich dabei um Carter handelt?"
Ich seufzte und nippte an meinem Drink, ehe ich nickte. Leon tätschelte mir den Arm.
"Seit einem halben Jahr bin ich unendlich in ihn verschossen. Jo habe ich das vor einiger Zeit gebeichtet. Kyle weiß es auch und du halt nun. Achja und Kate. Er hatte dann mal vorsichtig gefragt, was er so mag und Carter sagte dann er sei Hetero."
"Irgendwie hätte ich das nicht gedacht. Die letzte Woche hat er dir immer oft irgendwelche Blicke zugeworfen und auch als ich mit ihm im Gespräch war und du aus dem Raum bist, hat er dir hinterher gesehen. Glaube er hatte dir auf den Arsch geguckt."
Ich wurde rot.
"Deswegen dachte ich Carter würde auf dich stehen. Schade, ihr wärt ein süßes Paar.", grinste er, was mich noch röter werden ließ.
Ich fuchtelte vor meinem Gesicht herum.
"H-Hör auf!"
"Vielleicht ist das nur eine Masche von ihm. Er mag ja vielleicht Hetero sein. Aber die Seiten wechseln kann man immer noch. Eventuell soll das keiner von uns oder so merken, dass er schwul ist oder wird?"
"Nein, das glaube ich nicht. Aber es ist auch egal. Es ist seit einem halben Jahr so. Irgendwann muss ich vielleicht doch darüber hinweg sehen.", seufzte ich.
Leon tätschelte mir erneut über den Arm, was mich zum lächeln brachte. Auf einmal schrie hinter uns jemand aus einer anderen Klasse.
"Leute, Zeit für ein Partyspiel! Wahrheit oder Pflicht! Wer hat Bock?"
Da meldeten sich viele und begaben sich dann in einen anderen Teil des Gartens, wo mehr Platz zum sitzen war. Meine Freunde und mein Bruder waren auch dabei. Ich war nur mitgegangen, weil Leon mich hinter sich hergezogen hatte. Carter hatte die Tussi im Arm und zwinkerte mir aber zu, als er mich sah. Irgendwie machte mich das aber wütend und ich ignorierte ihn. Ich ließ mich plumpsen und Leon setzte sich zu mir.
"Also klar. Regeln sind bei Wahrheit die Wahrheit sagen und bei Pflicht seine Aufgabe erfüllen. Wer es nicht tut, wird bestraft, klar? Es muss nicht immer der Aufgaben geben der dran war, man kann auch mithelfen.", sagte der Junge, dessen Name mir dann wieder einfiel. Evan.
"Gut, ich fange mal an."
Er nannte irgendeinen Namen aus seiner Klasse, der Pflicht nahm und seinen nackten Arsch präsentieren sollte, was er auch ohne Umwege tat. Das ging eine Weile durch diese Klasse, bis dann Tanner dran kam, der auch gut mit Kyle war und diesen dann an die Reihe nahm.
"Ich nehme Pflicht!", sagte Kyle.
"Gut, fass deinem Kumpel Jay in die Hose! Also so richtig ne?", grinste dieser.
Au weia. Ich wurde nervös, ich war zwar nicht in Kyle verliebt, aber er war ein Kerl und wenn mir ein Kerl an den Schwanz ging, ließ mich das nicht kalt! Doch Kyle nahm das auf die leichte Schippe, wahrscheinlich weil ich sein Freund war. Er rutschte zu mir, griff in meine Hose und grabschte mich an. Ich quietschte etwas zu laut auf, was die Leute zum Lachen brachte. Kyle holte seine Hand wieder raus und ich kniff meine Beine zusammen.
"Sorry, man!", grinste er.
Ich schnaufte.
"Jay, Wahrheit oder Pflicht?"
"Pflicht.", sagte ich monoton.
Irgendwie befürchtete ich, dass er wollte, dass ich irgendwas bei Carter machte, aber ich hoffte er würde das nicht tun. Ich sollte mein Shirt ausziehen, was jetzt nicht unbedingt etwas schlimmes für mich war. Ich tat dies also und die Mädchen, wie auch einige Jungs freuten sich offenbar über diesen Anblick.
"Bleib so!", rief jemand.
"Was?"
Leon nahm es mir weg und warf es dann irgendwo hin. Gut, dass wir noch einigermaßen milde Temperaturen hatten. Ich nahm einfach Jo dran, der dann seine Kate an den Brüsten befummeln sollte, dieser wiederum nahm seine Freundin dran und irgendwann kam halt Carter an die Reihe. Die Tusse die bei ihm war, hatte sich aber immerhin von ihm gelöst und saß nur noch so neben ihm.
"Pflicht.", sagte Carter grinsend.
Langsam hatte ich keine Lust mehr auf das Spiel und ich suchte mein T-Shirt. Dies lag schon wieder neben mir. Doch bevor ich es anziehen konnte, hörte ich Carter's Aufgabe und fiel fast vom Glauben ab.
"Carter muss Jayden mit Zunge küssen!"
"Wie bitte?", brüllte Carter. "Ich kann doch meinen Kumpel nicht abknutschen!"
"Küssen! Küssen! Küssen!", brüllte die Menge.
"Ist ja gut!", rief Carter dann irgendwann, was ihm Jubel bescherte.
"Aber Jayden soll das T-Shirt auslassen!"
"Ohja, wie heiß!"
Oh Gott, Oh Gott, Oh Gott! Carter stand auf und kam zu mir herüber. Er beugte sich zu mir und sein unwiderstehlicher Duft flog mir sofort wieder in die Nase. Er nahm mein Gesicht in seine Hände und ich konnte aus seinem Blick absolut nicht deuten, was er gerade davon hielt. Doch er tat seine Pflicht, drückte seine Lippen auf meine und schob mir die Zunge in den Mund. Ich musste mir wirklich ein Stöhnen verkneifen. Dann ließ er wieder von mir ab. Mein Gesicht war mit Röte durchflutet, ich zog mich schnell wieder an und sah dann wie Carter sich wieder hinsetzte. Er wischte sich den Mund ab und ließ sich dann von seiner Tussi abknutschen. Ich glaube mir wurde schlecht. Ich stand auf und wollte dem Spiel nicht mehr beipflichten. Aber Leon hielt mich zurück und zog mich wieder zu sich.
"Ich bin bei dir.", sagte er liebevoll.
Mein Herz tat unendlich weh. Noch offensichtlicher hätte er mich auch nicht zeigen können, wie sehr er sich davor ekelte mich zu küssen. Eigentlich sollte es mich gar nicht so sehr stören, aber ich war halt in ihn verliebt und dies machte das Ganze halt doch deutlich schwerer. Ich ließ von Leon wieder runter ziehen, der dann von Carter dran genommen wurde.
"Wahrheit.", sagte Leon ruhig.
"Erzähl uns ein Geheimnis."
Dies kam aber nicht von Carter, sondern von wem anders. Und ich wusste glaube ich schon, was Leon ihnen sagen würde.
"Ein Geheimnis? Oh, da habe ich viele. Aber ich werde euch eines erzählen, was glaube ich an der Zeit ist. Ihr habt mich alle gut aufgenommen und ich hoffe, dass es so bleibt, wenn ihr die Wahrheit über mich erfahrt."
Die Leute verstummten sofort, denn offenbar hatten sie nicht mit so einer Ernsthaftigkeit von Leon gerechnet. Dieser stand auf, klopfte sich den Dreck von den Klamotten und zog sich dann die Perücke vom Kopf. Die Masse blieb eine Weile weiterhin stumm und sah sich das Spektakel einfach nur an. Leon grinste nur.
"Du bist also wirklich ein Kerl?!", schrie Carter auf einmal.
Da wurden die anderen dann auch langsam wach und einige meinten, sie hätten schon den Verdacht gehabt. Leon sagte dann wie er eigentlich hieße und erzählte dann seine Geschichte, die er mir gesagt hatte. Doch auch hier zeigten sich meine Mitschüler sehr tolerant und fanden es sogar eher mutig, dass er sich traute vor so einer Menge die Wahrheit zu erzählen.
"Ich bin mal so, mal so. Entweder man akzeptiert dies oder man dreht sich einfach um und geht."
Auch einige der Leute die nicht mitgespielt hatten, hatten sich dazu gesellt, weil sie wohl das Laut werden von uns gehört hatten. Leon lächelte charmant in die Runde und die meisten von uns standen auf, klatschten ihn ab, klopften ihm auf die Schulter und die Mädels umarmten ihn. Er erzählte auch, dass ich dies bereits wusste und dankte mir, dass ich vorab nichts gesagt hatte. Das Spiel löste sich dann aber auf und jeder ging wieder seinem Beschäftigung nach. Nur ich nicht. Ich wollte hier weg. Carter sollte sie meinetwegen küssen, bis ihr Mund wund wurde, aber ich wollte das Ganze nicht sehen. Ich ging vor das Eingangstor und setzte mich dort auf eine der Bänke die da standen. Ich hatte mir so sehr gewünscht, ihn mal zu küssen, dann durfte ich es und was hat es mir gebracht? Jetzt ekelt er sich wahrscheinlich auch noch vor mir. Ich kam mir gerade total jämmerlich vor, aber ich war auch nur ein Mensch mit Gefühlen. Irgendwann kam Jo um die Ecke.
"Da bist du ja. Huh? Alles okay?", fragte er, als er meinen Blick sah.
"Ich glaube, Carter ekelt sich nun vor mir."
"Was? Wieso denn das?"
"Weil er sich den Mund abgewischt hatte, nachdem er mich geküsst hat und sich von der Tussi hat direkt abschlabbern lassen."
"Oh, Jayden. Du wusstest das doch."
"Natürlich wusste ich das, das ändert aber nun einmal nichts daran, dass ich in Carter verknallt bin, ok? Nur weil er nicht auf mich steht, kann ich meine Gefühle nicht einfach abstellen!"
"Entschuldige bitte, das war dumm von mir. Ich weiß doch. Ich werde mal mit ihm reden, ok? Also ich sag ihm nichts von deinen Gefühlen keine Sorge. Aber du sollst wenigstens wissen, ob so alles klar zwischen euch ist."
"Mach was du willst. Ich gehe schon mal nach Hause. Sag Leon noch Tschüss von mir, ja?"
"Gut, mach ich. Wenn was ist, schreib mir halt."
Ich nickte nur und verschwand dann in die Dunkelheit.