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1. Die Fremde im Nebel

Die Sonne war gerade erst hinter den fernen Bergen aufgegangen, doch der Morgennebel hing immer noch dicht in den Tälern. Danny zog seinen Umhang enger um sich, während er auf den schmalen Pfad am Waldrand entlanglief. Die Luft war kalt, und die Stille des Waldes wurde nur vom gelegentlichen Rascheln eines Vogels unterbrochen. Es war eine Ruhe, die ihn früher beruhigt hatte. Doch in letzter Zeit fühlte sich diese Stille bedrückend an, als ob sie etwas verbarg, das er nicht sehen konnte.

Seit Wochen verspürte Danny eine seltsame Unruhe in sich. Es war nicht die Art von Alarm, die einen sofort zur Vorsicht mahnte, sondern ein leises, konstantes Ziehen, ein Flüstern, das er nicht ignorieren konnte. Es führte ihn immer wieder in den Wald, wo er nach Antworten suchte, die er selbst nicht verstand.

An diesem Morgen jedoch war etwas anders. Der Nebel wirkte schwerer als sonst, fast lebendig. Während Danny tiefer in den Wald ging, begann er das Gefühl zu haben, beobachtet zu werden. Er hielt inne, ließ seinen Blick schweifen und lauschte.

„Da ist nichts," murmelte er zu sich selbst und schüttelte den Kopf. Doch der Gedanke beruhigte ihn nicht.

Er wollte gerade umkehren, als er eine Bewegung im Nebel sah. Zuerst dachte er, es sei ein Schatten eines Baumes, doch die Silhouette bewegte sich zu gezielt. Danny spannte sich an und griff instinktiv nach dem Griff des Dolches, den er unter seinem Umhang trug. „Wer da?" rief er, seine Stimme fest, aber nicht feindselig.

Aus dem Nebel trat eine Gestalt hervor. Eine Frau, gehüllt in einen dunklen Umhang, der mit feinen Stickereien aus Silber verziert war. Ihr Haar war rabenschwarz und fiel in unordentlichen Strähnen über ihre Schultern. Doch es waren ihre Augen, die Danny fesselten – ein tiefes, stahlgraues Blau, das gleichzeitig kalt und eindringlich wirkte.

„Ich wollte dich nicht erschrecken," sagte sie mit einer ruhigen, klaren Stimme. Danny lockerte seinen Griff um den Dolch, aber er ließ ihn nicht los. „Wer bist du? Und warum bist du hier?"

Die Frau trat näher, bis sie nur noch wenige Schritte von ihm entfernt stand. Ihre Bewegungen waren geschmeidig, fast wie die eines Raubtiers, doch sie wirkte nicht feindselig.

„Mein Name ist Kira," sagte sie schließlich. „Ich suche jemanden. Einen Mann, der das Gleichgewicht zwischen Licht und Schatten kennt. Einen Mann, von dem man sagt, er habe die Dunkelheit selbst berührt und überlebt."

Danny spürte, wie sich sein Magen zusammenzog. Es war nicht das erste Mal, dass Fremde nach ihm suchten, aber etwas an dieser Frau war anders. „Was willst du von mir?" fragte er vorsichtig.

Kira lächelte schwach, ein Lächeln, das weder freundlich noch kalt war – es war einfach nur leer. „Die Welt mag glauben, dass die Schatten besiegt sind. Aber du und ich, wir wissen es besser."

Die Worte ließen Danny erstarren. Er hatte seit einem Jahr versucht, das Flüstern der Schatten in seinem Inneren zu ignorieren, es als einen Teil von sich zu akzeptieren, den er nicht ändern konnte. Doch diese Frau sprach davon, als wüsste sie genau, was in ihm vorging. „Ich weiß nicht, wovon du redest," sagte er scharf.

Kira lachte leise. „Oh, ich denke, das weißt du genau. Die Schatten... sie sind immer noch da, nicht wahr? Du kannst sie fühlen, tief in dir. Sie sind nicht besiegt. Sie warten." „Hör auf," knurrte Danny und machte einen Schritt zurück.

Doch Kira blieb ruhig. „Ich bin nicht hier, um dir zu schaden. Im Gegenteil, ich bin hier, weil ich glaube, dass wir beide dasselbe Ziel haben: zu verhindern, dass die Dunkelheit zurückkehrt. Und dafür brauche ich dich."

Danny starrte sie an, sein Atem beschleunigt. Jede Faser seines Körpers wollte ihr nicht vertrauen, doch es gab etwas an ihr – etwas, das ihn daran hinderte, sie fortzuschicken. „Was weißt du über die Schatten?" fragte er schließlich.

Kira senkte ihren Kopf leicht, bevor sie ihn wieder ansah. „Mehr, als ich zugeben möchte. Die Schatten... sie sind ein Teil dieser Welt. Sie waren es immer. Sie wurden nicht zerstört, Danny. Sie wurden nur zurückgedrängt. Und jetzt sammeln sie sich wieder. Tief in den alten Ruinen, an Orten, die längst vergessen sind." „Und warum kommst du zu mir?" fragte er.

„Weil du der Einzige bist, der sie versteht," sagte Kira schlicht. „Du bist der Hüter des Gleichgewichts. Und wenn das Gleichgewicht kippt, wird niemand diese Welt retten können."

Ein schweres Schweigen legte sich über sie. Danny wollte sie fortschicken, ihr sagen, dass sie sich irrte. Doch tief in seinem Inneren wusste er, dass sie die Wahrheit sprach. Die Schatten waren nie fort gewesen. Und wenn sie tatsächlich zurückkehrten, dann war er vielleicht der Einzige, der sie aufhalten konnte. Doch noch immer blieb die Frage: Wer war Kira wirklich? Und konnte er ihr trauen?

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