Zusammenfassung
Auf der Flucht, zieht es Kayla in eine neue Stadt. Seltsame Begegnungen bahnen sich an und sie fühlt sich verfolgt. Sie wollte alleine bleiben und sich endlich in Sicherheit wiegen aber bald wird sie merken, dass sie nicht mehr alleine ist.
1. Amethyst
Der Fahrtwind wehte durch meine Haare, als ich einen hektischen Blick in den Rückspiegel meines schwarzen Impalas 1967er warf. Meine Augen brannten, da ich in den letzten Woche zu wenig Schlaf bekommen hatte. Wohin es mich trieb? Keine Ahnung. Hauptsache weg. Ich hatte keine leichte Zeit hinter mir und die letzten Wochen waren besonders schlimm gewesen. In meiner schnell zusammengepackten Tasche befanden sich 415$ und Wechselkleidung. Das war's. Mehr konnte ich nicht einpacken, da ich nicht mehr besaß. Den Grund dazu erläutere ich euch zu einem späterem Zeitpunkt. Jetzt brauchte ich erstmal einen Plan für die kommenden Tage. Das Auto, welches ich mir von meinem vielem Erspartem gekauft hatte, war neben meiner Tasche das Einzige was mir etwas wert und geblieben war. Einerseits auch praktisch so wenig zu haben, schließlich habe ich so weniger zu verlieren. Ich überlegte, wie meine nächsten Tage aussehen sollten. Einen Schlafplatz bräuchte ich als Erstes.
Punkt Zwei wäre ein Job und Punkt Drei so wenig Aufmerksamkeit oder Gesellschaft von anderen Menschen wie nur möglich. Wobei ich das wohl eher auf den ersten Platz schieben müsste.
Seit dem Vorfall vor ein paar Wochen durfte mir niemand mehr zu Nahe kommen. Nicht mal mein Freund. Seit kurzem Ex-Freund. Auch einer der vielen Gründe, weshalb ich nun das Weite suchte. Vor noch ein paar Wochen arbeitete ich im Amethyst. Eine Bar in Detroit. Ich kellnerte hinter der Bar und arbeitete fast jede Nacht durch. Ich war die Erste, die kam und die Letzte, die ging. Das bedeutete natürlich auch, dass ich abschloss. Meistens ein Vorteil, da mir zum Glück meine Überstunden bezahlt wurden, was eine Seltenheit war, wenn man bedenkt, dass es Detroit war.
Die Kriminalitätsrate liegt hier bei etwa 74,99%. Es passierten viele schreckliche Dinge, die oft ungeklärt blieben. Und in dieser Nacht geschah so etwas leider auch mir. Es war ein Montag. Elf Minuten nach Drei um genau zu sein. Wieso ich das so genau weiß? Weil meine Uhr exakt zu diesem Zeitpunkt stehen blieb.
Vollbepackt mit Müllsäcken stemmte ich die Tür mit meiner Schulter auf. Ich verdrehte meine Augen. "So eine verdammte Scheiße". Ich wusste nicht, wer hier wen trug. Ich, die Müllsäcke oder die Müllsäcke mich. Die Tonnen befanden sich an der hinteren Wand. Genau dort, wo die kleine Gasse endete. Meine werten Kolleginnen, die mal wieder krank waren und dessen Schicht ich alleine für alle übernehmen musste, machten hier immer ihre Raucherpause.
Mit meinen stolzen 1,58 cm schleifte ich die Säcke über den Boden und pustete mir eine verirrte Haarsträhnen aus dem Gesicht, welche sich aus meinem Dutt am Kopf gelöst hatte. Ich ließ die Säcke auf den Boden fallen und öffnete mit einem lauten Knall die Tonne. Mein Schlüsselbund klimperte dabei fröhlich an meiner Jeans. Ich packte den ersten Sack mit beiden Händen und warf ihn mit Schwung zu den anderen, soweit so gut.
Der nächste Sack allerdings verhedderte sich an meinen Schlüsseln und riss auf. Na Klasse. Ich bückte mich, um alles aufzusammeln als ich ein seltsames Geräusch hinter mir vernahm. Es klang wie ein Knurren. Jeder normale Mensch in einem typischen Horror Film würde sich jetzt umdrehen und "Hallo" rufen. Ich nicht. Hier streunten allerlei Straßenhunde herum, weshalb ich mir nicht viel dabei dachte.
Nachdem der Müll also entsorgt war, drehte ich mich um, um zurück in die Bar zu gehen. Endlich Feierabend. Ich hatte dringend eine Mütze Schlaf nötig. Gerade als ich den Schlüssel von meinem Karabiner lösen wollte, vernahm ich ein erneutes Knurren. Diesmal allerdings lauter und aggressiver. Und näher. In der schwach beleuchteten Gasse konnte ich leider nur wenig erkennen. Was ich aber sehen konnte, waren feurig rote Augen und keinen kleinen und abgemagerten Straßenhund, wie ich erwartet hatte, sondern fast so etwas wie einen Wolf.
Das konnte unmöglich stimmen.
Ich musste mich geirrt haben. Hier in Detroit gab es keine Wölfe. Jedenfalls nicht in der näheren Umgebung. Es war kalt und ich sah meinen Atmen in der Luft. Der Wolf oder was auch immer dieses große Tier war, kam näher und fletschte die Zähne. Es hatte verdammt viele Zähne wie ich feststellen konnte, die bestimmt scharf wie Rasierklingen waren. Nun bekam ich es doch mit der Angst zu tun und versuchte schnell den richtigen Schlüssel zu finden. Meine Hände zitterten jedoch so sehr vor Kälte, dass mir der Bund aus den Händen fiel und mir nun zu meinen Füßen lag.
Erschrocken blickte ich auf und schaute mich nach einer Fluchtmöglichkeit um. Zur meiner linken Seite die Wand, zur rechten Seite der Ausweg zur Gasse, blockiert durch den Wolf. Ohne lang zu überlegen, entschied ich mich für links. Die Wand war nicht ganz hochgezogen, da sie nur einen Innenhof abtrennte. Mit Anlauf und einem großen Sprung könnte ich es also drüber schaffen. Ganz ohne es probiert zu haben, wollte ich auch nicht aufgeben und mich geschlagen geben.
Ich warf einen letzten Blick auf den Wolf und rannte los. Abgesehen von den Augen, konnte ich dabei noch sein zotteliges Fell erkennen. Es war grau, fast schon schmutzig und teilweise fehlte Fell. An der Wand angekommen, kam ich schlitternd zum Stehen und sprang nach oben. Meine Handflächen schabten über die raue Ziegelsteine und rissen leicht auf. Ich biss mir auf die Lippe und zog mich aber trotzdem nach oben.
Ich hatte es fast geschafft, als ich einen Luftzug an meinen Beinen spürte und gleich darauf einen schrecklichen Schmerz in meiner Wade verspürte, Dieses Tier hatte mich gebissen! "Fuck!" Mit meiner restlichen Energie zog ich mich über die Kante der Wand und ließ mich einfach auf die andere Seite herunterfallen. Dabei schlug ich mit meinem Kopf auf und stöhnte vor Schmerzen. Meine Hand tastete an meinen Hinterkopf und ich erkannte Blut an meinen Fingerspitzen.
Durch einen Adrenalinschub sprang ich auf und rannte wie im Rausch weiter. Den Biss in meinem Bein ignorierend, drehte ich mich nicht um, sondern suchte nur nach einem Fluchtweg. Mein Herz pumpte in meiner Brust und ich atmete laut. Mein Kopf pulsierte vor Schmerzen und ich sah verschwommen. Nur nicht langsamer werden! Würde ich nur in die Nähe der Straße kommen, hätte ich vielleicht gewonnen.
Ich bog um mehrere Ecken und konnte das Licht mehrere Straßenlampen erkennen. Ich riskierte nun doch einen Blick hinter mich und sah lauernde Augen in der Dunkelheit. Allerdings sah es nicht so aus als hätte der Wolf weiter Interesse an mir. Wahrscheinlich spielten mir meine Augen einen Streich aber es
sah fast so aus, als würde der Wolf sein Maul zu einer grinsenden Fratze verziehen, bevor er sich zurückzog und verschwand. Hätte ich doch nur nicht meine Schlüssel liegen lassen.
Mit letzter Kraft lief ich in Richtung Straße und ließ mich an der Hausecke nieder. Mein ganzer Körper war von Schmerz erfüllt und ich atmete nur noch flach. Tief durchatmen und nicht einschlafen war jetzt wichtig. Hier sitzen bleiben und darauf warten, dass es hell wurde wollte, beziehungsweise konnte ich jetzt auch nicht. Wie schlau wäre es jetzt zur Bar zurück zu gehen um dort zu übernachten?
Oder anders gefragt: Wie hoch war meine Chance nicht doch als Snack für die hungrige Bestie zu enden?
Ich entschied mich dazu, mich noch kurz auszuruhen, zumindest für ein paar Minuten, bevor ich mich aufraffte und los eilte. Wobei „eilen“ das falsche Wort war. Ich humpelte eher. Nachdem ich mich orientiert hatte, entschied ich mich trotz meiner Schmerzen keine Abkürzung zu nehmen. Davor hatte ich einfach gerade zu viel Respekt und Angst. Noch einmal so einen Sprint konnte ich beim besten Willen nicht hinlegen.
Ich lief über eine Kreuzung und brach vor Erleichterung fast zusammen, als ich das Logo der Bar vor mir aufleuchten sah. So schnell wie es mir nur möglich war, lief ich trotzdem weiter und stoppte abrupt vor der Gasse. Auf den ersten Blick konnte ich nichts Auffälliges erkennen. Aber ich dachte auch vorhin nicht, dass mir etwas passieren könnte.
Naives dummes Ding!
Ich raffte meine letzte Energie und Kraft zusammen und beeilte mich so schnell wie möglich zum Hintereingang zu kommen. Ich suchte den Boden durch die Dunkelheit nach meinen Schlüsseln ab und stieß fast einen Freudenschrei aus, als ich ihn entdeckte. Ich sagte fast, denn der Schrei wäre wohl eher als Krächzen aus meinem Mund gekommen.
Ich leckte mir über meine trockenen Lippen und brach fast annähernd auf dem dreckigen Boden zusammen, als ich nach dem Schlüsselbund griff. Ich schloss meine Augen, holte tief Luft und stemmte mich an der Wand nach oben. Im Dunkeln tastete ich nach dem Türschloss und streckte zittrig den Richtigen ins Schloss. Welch ein Wunder, dass ich es so schnell geschafft hatte, direkt zu treffen.
Ich drückte die Tür auf und ließ mich dann erleichtert dagegen fallen. Keine gute Idee, da ich mir meinen Kopf an der Stahltür anstieß. Ich taumelte den Gang entlang, sah nur noch verschwommene Ränder um meine Augen und klappte dann hinter der Bar zusammen.
‚Scheiß auf den klebrigen Boden‘ war mein letzter Gedanke, als ich erschöpft meine Augen schloss.