KAPITEL .04
Montag, 24. Oktober.
Elsa kaut an der Spitze ihrer Stiftkappe, während ihre Finger das Blatt schwärzen, das vor zwei Stunden noch weiß war.
Ich beobachte, wie schnell ihre Finger schreiben, wie sich ihre Augenbrauen jedes Mal kräuseln, wenn ich meine Lippen öffne, um triviale, harmlose Dinge zu sagen, und wie ihre platinblonden Locken sein blasses Gesicht so schön umrahmen.
Ich verstecke mich etwas mehr hinter dieser Maske der Gefühle, ich verstecke mich hinter einem derben Humor und einem süßen Lächeln, wenn ich nur eines will, Frieden. Ich suche inneren Frieden, aber mein Gehirn hat sich anders entschieden, es projiziert mich ständig in meine schmerzhaften Erinnerungen.
Die sanfte Hintergrundmusik des Chatrooms beruhigt die Qualen meines Kopfes, aber meine Dämonen sind stark, sehr stark. Nach und nach wird jeder Teil meines Wesens in eine schmerzhafte Erinnerung gesaugt.
Ich liege in meinem Bett und halte mir die Ohren zu.
Die Schreie hallen in meinem Kopf wider. Das Geräusch von zerbrechendem Glas zerreißt die Luft.
Die für mich so üblichen Schläge bringen die Blonde zum Schreien.
Ich bewege mich nicht, ich bleibe unter meiner Decke versteckt.
Meine kleinen Hände ziehen an der Decke, um mein Gesicht zu verbergen.
Die schroffe Stimme des Mannes, den ich auf der Welt am meisten hasse, beschimpft und beleidigt alles.
Ich kann nicht mehr, ich will nichts mehr davon hören.
Alles ist meine Schuld. Ich habe alles zerstört.
Ich sollte schreien, nicht sie.
Ich strecke meine Hand aus meiner Deckenhöhle aus. Ich schnappe mir diesen großen schwarzen Pullover, der mir ein Kleid macht. Ich rieche den beruhigenden Duft der Person, die mir am meisten bedeutet hat. Aber er ist weg und das alles wegen mir.
Die Schreie hören auf, die Haustür fällt zu.
Ich höre ihn weinen, einen Tränenanfall.
Mein Gesicht ist tränenüberströmt. Ich trockne meine Tränen mit meinem Ärmel und stehe von dem großen Bett auf. Meine kleinen nackten Füße kommen mit dem kalten Flurboden in Kontakt.
Ich gehe vor.
Ich öffne die Wohnzimmertür.
Sein Körper am Boden, Blut, Tränen.
-Jack? Wie geht es dir ?
Meine Erinnerung fliegt davon.
Ich erwidere Elsas Blick. Sie unterbrach ihre Geste. Seine Feder schwebt über dem geschwärzten Blatt. Seine Augen untersuchen mich.
- Äh... ja, es ist in Ordnung.
Elsa legt ihren Notizblock und ihren Stift auf den kleinen Couchtisch zwischen uns.
Mein Blick wandert zu dem großen Fenster seines Büros.
Die Aussicht dort ist grandios.
Wir haben einen atemberaubenden Blick auf die Wolkenkratzer von Manhattan.
Seine Stimme unterbricht mich in meiner Betrachtung.
- Ich lade dich zum Mittagessen ein, sagst du?
Ich drehe meinen Kopf zu Elsa. Ich drücke ein falsches Lächeln auf mein Gesicht, ihre Augenbrauen ziehen sich in Falten.
-OK
Ich stehe langsam auf. Elsa packt schnell ihre Sachen weg, schnappt sich ihre Jacke und wir verlassen ihr Büro.
Es ist fast Mittag. Ich arbeite heute nicht, der kleine Laden, in dem ich arbeite, wird zum x-ten Mal in zwei Jahren gebaut.
Wir gehen wie Hunderte von Amerikanern durch die überfüllten Straßen von New York.
Die heiße Luft wärmt meine Haut. Elsa geht neben mir.
Wir überqueren die unzähligen Kreuzungen Manhattans.
Ich rieche die Sommerluft. Elsa spricht, sie erzählt mir, warum sie diese Stadt so liebt. Ich merke, dass diese junge Frau furchtbar gesprächig ist, wo ich fast schweige.
Meine Gedanken werden von dem Ton ihrer Stimme aufgesaugt und nicht von dem Inhalt dessen, was sie zu mir sagt. Ich lasse mich von der dünnen Stimme meiner jungen Psychologin einlullen. Ich höre mit abgelenktem Ohr zu, aber sie merkt es nicht, da sie von ihrem Thema gefesselt ist.
Elsa packt mich am Arm. Ein dünner elektrischer Strom friert mich an Ort und Stelle ein.
Ich drehe mich um und begegne seinem Meeresblick und seinem offenen Lächeln.Seltsamerweise wird mir sofort warm ums Herz.
- Chinesisch sagst du?
Elsas Haar fliegt im Sandsteinwind. Ihre Augen glänzen vor Schalk, sie zieht die Schöße ihrer grauen Jacke enger.
Tief in mir bewegt mich diese junge Frau, die so zerbrechlich aussieht.
-Es ist okay für mich.
Ein Lächeln bildet sich auf seinen Lippen.
Mit einer Handbewegung zeigt sie mir ein großes weißes Gebäude. Am unteren Ende dieses Gebäudes gibt es große Fenster mit Blick auf die Straße, ich schätze, es muss ein berühmtes chinesisches Restaurant sein.
Auf dem kleinen Schild am Eingang steht in goldenen Lettern auf einer makellosen Plakette:
"NOBU New York - 105 Hudson Street"
Auf dem kleinen Schild am Eingang steht in goldenen Lettern auf einer makellosen Plakette: „NOBU New York – 105 Hudson Street“
Das fröhliche kleine Klingeln der Tür hallt in meinem Kopf wider. Die Absätze von Elsas kleinen Stiefeln hallen durch das Esszimmer.
Eine junge Frau mit dunklem Haar und chinesischem Charakter begrüßt uns.
Elsa spricht, aber ich bin vom typischen Akzent der Kellnerin gefesselt.
Ohne es zu merken, saßen wir an einem kleinen Tisch in der Nähe des Erkerfensters.
Wir sitzen einander gegenüber auf Bänken. Meine Augen wandern durch den Raum, während meine junge Psychiaterin mit einem Lächeln im Gesicht die Speisekarte liest.
Ich bin überwältigt von der Helligkeit des Raumes. Die sanfte Wärme der Sonnenstrahlen kitzelt meine Unterarme. Warme Töne überwiegen. Das Zimmer ist groß, wir haben sogar die Köche in der Küche gesehen. Dieses Restaurant ist schick, ohne übertrieben zu sein. Das ist es, was ich an Elsa so mag, ihre Einfachheit, aber auch die Tatsache, dass sie einen ausgezeichneten Geschmack hat.
Meine Augen wandern über all die Wörter auf der Speisekarte. Ich habe noch nie chinesisch gegessen und ich habe keine Ahnung, was in diesen Gerichten ist.
Die Kellnerin nähert sich.
Elsa befiehlt. Die Gesichter der beiden jungen Frauen wenden sich mir zu. Panik steigt in mir auf. Das übergroße Ego in mir traut sich nicht zuzugeben, dass ich noch nie chinesisch gegessen habe.
Ich wähle das erste Gericht, das mir angeboten wird.
Sie machen mir große Augen, bevor sie ein wissendes Lächeln austauschen. Die Kellnerin verschwindet schnell mit unseren Bestellungen auf ihrem Notizblock.
- Wie finden Sie?
Elsas Stimme reißt mich aus meinen Träumereien. Ich lecke mir über die Lippen, bevor ich ihm antworte.
-Der Rahmen ist sehr hübsch. Kommen Sie oft?
Sie streicht eine ihrer Haarsträhnen hinter ihr rechtes Ohr, bevor sie mir antwortet.
- Ich war lange nicht mehr hier.
Ich nicke. Ich will sie nicht zum Reden zwingen.
Eine fast unangenehme Stille tritt ein.
Das Geschirr kommt. Ein süßer Geruch entweicht aus dem Geschirr. Ich atme den würzigen Duft ein, der meinen knurrenden Magen beruhigt.
