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5 Verhängnisvoller Neumond

Endlich ist es soweit!

Neumond!

Und damit die Nacht, in der ich mich das erste Mal hier verwandle. Ich merke bereits langsam die Nebenwirkungen vom Mensch bleiben, doch heute wird es ein Ende haben!

Schlafen kann ich eh nicht, dennoch warte ich bis um 1 Uhr, ehe ich mich ausziehe und auf leisen Sohlen aus dem Garten schleiche.

Dann, endlich, kann es losgehen!

Ich höre meine Knochen brechen, der Schmerz bringt mich beinahe um den Verstand. Je länger man sich nicht verwandelt hat, desto schlimmer werden die Schmerzen beim Verwandlungsprozess.

Doch schon ist es hinter mir und nichts hält mich mehr, ich renne wie wild durch den Wald. Mittlerweile kenne ich ihn auswendig, ich habe mir meine Route, die ich rennen will schon hunderte Male angeschaut. Ein kleiner Bach führt da durch, über welchen ich im Zick zack rüberspringe, meine Pfoten lautlos über den Boden fegend!

Welch ein berauschendes Gefühl. Die Blätter unter den Pfoten, der Wind in meinem Fell, das Glück macht mich betrunken. Mein Verstand benebelt sich, die Gerüche umschmeicheln mich. Besonders dieser eine, nach Honig und Zitrone, wie ein frischer Wind kurz bevor es regnet. Mein Lieblingsduft!

Und dann bin ich mit einem Mal wieder nüchtern. Der Geruch beisst sich in meiner Nase fest, und durch den Maschendrahtzaun erkenne ich auch den Grund dafür.

Ein grosser, dunkelbrauner Wolf.

MATE!

Mein innerer Wolf ruft so laut, dass ich erschrocken zusammenzucke.

Panik lässt Adrenalin durch meinen Körper schiessen und es gibt nur noch ein Gedanke.

Weg hier, und zwar so schnell wie möglich!

Mein Wolf beginnt zu rebellieren, doch er hat keine Chance!

So schnell mich meine Beine tragen, renne ich durch den Wald, fliehe.

Ich hatte Glück, ich stand wieder im Windschatten, doch ich bin mir sicher, der andere Wolf hat mich dennoch bemerkt!

Das darf jetzt doch nicht wahr sein!

Ist denn die ganze Welt gegen mich!?

Wieso muss es ausgerechnet einer aus dem Silberseerudel sein?

Meine erste Verwandlung, und ich treffe einen anderen Werwolf. Zum heulen!

Glücklicherweise werde ich nicht verfolgt, und ich komme unbeschadet zuhause an. Auch wenn alles in mir zurück will, ich bin ohne Erlaubnis im Territorium eines anderen Rudels. Es herrscht ein trügerischer Frieden zwischen den Rudeln hier.

Komm schon Sam, Augen zu und durch! Du darfst einfach nicht mehr in die Nähe des Zaunes gehen!

Ich rede mir immer wieder gut zu, ehe ich in einen unruhigen Schlaf falle.

Irgendwie ist es heute komisch. Die Stimmung auf dem Schulhof ist angespannt, und die Luft zum greifen dick.

Tobias, der neben mir sitzt, unkonzentriert und mürrisch.

"Sag mal, was ist n dir für ne Maus über die Leber gelaufen? So mürrisch heute?" Versuche ich ihn aufzuziehen. Ich mag es, ihn etwas zu provozieren, er mag mich immer noch nicht.

"Halt die Fresse, ganz dünnes Eis heute!"

Woah, das hab ich noch nie erlebt, dass er so austickt.

"Chills, Tobi... kein Grund, so auszurasten!"

Wütend setze ich mich. Soll er doch, wenn er will, aber mich soll er in Ruhe lassen.

Endlich kommt der Lehrer und es kehrt Ruhe in die Klasse ein. Endlich. Dennoch werde ich das Gefühl nicht los, dass etwas nicht stimmt.

Und langsam keimt in mir der Verdacht auf, dass ich der Grund dafür sein könnte!

Ich wurde gesehen, und leider lässt sich das nicht von der Hand weisen. Auch wenn mich mein Gegenüber nur kurz gesehen hat, falls er meinen Duft in die Nase bekam, weiss er, dass ich sein Mate bin. Und noch schlimmer, ich kann Bounty nicht als mich ausgeben!

Bitte hab mich nicht gerochen!

Es reicht, wenn mein Wolf verrückt spielt! Und das schlimmste, ich bin so schnell wieder weg, dass ich nicht mal weiss, wer mein Mate ist! Nur eines bin ich mir sicher, Tobi ist es nicht!

Zum Glück! Das hätte ich nicht ausgehalten!

Der Schultag geht vorbei, und ich wurde das Gefühl nicht los, dass wirklich was im Busch ist.

Heute würde Anna wieder zu mir kommen um zu lernen, vielleicht kann ich bei ihr unauffällig was herausfinden.

Sie steht bereits vor dem Schultor und diskutiert heftig mit Tobi. Ich spitze meine Ohren und versuche einige Wortfetzen zu verstehen.

"Ich glaube nicht daran, wer wäre schon so blöd in unser Revier zu kommen?", fragt Anna.

"Willst du damit etwa behaupten, dass er lügt?"

"Nein, nur, dass ich es mir nicht vorstellen kann!"

"Wenn ein Rogue unterwegs ist wüssten wir das doch?"

Ooookay, ich bin doch kein Rogue!

Ich beeile mich, näher zu kommen und werde auch bemerkt.

Sofort unterbrechen sie ihr Gespräch und Anna wendet sich lächelnd mir zu.

"Hey Anna... können wir?", frage ich.

Tobi knirscht mit den Zähnen.

"Ja klar... aber wollen wir nicht heute zu mir gehen?"

Ich war noch nie bei ihr, daher nicke ich. Tobi verdreht die Augen: "Müssen wir Sam wirklich mitnehmen? Dieses Parfum stinkt!"

Anna gibt im einen kräftigen Schlag auf den Hinterkopf: "Das kannst du nicht so sagen! Nur weil du ihn nicht magst...!"

"Komm schon, du kannst ihn auch nicht mögen! Sam, wieso kannst du nicht 'n anderen Duft tragen? Ich mein's Ernst! Ich kriege davon Kopfschmerzen!"

Ein bisschen kann ich ihn ja schon verstehen, mir bereitet er ebenfalls Übelkeit. Doch ich muss da durch!

"Das war der Lieblingsduft meiner Mum... sorry, auf den werd ich nicht verzichten..."

Gelogen! Absoluter Blödsinn! Mum fände ihn schrecklich!

Ich hole Luft, um noch was weiteres klarzustellen, da streiten die beiden bereits wieder weiter.

"Hast du gehört, Tobi? Gewöhn dich dran. Ich finde ihn auch nicht prikelnd, aber jammere ich deswegen? Nein! Also, gehen wir!"

Anna zieht mich am Ärmel davon, Richtung Auto. Sie fährt so n schicken kleinen, knallroten Mini, in welchen wir uns nun setzen. Mir fällt gerade auf, dass ich gar nicht weiss, wo sie wohnt, aber es soll in der Nähe von mir sein, hat zumindest Sandra gesagt. Und tatsächlich fahren wir in die selbe Richtung.  Zumindest eine Weile, dann biegt sie ab.

Und mit einem Schlag wird mir bewusst, wo wir hinfahren.

Die Siedlung, die zum Privatwald gehört.

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