Kapitel 2
Der Morgen war kühl. Das zerrissene und verwitterte Kleid war nicht warm. Das taufeuchte Gras kühlte meine nackten Füße.
Diejenigen, die sich selbst als Menschen bezeichneten, lieferten mich ohne zu zögern an die Drachen aus.
Das arme Mädchen, das seinen Lebensunterhalt mit dem Nähen von Kleidern verdiente - davon haben wir jetzt genug, das himmlische Reich kann einen Tribut zahlen. Aber der Tribut muss trotzdem gezahlt werden.
Den Drachen muss immer Tribut gezollt werden.
Die Wachen stürmten in meine Zelle, nahmen mich unter die Arme und führten mich ab. Und dann gingen sie zu den alten Menhiren, wo sie gewöhnlich den Drachen Tribut zollten. Sie sprachen nicht, sondern ketteten mich lediglich an einen Stein neben einem der alten Menhire und drückten meinen Rücken gegen die raue, kalte Oberfläche.
Neben seinen Füßen stand ein Korb mit Geschenken: Gold und Silber aus den Gräbern eines alten, geheimnisvollen Volkes, das dieses Land einst bewohnt hatte. Aber es war nicht mehr viel übrig, oder?
Mir war nach hysterischem Lachen zumute.
Sie haben das Handout versüßt. Wenn ich das Mädchen nicht mochte, konnte ich wenigstens das Gold und das Silber nehmen.
Der kreisförmige Boden wurde von allen Seiten vom Winde verweht. Das Kleid wackelte so sehr, dass es mir bald vom Körper fallen würde. Auf meiner Haut bildete sich sofort eine Gänsehaut. Meine Hände begannen sich zu versteifen.
Ich biss mir auf die Unterlippe, atmete geräuschvoll aus und schaute in den grauen Himmel. Goldene Geister, beschützt mich. Ich bitte Sie. Ich habe sonst niemanden, auf den ich mich verlassen kann.
Von irgendwo rechts kam ein Lachen, bei dem ich mir die Ohren zuhalten wollte. Ich erschauderte und erstarrte. Leben in den Menhiren Monster? Sie wurden nicht umsonst zwischen das Land der Menschen und das der Drachen gesetzt.
Als ich den Blick auf den Pass richtete, der wie die Reißzähne eines Höhlen-Tsaluns aussah, einer riesigen Bestie, die in Alpträumen auftaucht, wurde mir klar, dass alle Gebete vergeblich waren. Mehrere Schatten stiegen geschickt die steilen Felsvorsprünge hinab. Oder war es nur einer, aber ich konnte nicht erkennen, wovor ich Angst hatte?
Es gibt kein Zurück mehr. Drachen nehmen, was ihnen gegeben wird. Sie bringen niemanden zurück. Kein einziger unserer jungen Männer oder Mädchen hat nach seiner Versklavung jemals ein Zuhause gefunden.
Mein Herz klopft und mein Mund ist trocken. Die Angst blühte in mir auf wie eine schwarze Blume. Erst jetzt wurde mir endgültig bewusst, was mich erwartete.
Ein undurchdringlicher Nebel umhüllte plötzlich die Gegend, in der ich mich befand. Das Lachen hallte wider und ließ mich zurückschrecken. Ist das ein Drache? Bei den goldenen Göttern, warum lacht es?
- Hilfe, Hilfe, Rettung...", flüsterte ich mit ausgetrockneten Lippen.
Plötzlich berührte etwas meinen Arm.
Ich sah auf und versuchte, nicht zu schreien. Doch statt Entsetzen und Abscheu empfand ich eine seltsame Wärme. Waren Drachen nicht die Monster, die sie angeblich sind? Oder täuschen sie es absichtlich vor, um mich einzulullen?
Der Nebel lichtete sich teilweise, und ich sah ihn.
Ein Mann - kein Ungeheuer.
Groß, einen Kopf größer als ich. Er war schulterhoch, seine Muskeln wölbten sich auf seinen kräftigen Armen und seiner nackten Brust. Tätowierungen schlängelten sich wie ein Band an seinen Unterarmen entlang. Lederhose, Stiefel und ein breiter Gürtel mit Metallplatten. Auf jeder Platte war eine Art Hieroglyphe eingraviert, die mit Magie gefüllt war. Ein Gardist, nur ein Drache?
Das Gesicht ist sehr männlich, mit rauen Zügen. Und gleichzeitig fast schön. Er war offensichtlich kein gewöhnlicher Krieger, obwohl er sehr einfach gekleidet war.
Er hatte eine hohe Stirn, schwarze Augen mit dem charakteristischen schmalen Schlitz eines Drachens und steif zusammengepresste Lippen. Er hatte eine gerade Nase, hohe Wangenknochen und eine Narbe auf seiner rechten Wange. Schwarzes, dichtes Haar fiel in einer Mähne über seinen Rücken und seine Schultern. Ein paar Strähnen, die mit silbernen Spangen gebunden waren, flatterten in der Brise.
In seinen Augen herrschte Dunkelheit, wie der Abgrund eines verfluchten Drachens, in den die Seelen der Toten von Geistern getragen werden.
Er starrte schweigend und aufmerksam. Ohne ein Wort zu sagen, streckte er die Hand aus und griff nach meinem Kleid. Der Stoff riss, und er fiel in einem unförmigen Schatten zu meinen Füßen. Ich stöhnte und drückte meine Augen zu. Ich wollte den Blicken des gierigen Mannes ausweichen.
- Sieh mich an", befahl er.
Die Stimme war tief und dröhnend. Ich erschauderte, denn ich wusste sofort, dass es keinen Sinn hatte, sich zu wehren.